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ORPHEUS IN DER ZWISCHENWELT lichkeitsentwicklung von Vally Weigl und Käthe Leichter, wie Margit Wolfsberger in ihrem Aufsatz zeigt (“Käthe Leichter und Vally Weigl. Zwei Schwestern, zwei Autobiographien, eine schwierige Beziehung“). Käthes politisches Engagement, ihr Kampf gegen die Nazis, die sie ermordeten, hat ihre Schwester in den USA tief beeinflusst, so wie einst die Befreiung der jüngeren Käthe aus bürgerlichen Konventionen im Elternhaus nicht unabhängig vom rebellische Verhalten Vallys geschah. Wie es zur Konkurrenz zwischen den Schwestern kam, schildert Vally Weigl selbst eindrücklich in ihrer elfseitigen autobiographischen Notiz „Barly Childhood Recollections“ (Typoscript. Xmas 1981), die ebenfalls in dem Band abgedruckt ist. Breiten Raum widmet sie darin dem Bericht über ihre Augenkrankheit als Sechsjährige und die daraus resultierende Leseschwäche, wase in den viel detaillierteren, 200 Seiten langen Schilderungen von Käthe Leichter unerwähnt bleibt. Der Vater und ihre jüngere Schwester, die sehr gut las, machten sich lustig über Vallys langsames Lesetempo. Seit damals bekamen die Schwestern ihr „permanent labeling‘“: „Vally is the prettier, Käthe is the more clever one“, was die Grundlage für ihre Rivalität legte. Gerlinde Illich befasst sich in ihrem Beitrag „Karl Weigl Leben und Werk“ mit dem Ehemann Vallys, dem in Wien erfolgreichen Komponisten und sehr geschätzten Lehrer Karl Weigl (1881 — 1949). Er war Schüler Alexander von Zemlinskys, Kollege Schönbergs, Verehrer und Protegé Gustav Mahlers. In den USA konnte er an seinen Erfolg leider nicht anschlieBen, und nach seinem Tod, 1949, geriet sein Werk in Vergessenheit. Kurze Ausschnitte aus Karl Weigls Tagebuch gewähren Einblick in die schwierige Situation vor der Flucht. Neben einer Auflistung seiner wichtigsten Werke wird die Bedeutung Vally Weigls für die Verbreitung des musikalischen Erbes ihres Mannes beschrieben. Teil III befasst sich mit dem Thema „Musiktherapie“: Die Musiktherapeutin Elena Fitzthum macht deutlich, dass die Musiktherapie in Europa in direkter Folge aus den Reformbewegungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts — insbesondere der „Rhythmusbewegung‘“ — entstanden ist. Hier kam dem Körper als Symbol für Unterdrückung und Fremdbestimmung — und vice versa für Befreiung — die größte Bedeutung zu. „Retrospektiv kann behauptet werden, dass Vally Weigl in vielerlei Hinsicht eine Brückenfunktion innehatte. Sie schlug die Brücke zwischen der Musiktherapie in den USA zu jener in Europa, vorwiegend Schweiz und Österreich. Sie leistete den Brückenschlag zwischen Musik und Therapie.“ (Vgl. auch Fitzthums Buch Die Brückenfunktion der Vally Weigl. Auf dem Weg von den Reformbewegungen zur institutionalisierten Musiktherapie, Wien 2003.) Der Beitrag von Alan Solomon: „Valerie ‚Vally‘ Pick Weigl and the American Music Therapy Experience“ hat die Institutionalisierung der Musiktherapie im klinischen Bereich in den USA in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum Inhalt. Die Musiktherapeuten Carl Bergstroem-Nielsen, HansHelmut Decker-Voigt, Dorothea Oberegelsbacher schildern in ihren Beiträgen jeweils verschiedene musiktherapeutische Ansätze der Gegenwart. Im Teil IV, „Materialien“, sind neben Artikeln und curriculum vitae von Vally Weigl auch deren Wiegenlied „Bedtime: Wynken, Blynken, and Nod“ sowie das gesamte Werk- und Schriftenverzeichnis abgedruckt. Noten können im Archiv des Orpheus Trust ausgeborgt werden. Demnächst wird eine CD mit Kompositionen von Vally Weigl erscheinen. Der vorliegende Band ist eine Pionierleistung auf dem Gebiet der Geschichte der Musiktherapie und der österreichischen (Frauen-) Exilmusikforschung. Elena Fitzthum & Primavera Gruber (Hg.): „Give them music.“ Musiktherapie im Exil am Beispiel von Vally Weigl. Wien: Edition praesens 2003. (Wiener Beiträge zur Musiktherapie. Bd. 6) Auf Grund ausbleibender zusätzlicher Förderungen durch die öffentliche Hand ist der Weiterbestand des Vereins Orpheus Trust, der an die während des Nationalsozialismus vertriebenen oder in Konzentrationslagern ermordeten österreichischen Musiker erinnert, „ernsthaft gefährdet‘. Der Verein habe öffentliche Mittel von der Stadt Wien (73.000 Euro) und dem Bund (20.000 Euro) in ähnlicher Höhe wie im vergangen Jahr erhalten. Doch diese Förderungen machen zusammen lediglich rund ein Viertel des benötigten Betriebsbudgets (rund 400.000 Euro) aus. Auf Grund einer veränderten Personalkonstellation droht nun das Ende der Vereinstätigkeit. „Es waren noch nie ausreichend Mittel da — was wir aufgebaut haben, konnte nur mit zahllosen unbezahlten Arbeitsstunden in den Nächten und an den Wochenenden realisiert werden. Doch man kann das nicht ‚Ende nie‘ so betreiben“, meinte die künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin Primavera Gruber. Der Orpheus Trust hatte bei der Stadt Wien und beim Bund um je 145.000 Euro angesucht. Eine einmalige dreijährige 40 Förderung durch das Bildungsministerium ist ausgelaufen. Auf Grund der finanziellen Situation musste eine Mitarbeiterin des Vereins gekündigt werden, auch Gruber ist nun halbtags im Rahmen des Forschungsprojekts „Verfolgte Musik“ angestellt. In dieser Personalkonstellation (es gibt nun zwei Halbtagskräfte und eine zehn- bis 15-Stundenkraft) „musste man die Arbeit einstellen‘. Ein für 2004 geplantes (und zuvor schon mehrfach verschobenes) Musikfestival zu „Musikexil in Frankreich“ musste abgesagt werden. Gruber hofft, dass sich die Kulturpolitik „ihrer Verantwortung stellt“. Zur Überbrückung könnten, wie in den Anfangsjahren des Vereins, auch private Geldgeber einspringen, hofft Gruber. Doch soll „diese Arbeit nicht von den Kindern und Enkeln der Opfer finanziert werden, sondern in diesem Land sollte man sich der Verantwortung stellen“. Wenn sich schon Menschen finden, die „diese Arbeit, die diverse öffentliche Institutionen schon längst hätten leisten können, aus eigenem Impetus übernehmen, dann sollte man die nicht verhungern lassen“.