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1999 an österreichische AutorInnen mit deutscher Muttersprache vergeben wurde. Immer wieder sahen sich die JurorInnen darüber hinaus dazu gezwungen, Preise zwischen gleichwertigen Texten zu teilen. Die Anthologien Jedes Jahr werden die preisgekrönten Texte in einer Anthologie der edition exil veröffentlicht, lektoriert von Christa Stippinger (nur 2002 von Gudrun Braunsperger). Autoren wie Dimitré [Dinev], Denis [Mikan] oder Alma [Hadzibeganovic] sind natiirlich absolut intellektuelle und gebildete Menschen, aber sie sind eben keine ‚Native Speakers‘ im Deutschen, und deshalb brauchen sie einfach jemanden, der ein bisschen in den Text eingreift. |... ] Ich glaube außerdem, das braucht Jeder Autor. Viele große Autoren haben einen Lektor als Partner. Sie brauchen ein Gegenüber, das ihnen Feedback gibt, und in diesem Feedback entwickelt sich dann der Text noch einmal ein Stück weiter. Das halte ich einJach für notwendig." Diese Arbeit findet natürlich immer in Zusammenarbeit mit den AutorInnen statt, die „wachend über jedem einzelnen wort“.'' Alma Hadzibeganovic berichtet darüber: meistens wusste sie [Christa Stippinger] genau das auszudrücken (im holländischen gibt es ein schönes wort dazu: zu „verworten“), was mir auf dem sinn lag, und was ohne die korrektur ein bisschen ungeschickt klingen würde. |... ] Christa und ich haben uns gemeinsam tausendmal überlegt, ob und wie man etwas verändern sollte, und es geschah immer mit meiner zustimmung.'* Ergänzend zu den literarischen Texten findet man in den Anthologien auch lebensgeschichtliche Interviews mit den AutorInnen, in denen sie über ihre Herkunft, ihr Leben in Österreich und ihre Motivation zu schreiben Auskunft geben. Dadurch wird zum einen eine Lektüre vor dem Hintergrund der Biographie der AutorInnen begünstigt, zum anderen jedoch die Differenz zwischen der Fiktionalität der Texte und Faktitität der Biographien akzentuiert. Eine Differenz, die im Umgang mit so genannter „MigrantInnenliteratur‘ allzu oft verwischt wird. Darüber hinaus versteht sich die edition exil als Plattform „vor allem [für] autorInnen, die nach wien zugewandert sind, oder einer ethnischen minderheit angehören“. Thematische Schwerpunkte des Verlags sind Migrationsund Emigrationserfahrungen, Exil und Rückkehr, Leben zwischen den Kulturen und aktuelle Themen im interkulturellen Konnex.'* In der edition exil sind auch zwei Einzelpublikationen von PreisträgerInnen erschienen: „Die Inschrift. Erzählungen“ von Dimitre Dinev und der Roman „Emil“ von Denis Mikan. Für Experimentelle Texte ohne thematische Festlegung — wie etwa das Bändchen „Ida zuferka rettet die kunst“ mit Gedichten, Dramen und Prosa von Alma Hadzibeganovic — gibt es seit 1999 die „kleinen reihe lesen“. Seit 2002 besteht eine Kooperation mit dem Mannheimer „andiamo Verlag“, der die Bücher ebenfalls bewirbt und vertreibt. Nach der Preisverleihung Alma Hadzibeganovic beschreibt die Veränderungen, die der Literaturpreis für ihre Arbeitssituation bedeutete: Anfangs sass ich da, in meinem Zimmerlein, vor dem PC, um Eindrücke von der Aussenwelt [... ] zur Kunst zu sublimieren. Eigentlich war ich auf der Suche nach einem solchen Haus und nach einer solchen Werkstatt. Es bedeutete: Integration. Es bedeutete Optimismus. Eine geöffnete Tür.” Durch den Preis sei das Schreiben vom Hobby so etwas wie ein Beruf geworden. [...] Auch bekam ich Anregung, um mich weiter und tiefer mit der Literatur zu beschäftigen. Bücher zu kaufen. Ich ging in den darauffolgenden Jahren auch auf die Lesungen anderer Gewinner, war beteiligt an der Selektion, machte mit bei der Veranstaltung nächster Preisverleihungen. Der verein exil bemüht sich, den PreisträgerInnen weitere Lesungen im Amerlinghaus und anderswo wie im Literarischen Quartier „Alte Schmiede“ u.a. zu ermöglichen. Die „Trash-Poetin“'” Alma Hadzibeganovic wurde seit 1997 zu zahlreichen Lesungen eingeladen, erhielt den Auftrag für ein Theaterstück, das im Rahmen der Wiener Festwochen inszeniert werden sollte", schrieb für das Wochenmagazin „profil“ den Essay „Exil in Wien“. Denis Mikan arbeitete am Literaturprojekt „die Flut“ mit, veröffentlicht in der Literaturzeitschrift „kolik“. Seine Erzählung „Das Licht bleibt draußen‘ findet sich in der Anthologie „Zum Glück gibt’s Österreich. Junge österreichische Literatur“. Den bisher größten Erfolg hat Dimitre Dinev zu verzeichnen, auf dessen in der edition exil erschienenen Erzählband „Die Inschrift“ der Verlag Deuticke aufmerksam wurde und seinen Roman „Engelszungen‘” herausbrachte. Die Entwicklung dieser drei AutorInnen sieht Christa Stippinger als Bestätigung ihrer Arbeit: „Für diese drei hat es sich ausgezahlt, dass ich den Literaturpreis überhaupt ins Leben gerufen habe.“ Ziele des Literaturpreises In den Anfängen des vereins exil stand das Vorhaben, sich mit Aspekten des Lebens „zwischen den Kulturen“ in Wien auseinander zu setzen. Der Literaturpreis hat sich aus der Schreibwerkstatt entwickelt. Zum einen sollte den TeilnehmerInnen das Schreiben als „Überlebensstrategie“ in einer ihnen fremden Gesellschaft dienen, zum anderen eine Möglichkeit aufgetan werden, dem ,,,Mehrheitsvolk““ „die Welt der ‚Fremden ‘“ näher zu bringen.” Im Nachwort zur ersten Anthologie (1997) weist die Herausgeberin auf das hohe literarische Niveau der Texte hin und nennt als Ziel ihrer Initiative, „die Kultur von ZuwanderInnen und von Angehörigen ethnischer Minderheiten“ als Teil der „Vielfalt der Kultur Österreichs“ zu fördern. Es geht um neue Impulse in der österreichischen Literaturszene und um den gesellschaftspolitischen Denkanstoß durch „SCHREIBEN ZWISCHEN DEN KULTUREN zu mehr Gemeinsamkeit durch Offenheit, zu mehr Anteilnahme durch Auseinandersetzung [...]‘”. 1998 setzt sich der Verein das Ziel, den Literaturpreis „zu einer fixen Institution im literarischen Leben Österreichs“ zu machen.” Der Preis hat einen politischen Charakter im engeren Sinn, der im Wahljahr 1999 besondere Bedeutung erlangt: „[...] ein Gegengewicht zu bilden, gegen die wachsenden Tendenzen von Ausgrenzung und Ausländerhaß, mit denen man hierzulande bei Wahlen punkten kann.‘” Die Herausgeberin nimmt direkt Bezug auf den Aufstieg der FPÖ zur Regierungspartei, die sich im Wahlkampf gegen eine ‚Überfremdung‘ Österreichs ausgesprochen hatte. Für den verein exil hingegen ist Zuwanderung eine Realität und daher die Auseinandersetzung mit der „lebenswelt der zuwanderInnen, flüchtlinge und ethnischen minderheiten in österreich“ essentiell, „ohne die dieses land und seine kultur um vieles ärmer wären.‘“”® Ist aber ein Literaturpreis für MigrantInnen und Angehörige ethnischer Minderheiten überhaupt sinnvoll und wünschenswert, werden die prämierten AutorInnen dadurch nicht in die Ecke der so genannten ‚MigrantInnenliteratur‘ gedrängt, auf die viel beklagte Einbahnstraße der ‚Sonderseiten‘ und ‚Sonderveranstaltungen‘?” Die AutorInnen, die sich um den Literaturpreis bewerben, verbindet kein gemeinsames Thema oder künstlerisches Programm, sondern nur die Situation als MigrantInnen, meist nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft und daher mit besonderen Arbeitsbedingungen konfrontiert. Sie unterliegen diskriminierenden rechtlichen Bestimmungen, die unter anderem soziale und finanzielle Schwierigkeiten mit sich bringen. Sie schreiben in einer neuen Sprache und sind in der Regel gezwungen, parallel dazu einen Brotberuf nachzugehen. Der Zugang zu Verlagen ist ihnen erschwert, weil diese mit ausländischen AutorInnen ein größeres Risiko eingehen müssen: Druckförderungen (wie auch Preise und Stipendien) sind meist an die Staatsangehörigkeit der AutorInnen geknüpft.” Es ist diese besondere Situation, die den Literaturpreis „schreiben zwischen den kulturen‘ notwendig macht: Der Preis ist notwendig, weil alle Preise so sind. Alle sind von einem Eck her. Entweder es sind niederösterreichische Autoren, oder Autoren, die ihren Wohnsitz in der Steiermark haben, also soll es auch einen Preis fiir solche geben, die nirgends hingehéren!* Die Existenz des Preises selbst regt dazu an, die Mechanismen des bestehenden Literaturund Kulturbetriebes zu hinterfragen. Die lebensgeschichtlichen Interviews vermitteln einen Einblick in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der AutorInnen und dieser zwingt zur 63