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Der erstmals ausgeschriebene Theodor Kramer Preis für Schreiben im Widerstand und im Exil geht an die in England lebende Lyrikerin Stella Rotenberg. Das beschloß der zugleich als Jury fungierende Vorstand der Theodor Kramer Gesellschaft nach Diskussion verschiedener Vorschläge einstimmig bei seiner Sitzung am 1. Dezember 2000. Stella Rotenberg, geboren 1916 in Wien, mußte 1938 ihr Medizinstudium an der Universität Wien wegen ihres Judentums abbrechen und über die Niederlande nach Großbritannien flüchten. Im Exil begann sie 1940 Gedichte zu schreiben, später auch Prosa, die sie in den Bänden „Gedichte“ (Tel-Aviv 1972), „Die wir übrig sind“ (Darmstadt 1978), „Scherben sind endlicher Hort‘ (Wien 1991), „Ungewissen Ursprungs“ (Wien 1997) veröffentlichte. Obwohl oder gerade weil ihr Gedichte von schlanker Schönheit und gedanklicher Prägnanz gelungen sind, die in ihrer Auseinandersetzung mit der Shoah und ihren Folgen von höchster Aktualität sind, blieb sie in ihrem Herkunftsland Österreich weitgehend unbeachtet. Zwar erhielt sie 1996 das österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse, aber mit einem literarischen Preis wurde sie so wenig wie viele andere ExilschriftstellerInnen gewürdigt. Stella Rotenberg, die mit einem gleich ihr aus Wien Vertriebenen verheiratet war, lebt seit 1948 in Leeds. Sie hat einen Sohn. Von ihrem Werk ist derzeit nur die gesammelte Prosa greifbar; eine Neuausgabe ihrer gesammelten Gedichte wird vorbereitet. Der Theodor Kramer Preis ist eine Initative der Theodor Kramer Gesellschaft, die das Preisgeld von mindestens öS 50.000,— garantiert. Er ist ein Würdigungspreis, der nicht aufgrund von Einreichungen vergeben wird. Um den Preis zu dotieren, hat die Theodor Kramer Gesellschaft 4.912 Briefe an Inhaber politischer Mandate in Österreich geschrieben. Darin wurde darauf hingewiesen, daß man mit diesem Preis erstmals in Österreich eine Literatur würdigen wolle, die im Widerstand und im Exil entstanden ist und entsteht. Man wolle mit dem Preis ein Zeichen setzen, „daß in Österreich nicht alles in eine Richtung verläuft, daß dies ein Land mit seinem Widerspruch ist und im Widerspruch und Ringen mit sich selbst auch weiterschreitet“. Die Resonnanz war deprimierend. Insgesamt trafen 6S 19.090,- an Spenden von 36 Personen und öffentlichen Stellen ein — weit weniger als das Anschreiben so vieler öffentliche Verantwortung Tragender kostete. Besonders bemerkenswert waren die Absagebriefe von mehrheitlich sozialdemokratischen Gemeinden des niederösterreichischen Weinviertels wie Gänserndorf, Hollabrunn und Korneuburg, Städte der engeren Heimat Theodor Kramers: Sie beriefen sich auf ihre angespannte Budgetlage. Eine Ausnahme stellt nur die Marktgemeinde Niederhollabrunn, wo Theodor Kramer ja geboren ist, dar. Kurzum, es wurde kein Zeichen gesetzt, es verlief alles so, wie man eigentlich erwarten hätte müssen. Zum Glück haben das Land Niederösterreich, die Stadt Wien und der Bezirk Wien-Leopoldstadt etwas beigesteuert, trägt die Grazer Autorenversammlung als Mitveranstalterin der Preisverleihung einen Teil der Kosten, stellt die jüdische Organisation ESRA einen würdigen Ort für die Preisverleihung zur Verfügung. Die Theodor Kramer Gesellschaft fällt also gewissermaßen auf die Füße, was man von der Masse politischer Würdenträger in Österreich nur in Hinblick auf ihre Pensionsberechtigung sagen kann. Eine Anmerkung zur „Kultur“ österreichischer Literaturpreise scheint dennoch angebracht: Gutdotierte Preise werden entweder an bewährte Inlandsösterreicher oder an Personen vergeben, die sich bereits ganz anderer internationaler Auszeichnungen rühmen dürfen. Entweder ehrt man sich selber oder man läßt sich durch die Prominenz des Preisträgers ehren. Nicht unerwähnt bleibt in den Lobreden für die Preisgekrönten stets der Mut, die Zivilcourage und was sonst noch eine Tugend in der neuen Zivilgesellschaft ist. Und dabei bleiben die Vertreter des Staates, des Kulturestablishments und die jeweiligen Familienangehörigen meist unter sich. Die, für die sich der oder die Geehrte eingesetzt hat oder haben soll, sind immer nur rhetorisch anwesend. Die Kenntnis solcher Kultur hat die Theodor Kramer Gesellschaft ja veranlaßt, den Theodor Kramer Preis zu initiieren. Sie ist gewillt, an dem Projekt festzuhalten und den Preis 2002 neuerlich zu vergeben. Für das Schreiben im Widerstand und im Exil mußte ein Literaturpreis gestiftet werden. Und dem großen Lyriker Theodor Kramer sei posthum dafür gedankt, daß er seinen Namen für diesen Preis hergegeben hat. Christan Thanhäuser: Holzschnitt. Aus: Stella Rotenberg: An den Quell. Einmalige, limitierte und signierte Ausgabe, Jänner 2001. (Verlegt von Edition Thanhäuser und Theodor Kramer Gesellschaft.) Die erstmalige Verleihung des Theodor Kramer Preises für Schreiben im Widerstand und im Exil an Stella Rotenberg findet am Montag, 26. Februar 2001, ab 19 Uhr 30 in den Räumen der ESRA, 1020 Wien, Tempelgasse 5 statt. Bitte reservieren Sie schon jetzt diesen Termin! 3