Gestatten Sie, dass ich Österreich noch ein¬
mal großdeutsch mache, und sage, das gilt
für die Österreicher auch.
Helmut Braun, Neunkirchen-Seelscheid,
24.11. 2000
Man kann Österreich nicht „ großdeutsch“
machen, wohl aber Deutschland. Darin liegt
das Problem. Ist das so schwer zu verstehen?
— Die Stelle aus der Frankfurter Allgemeinen
wird durch extense Zitierung auch nicht bes¬
ser. Gehören wir, Deutsche und Österrei¬
cher, dem „Volk der Mörder“ oder Mörder¬
völkern an? Meint der mir unbekannte
FAZ-Schreiber das im Ernst? Oder will er
damit nur sagen, daß Rose Ausländer einem
anderen Volke, eben nicht dem unsrigen oder
den unsrigen angehört? Oder versucht er
nur, eine allzu plumpe Eingemeindung der
verfolgten Jüdin in die große deutsche Lite¬
ratur taktvoll zu umgehen? - K.K.
Ein jeder urteile selbst: Die CD „Rose Aus¬
länder liest eigene Gedichte“ kann in Öster¬
reich zum Preis von öS 210,- über die Theo¬
dor Kramer Gesellschaft bezogen werden.
In der ZW Nr. 3/2000, S. 57, bespricht Eve¬
lyn Adunka das Buch von Ernst Hofbauer:
„Verwehte Spuren. Von Lemberg bis Czer¬
nowitz“, dem sie zu Recht zugesteht, sich auf
diesem „Trümmerfeld der Geschichte“ glei¬
chermaßen sensibel wie unsentimental zu be¬
wegen. Dabei ist Hofbauers korrekter Um¬
gang gerade mit der jüdischen Geschichte je¬
ner osteuropäischen Landschaft umso be¬
merkenswerter, wenn man bedenkt, daß der
Autor vor zwei Jahren das vaterländische Er¬
bauungswerk „Das Waldheim-Komplott“
und jüngst ein - in FPO-Postillen als Weih¬
nachtsgeschenk empfohlenes! — Buch vorge¬
legt hat, das unter dem Titel „Der Verrat“ die
abstrusesten Dolchstoßlegenden um die so¬
genannten „Sanktionen der EU gegen Öster¬
reich“ konstruiert.
Doch zurück zu Hofbauers Reisebericht aus
den ehedem östlichen Kronländern, in dem
sich doch mehr Fehler finden, als die beiden
von Frau Adunka erwähnten. Daß Photos
vertauscht wurden, ist wohl dem Verlag an¬
zulasten. Hingegen geht die Aussage, wo¬
nach die Deutschen in der Bukowina infolge
von Vertreibung und Ermordung dezimiert
worden seien, auf das Konto des Autors. Tat¬
sächlich hat der Großteil der Volksdeutschen
die Bukowina bereits im Jahre 1940 verlas¬
sen, um „heim ins Reich“ zu ziehen.
Hofbauers biographische Angaben zum
Czernowitzer jiddischen Schriftsteller Josef
Burg sind rätselhaften Ursprungs, jedenfalls
teilweise falsch. Daß auf dem jüdischen
Friedhof niemand mehr begraben wird, ist
ebenso unrichtig wie die Bezeichnung der
Zeremonienhalle des Friedhofes als „Syn¬
agoge“ und von Grabmausoleen als „Tem¬
pel“. Es sind nicht zuletzt diese — und viele
weitere — Ungenauigkeiten, die es bemer¬
kenswert erscheinen lassen, daß der Autor als
Gastredner eines im Februar 2001 im deut¬
schen Ludwigsbürg stattfindenden, promi¬
Ulrike Oedl und Evelyn Adunka bei der
Präsentation des „Lexikons der
österreichischen Exilliteratur “am
4. Dezember 2000 in der
Österreichischen Nationalbibliothek.
Foto: Nina Jakl
„Die Stimme. Mitteilungsblatt für die Bukowi¬
ner“ (Tel Aviv) schreibt in ihrer August/ Sep¬
tember-Ausgabe 2000 über MdZ bzw. ZW:
Siebzehn Jahre lang spielte die Ziehharmoni¬
ka Scharfes und Bitteres, und auch unter dem
neuen Namen wird sich das nicht ändern. Ihr
Inhalt wird sich bereichern, und noch viel
mehr Raum für Verteidigung der Demokratie
und Bekämpfung extremistischer Erschei¬
nungen wird vorgesehen sein. Was uns Bu¬
kowiner am meisten erfreut, ist die besondere
Aufmerksamkeit, die die Zeitschrift dem
deutschsprachigen Kulturphänomen, das in
dieser seit mehr als 80 Jahren nicht mehr zu
Österreich gehörenden Provinz entstanden
ist, schenkt. [...]
Soeben bringt uns der Postbote die neue
Nummer der „Zwischenwelt“ (Nr. 2/Juli
2000), die uns noch mehr Freude bereitet, da
sie gänzlich der Bukowina und ihrer schön¬
geistigen Literatur gewidmet ist. Auf dem Ti¬
telblatt ist das Haus, in dem Rose Ausländer
in Czernowitz gewohnt hat, abgebildet. Im
Inhaltsverzeichnis finden wir altbekannte
Namen wie Ruth Klüger, Kurt Rein, Andrei
Corbea-Hoisie, Peter Rychlo, Edith Silber¬
mann, Amy Colin, Josef Burg und viele an¬
dere. Auch nicht aus der Bukowina stam¬
mende Autoren beehren dieses Heft mit ihren
Beiträgen (Hannes Hofbauer, Heinrich Stieh¬
ler u.a.). Die Zeitschrift veröffentlicht außer¬
dem Gedichte von Georg Drozdowski, Ro¬
bert Schindel, Itzik Manger und Prosa von
Karl Emil Franzos und Josef Burg, sowie
„selbsterlebtes‘‘ von Josef Kinsbrunner.
Die Nr. 2/2000 war übrigens vergriffen und
ist jetzt wieder lieferbar. (88 Seiten, 65 105,—/
DM 15,-).