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der Wissenschaften mit der Publikation ihrer historischen Studien fortfahren. In ihrem Resümee meint Brigitte Mazohl-Wallnig, daß Uhlirz „den Typus des geschlechtsneutralen bürgerlichen Wissenschaftlers, der ‚selbstlos der Geschichtswissenschaft zu dienen’ (zit. nach Friedrich Hausmann) als sein Lebensziel ansah“. Typisch sei ihre „Anpassung an die herrschenden wissenschaftlichen Denkmuster der dreißiger und vierziger Jahre“ sowie „die deutschnationale, ja nationalsozialistische Gesinnung, mit der sie sich durchaus nicht von der Mehrheit ihrer Zeitgenossen unterschied.“ Man gewinnt hier fast den Eindruck, daß letzteres ihr eher nachzusehen sei, als ihr ,,Paradoxon“ sich selbstverleugnerisch einer männlichen universitären Normenwelt angepaßt zu haben. Im übrigen befinden sich Mathilde Uhlirz ebenso wie die Entwicklungspsychologin Sylvia Bayer-Klimpfinger (eine der wenigen Universitätsprofessorinnen nach 1945 in Wien, deren Aufstieg in der NS-Zeit begann) im Lexikon in der Minderheit. Der alphabetische Zufall läßt die Historikerin Lucie Varga (geb. 1904) folgen, die 1933 nach Paris emigrierte. Als Beiträgerin und redaktionelle Mitarbeiterin der Zeitschrift „Annales d’histoire &conomique et soziale“ und der „Encyclopedie Frangaise“ widmete sie sich bis zu ihrem Tod 1941 der mentalitäts- und kulturanthropologischen Analyse des Nationalsozialismus und hat mit ihren völlig neuen Ansätzen entscheidend die zeitgenössische französische Geschichtswissenschaft beeinflußt. Ich verweise auf diese Beispiele, um entschieden auf die Probleme und Spaltungen hinzuweisen, die bei jedem Versuch einer allgemeinen Wissenschaftsgeschichte, der Würdigung wissenschaftlicher Leistungen und einer Geschichte weiblicher Intelligenz in Österreich zu reflektieren sind. Letztendlich hat die nationalsozialistische Judenverfolgung und die „biologistische“ Unterdrückung des Intellekts von Frauen in einem ungeheuren Ausmaß geistigen und kulturellen Schaden angerichtet, der sich in der bis heute bestehenden Marginalisierung des Frauenanteils an der österreichischen Wissenschaftsentwicklung im 20. Jahrhundert auswirkt. Dagegen rettet und vergegenwärtigt das Lexikon die intellektuellen Leistungen von Frauen und bietet ein Forum zu weiterer, selbstbewußter Auseinandersetzung. Eine Anmerkung: Die biographische Kurzvorstellung (Geburtsjahr und -ort, Todesjahr und -ort sowie Tätigkeitsbereich) wäre um Eintragungen zu Emigrationsweg und Exil zu erweitern. Siglinde Bolbecher Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben Werk - Wirken. Wien, Kölm, Weimar: Böhlau 2002. 870 S. Buchzugänge Werner M. Bauer: Aus dem Windschatten. Studien und Aufsätze zur Geschichte der Literatur in Österreich. Innsbruck: Innsbrucker Beiträge zur Kulturwissenschaft 2004. 430 S. Euro 45,- (Germanistische Reihe. Bd. 66). Charmian Brinson, Richard Dove (Hg.): ‚Stimme der Wahrheit’. German-Language Broadcasting by the BBC. Amsterdam, New York: Rodopi 2003. 250 S. Euro 53,- (The Yearbook of the Research Centre for German and Austrian Exile Studies. 5). Mit Beiträgen u.a. von Ch. Brinson über das Austrian Service der BBC, von Deborah Vietor-Engländer über Hermynia Zur Mühlen, Jennifer Taylor über Grete Fischer, Richard Dove über die Unterhaltungsprogramme des Austrian Service, Steven Lawrie über Erich Fried. Eveline Goodman-Thau: Erbe und Erneuerung. Kulturphilosophie aus den Quellen des Judentums. Wien: Picus 2004. 108 S. Euro 18,90/SFr 33,40 Josef Burg: Sterne altern nicht. Ausgewählte Erzählungen. Aus dem Jiddischen von Armin Eidherr. Winsen (Luhe): Hans Boldt Literaturverlag 2004. 100 S. Euro 14,60 Marianne Gruber: Ins Schloß. Roman. Innsbruck, Wien: Haymon 2004. 230 S. Euro 19,90/SFr 33,90 Michael Guttenbrunner: Im Machtgehege VII. Mit einem Kennworterverzeichnis I-VII. Aachen: Rimbaud 2004. 90 S. Euro 15,Rudolf Isler: Manés Sperber. Zeuge des 20. Jahrhunderts — eine Lebensgeschichte. Mit einem Geleitwort von Daniel Cohn-Bendit. Oberentfelden/Aarau: Sauerländer *2004 (2003). 199 S. Eva Jancak: Besessen oder das literarische Leben der Dora Faust. Wien: Eigenverlag 2004. 205 S. Luc Jochimsen: Dieses Jahr in Jerusalem. Theodor Herzl — Traum und Wirklichkeit. Berlin: Aufbau 2004. 236 S. Euro 17,90/SFr 32,50 Eugenie Kain: Hohe Wasser. Erzählungen. Salzburg, Wien: Otto Müller 2004. 167 S. Euro 16,Michael Kraßnitzer: Widerstand in Hietzing. Freiheitskampf 1934-1938 und 1938-1945 am Beispiel eines Wiener Bezirks. Ein Projekt der Volkshochschule Hietzing. Wien: Verband Wiener Volksbildung — Edition Volkshochschule 2004. 246 S. Wolfgang Kühn (Hg.): Top 22 the only way is up. Beiträge der Ateliergäste des Unabhängigen Literaturhauses NÖ. Krems: Edition Aramo 2004. 263 S. Mit Beitriigen u.a. von Ales Steger, Radek Knapp und Alfredo Bauer, der 2002 als Preisträger des Theodor Kramer Preises eine der Atelierwohnungen in der zum Kulturzentrum umgebauten ehemaligen Teppichfabrik innehatte. 20 Gäste aus 13 Ländern waren es, die hier von Oktober 2000 bis Februar 2003 Jeweils ein bis zwei Monate weilten. — Bauer schreibt über „Jüdische Gestalten im europäischen Theater“, und er schreibt auf einer Reiseschreibmaschine mit spanischer Tastatur, also ohne deutsche Umlaute. Warum der Herausgeber all diese ae, ue, oe und sz (statt ß) ängstlich beflissen zum Druck bringt, ist unerfindlich. Else Lasker-Schüler: Sämtliche Gedichte. Hg. von Karl Jürgen Skrodzki. Frankfurt/M.: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 2004. 566 S. Euro 18,80 Volker Ladenthin unter Mitarbeit von Susanne Hucklenbroich-Ley: Erich Kastner Jahrbuch. Bd. 3. Würzburg: Königshausen & Neumann 2004. 158 S. mit Faksimile-Anhang. Euro 18,Christiane M. Pabst/Manfred Wieninger: leichtgläubig liebende. Mit Illustrationen von Michael Blümel. Mainaschaff: Verlag Edeltraut Gallinge 2004. O.P. Doron Rabinovici: Ohnehin. Roman. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004. 256 S. Euro 18,90 Peter Roessler, Günter Einbrodt, Susanne Gföller (Hg.): Die vergessenen Jahre. Zum 75. Jahrestag der Eröffnung des Max Reinhardt Seminars. Wien: Max Reinhardt Seminar 2004. 88 S. Regine Schafer Mehmann: Der Seelenhund. Erzählungen. Basel: OSL Verlag für Literatur und Kunst 2004. 136 S. Irmgard Schartner: Karl Kraus und die Musik. Frankfurt/M. u.a.: Peter Lang 2002. 424 S. (Musikkontext. Studien zur Kultur, Geschichte und Theorie der Musik. Veröffentlichungen des Instituts für Musikgeschichte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Bd. 2). Robert Schindel: Kassandra. (Roman). Mit zwölf Illustrationen von Leander Kaiser aus dem Jahr 1970 und einem Vorwort von Robert Menasse aus dem Jahr 2004. Mit Texten von Gustav Ernst und Christof Subik. Innsbruck, Wien: Haymon 2004. 127 S. Robert Schindel: Fremd bei mir selbst. Die Gedichte (1965-2003). Mit einem Nachwort von Marcel Reich-Ranicki. Frankfurt/M.: Suhrkamp 2004. 474 S. Euro 24,90 83