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das Schiff, das er in Frankreich bestiegen hatte, von einem feind¬
lichen U-Boot torpediert worden war. (Sein Reisegefährte Karl
Ofenhuber wurde von Fischern gerettet.) Ich denke an Anton
Pelikan, Schüler aus Wien, der noch nicht achtzehn war, als er
am Jarama fiel, an den Kärntner Josef Orlitsch, der fünf Jahre
nach Ende des Bürgerkriegs zusammen mit spanischen Guer¬
rilleros ins Arantal eindrang, in der Hoffnung, die Diktatur zu
stürzen, an Paula Draxler, die 1944 in Paris der Gestapo in die
Hände fiel, und es ist ungewiß, ob sie bei einem Fluchtversuch
erschossen wurde oder Selbstmord beging, um unter der Folter
nicht Genossen zu verraten. Alfred Loner fällt mir ein, Schlosser
aus St.Jakob-Breitenau, der die Hölle von Mauthausen überlebt
hat, aber auf der Heimreise in die Steiermark, wie und von wem,
umgebracht wurde.

Dann die vielen spanischen Frauen österreichischer Frei¬
williger, die Witwen derer, die getötet wurden, oder die Verlas¬
senen, Zurückgebliebenen: Wie haben sie sich nachher in Franco¬
spanien durchgeschlagen, angefeindet und verachtet als Frau¬
enspersonen, die sich mit einem rojo eingelassen hatten, mit ro¬
ten Ausländern, Gesindel. Und die Kinder, die ihren Vater nie
kennengelernt haben? Manchmal war die Liebe stärker als die
Trennung, stärker sogar als der Tod. Im Buch findet sich das

Foto der Familie Sequens-Perpifä, der Wiener Karl Sequens,
die Valencianerin Herminia Perpifid Roudiére, zwischen ihnen
die gemeinsame Tochter Rosa Maria. Das Ehepaar traf sich
Anfang Jänner 1939 zum letzten Mal. Später wurde der Mann
von einem KZ zum nächsten verschickt, Dachau, Lublin, Ausch¬
witz, in Dora-Mittelbau ist er wenige Tage vor Kriegsende zu¬
grunde gegangen. Seine Tochter lebt heute in Wien, in seiner
Geburtsstadt.

Ein Lexikon der Verluste also; und doch auch eins der un¬
geheuren Lebensräume, der genutzten wie der verstrichenen
Möglichkeiten. Wir verdanken es Hans Landauer, dem störri¬
schen, entflammbaren, unbeirrten, witzigen, energiegeladenen
und das Schwinden seiner Energie beklagenden Retter. Im
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
konnte er seine Arbeit, ehrenamtlich, entfalten, das soll nicht
vergessen werden. Die Namen derer, die ihm beigestanden sind,
haben wir im Buch angeführt, ebenso diejenigen, die sich an
den Druckkosten beteiligt haben. Ohne Uschi Lichtenegger wä¬
re das Lexikon nicht ansehnlich, also nicht lesenswert gewor¬
den. Hans Landauer und ich haben übrigens gratis gearbeitet,
notgedrungen, nicht aus Prinzip. Die Beurteilung des Ergebnisses
braucht deshalb aber nicht milder auszufallen.

Ich bedanke mich bei Hans Landauer. Ich bedanke mich bei ihm
für sein Buch Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer.

Ich bin die Tochter des Interbrigadisten Poldi Spira, ein Kämp¬
fer unter rund 1.400 Frauen und Männern, der gemeinsam mit
ihnen seinen Beitrag im Kampf gegen den Faschismus leiste¬
te.

Dieser Abend ist für mich eine Ehre.

20 Jahre akribischer Arbeit sind dieser Drucklegung voraus¬
gegangen.

Ich habe mich oft gefragt, auch heute noch, ob ich den Mut
aufgebracht hätte, in einer ähnlichen politischen Lage diesen
Beitrag zu leisten. Zum Glück ist mir die Beantwortung dieser
Frage erspart geblieben.

Die Besonderheit dieses Lexikons liegt für mich darin, daß
alle österreichischen Interbrigadisten, Frauen und Männer, mit
einer Kurzbiographie vorgestellt werden. Und hier zeigt es sich,
daß die Freiwilligen, die den regierungstreuen Truppen gegen
den Pusch Francos zur Hilfe eilten, aus allen sozialen Bereichen
kamen. Arbeitslose, Hilfsarbeiter, Facharbeiter, Angestellte,
Studenten und Akademiker kämpften Seite an Seite. Sie hat¬
ten ein gemeinsames Ziel und dieses konnte nur solidarisch er¬
reicht werden.

Auch der weitere Lebensweg der Personen, die die Zeit des
Faschismus und der Verfolgung überlebt haben, zeigt große
Unterschiede in ihrem Berufsleben. Aber eines blieb. Sie kämpf¬
ten, manchmal auf unterschiedlicher politischer Seite, weiter
für Demokratie und Frieden.

Die meisten der 1.400 Frauen und Männer hatten schon zur
Zeit des Austrofaschismus unter Schuschnigg Erfahrung mit
Polizeiwillkür, Gefängnissen und Lagern gesammelt, und sie
setzten sich trotz Verfolgung für ein freies Österreich, gegen

Krieg und Faschismus, gegen die Zerschlagung der Demokratie
ein. Und sie kamen von überall. Viele der Spanienkämpfer wa¬
ren bereits 1934 in die Sowjetunion emigriert und kamen 1936
oft über Umwege nach Spanien, einige lebten bereits seit eini¬
gen Jahren in Spanien, andere kamen direkt aus Österreich, über
die Schweiz und Frankreich.

Über die Zeit der Kämpfe und der Entbehrungen haben nur
sehr wenige berichtet. Das ist bedauerlich. Auch mein Vater hat
nur sehr wenig berichtet. Aber hier teile ich durchaus das Schick¬
sal fast aller meiner Generation.

Diese drei Jahre des internationalen Kampfes haben in der
österreichischen Geschichte nach 1945 praktisch keine Öf¬
fentlichkeit gehabt. Auch der Geschichtsunterricht an den öster¬
reichischen Schulen erwähnt diesen Abschnitt gerade mal als
Fußnote. Welchen Anteil die Internationalen Brigaden am Spa¬
nischen Bürgerkrieg hatten, wird bis heute verschwiegen. Viel
zu wenige Menschen haben in der Zeit des Austrofaschismus
und der Zeit des aufkommenden Faschismus Widerstand ge¬
leistet, viel zu viele standen dieser politischen Entwicklung
gleichgültig bis zustimmend gegenüber. Nur so ist es zu erklären,
daß der 12. Februar 1934 als bewaffneter Kampf in Österreich
gegen die Diktatur zum Scheitern verurteilt war.

Das Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer birgt die
Chance, daß endlich der Beitrag, den österreichische Interbriga¬
disten am Spanischen Bürgerkrieg geleistet haben, auch von of¬
fizieller Seite gewürdigt wird und vor allem auch Eingang in
die österreichischen Geschichtsbücher findet.

Ich bin stolz darauf Tochter, eines Spanienkämpfers zu sein.

Dieser Stolz auf meinen Vater gilt allen Spanienkämpfern.
Ich bedanke mich bei Hans Landauer.

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