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nach England und endet mit der endgültigen Abreise aus Europa. Der zweite Teil The Assignment of Love spielt in den USA, wo die Protagonisten, Robert und Sybil Gersuni, im Exil leben. Hier werden zahlreiche Probleme geschildert, mit denen sich SchriftstellerInnen im Exilland konfrontiert sahen: Sprachschwierigkeiten, Konflikte, die durch die berufliche und künstlerische Tätigkeit sowie durch die Verpflichtungen innerhalb der Familie im Exil entstehen. Beide Romane leben von den vielen humorvollen Dialogen, und der erste besonders von den lebendigen Beschreibungen des Lebens in Wien. Die Schriftstellerin verlagert die Handlung aber allzu oft auf Nebenschauplätze. Das geht zu Lasten der Protagonisten, von deren Innenleben die Leser wenig erfahren, und die schablonenhaft bleiben. Es gibt keine Hinweise darüber, ob Rossi den zweiteiligen Roman amerikanischen Verlagen oder Agenten angeboten hat. Es bleibt jedoch fraglich, ob ein Exilroman, der im ersten Teil ausschließlich in Wien spielt und viel Lokalkolorit besitzt, in Amerika eine breite Leserschaft erreicht hätte. Über Rossis Werk läßt sich insgesamt sagen, daß die Theaterstücke sowohl inhaltlich als auch im dramatischen Aufbau und in der sicheren Ausführung der Dialoge ihre Stärke waren. Hier zeigt sie ihr Talent zum differenzierten psychologischen Aufbau der auftretenden Figuren und ihre Fähigkeit zur durchaus kritischen Hinterfragung von gesellschaftlichen Normen und politischen Zuständen, die man in den beiden Romanmanuskripten zum Teil vermißt. Mit ihren Theaterstücken hat Rossi im Exil ihren größten künstlerischen Erfolg erzielt. Dieser beruhte in einem hohen Maß auf ihrem persönlichen Engagement, mit dem sie den Aufbau des Theaters am Ferris State College vorangetrieben hat und mit dem sie ihr Leben lang an ihren eigenen Stücken gearbeitet hat. Als Literaturwissenschaftlerin hielt Rossi Vorträge über das moderne und das absurde Theater, befaßte sich unter anderem mit Beckett und Ionesco. Für ihre eigenen Stücke konnte sie jedoch keine moderne Form finden. Hedwig Rossi war bis ins hohe Alter von 92 Jahren künstlerisch aktiv. Sie starb 94jährig, vor fünfzehn Jahren, am 25. Oktober 1985, in South Nyack, New York. Ingrid Walter ist 1963 in Oberstdorf im Allgäu geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung Abiturabschluß an einem Abendgymnasium. Studium der Germanistik, Kunstgeschichte und Amerikanistik in Frankfurt am Main, besuchte Vorlesungen bei dem Exilforscher Guy Stern. Ihrer Magisterarbeit „Dem Verlorenen nachspüren — autobiographische Verarbeitung des Exils von deutschsprachigen Schriftstellerinnen am Beispiel von Gina Kaus, Herta Pauli und Elisabeth Freundlich“ wird demnächst (Driesen-Verlag) erscheinen. Arbeit als Journalistin und Kommunikationsmanagerin. Fortsetzung des Studiums an Philipps-Universität Marburg, wo sie ihre Doktoratsarbeit über die Schriftstellerin Anja Lundholm fertigstellt. Anmerkungen Der Nachlaß von Hedwig Rossi befindet sich im Deutschen Exil Archiv (DEA) in der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main. Er enthält unter anderem umfangreiche Briefwechsel sowie zahlreiche veröffentlichte und unveröffentlichte Manuskripte. 1 Brief an Gerti Zentner vom 17. Juni 1942 (DEA). 2 Brief an Paul Hinrichs vom 19. Jan. 1963 (DEA). 3 Hermann Menkes, Rubrik „Stadttheater“, Neues Wiener Journal, 7.9. 1924; und Klothilde Benedikt, „Hedwig Rossi. Unsere neueste dramatische Dichterin“, Neues Wiener Tagblatt, 23.9. 1924. Vgl. Neues Wiener Tageblatt, 21. März 1933. „Julius Reich-Dichterstiftung‘‘, Neues Wiener Tagblatt, 16.12. 1934. Brief von Thomas Mann an Rossi vom 6. Mai 1940 (DEA). Der Fall Calas. Ein Spiel in 3 Akten (1937), S. 20 (DEA). Brief an Thomas Mann, 23.1. 1940 (DEA). Brief von Herbert Exenberger, 17.11. 1999 (im Besitz der Autorin). 10 Brief an Gerti Zentner vom 17. September 1940 (DEA). 11 Brief von Oswald Rossi an Georg Marton-Verlag in Wien (DEA). 12 Legende am Donaukanal (1934), S. 3 (DEA). voumuaue 17