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Schweiz, soweit nicht auch dort ähnliche Beschränkungen in Kraft getreten waren. 1935 und 1936 ging sie auf Tournee durch "das am Anfang noch so große, freie Europa, das mit den Jahren immer kleiner, weil von den Faschisten erobert und besetzt wurde". Je weiter sich die faschistischen Diktaturen in Europa ausdehnten, desto größer wurde die Kriegsgefahr, aber auch der Erfolg der "Pfeffermühle". Besonders in Prag, wo sie einen ganzen Sommer gastierte und sich viele von Nazideutschland bedrohte Antifaschisten sammelten, erntete sie großen Applaus. In Wien wurde ihr bereits zu dieser Zeit von den Austrofaschisten keine Arbeitsbewilligung für einen Auftritt ermöglicht. Trotzdem war ihr Humor ungebrochen und ihre Aussagen umso präziser. Nach 1.034 Auftritten in Europa flüchtete die Truppe 1937 nach Amerika - aber ohne Erfolg. "Dieser H. war für die Amerikaner einer innerdeutsche Affäre, reichlich ekelhaft, gewiß." Das amerikanische Publikum wartete verständnislos auf die "Girls". Die in Europa so erfolgreichen "Girls" konnten mit der "peppermill" die amerikanischen Gemüter nicht bewegen, obwohl es in Europa bereits brannte. Erika Mann blieb in Amerika, wo sie über Rundfunk den Kampf gegen das Hitlerregime weiterfocht. Therese Giehse und Magnus Henning kehrten verärgert und enttäuscht gemeinsam nach Europa zurück. Magnus Henning ist ein Zeitzeuge hier in Tirol. Im Jänner 1933 war ihm und seinesgleichen nicht klar, daß hier viel ernster und entschiedener der Widerstand gegen die bürgerliche Politik hätte einsetzen müssen. Denn diese Politik bereitet den Machtantritt des Faschismus vor, der letztendlich zum Krieg führt. Er befürchtet einen neuerlichen Krieg, da sich die gesellschaftlichen Konstellationen kaum verändert haben. Nach wie vor wird der Haß gegen Ausländer geschürt, an der Aufrüstung verdient und soziale Ungleichheit propagiert. Heute, wo uns die Zensur noch nicht den Mund verbietet, ist es unsere Aufgabe, die Geschichte aufzuarbeiten, verstärkt Sand ins Getriebe der heutigen Kriegstreiber zu streuen und Zukunftsperspektiven zu erarbeiten. Maria Ruetz lebt in Innsbruck und Imst in Tirol. - Zitiert wurde nach: Interviews mit Magnus Henning, Imst 1985, und: Monika Sperr, Therese Giehse - Ich hab nichts zum Sagen, München 1973. Verstreutes Die Österreichische Nationalbibliothek präsentiert am Donnerstag, dem 23. November 1989, 19 Uhr, die beiden Bücher: Berthold Viertel, Die Überwindung des Übermenschen; Dramaturgie der Demokratie, Theaterkonzeptionen des österreichischen Exils. Ort: Oratorium der Nationalbibliothek, 1010 Wien, Hofburg. Sprechen werden Bruno Kreisky, Elisabeth Viertel-Neumann sowie die Herausgeber Siglinde Bolbecher, Konstantin Kaiser und Peter Roessler. Und andere. (Wir können nur mitteilen, was jetzt feststeht. Auskünfte bei der Redaktion Mit der Ziehharmonika). Was beide Bücher vereint, sind nicht nur die Beiträge Berthold Viertels und die Herausgeber. Die Bücher markieren eine neue Art der Auseinandersetzung mit der Kultur des österreichischen Exils.