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Zwischenwelt-Sketch 2003, dargeboten vom Ensemble des Ersten Wiener Lesetheaters in der Besetzung: Ilse Aschner, Susanne Aschner, Felix Freitag, Alexander Marcks. Die Personen: Radioreporter, männlich, übertüncht seine Unsicherheiten im umzulischen Newspeak durch forsches Auftreten. Mutter Umzu fühlt sich nicht wohl dabei, möchte aber keine Spielverderberin sein. Vater Umzu, der Mann, der weiter denkt, obwohl er noch ein Anfänger des Umzulischen ist. Tochter Umzu hat ihren Weg für das nächste halbe Jahr geFunden. Radioreporter: Im Rahmen unserer Sendereihe „Was wäre der Staat ohne die Familie?“ besuchen wir heute die Familie Umzu, um mit ihr ein angenehmes Gespräch am Familientisch zu führen. Um vorzustellen: Mutter Umzu, Vater Umzu, Tochter Umzu. Mutter Umzu: Darf ich Ihnen etwas anbieten, um Sie zu erfrischen? Tochter Umzu (flüstert zum Vater): Die Mama bemüht sich, um das Spiel nicht zu verderben. Hoffentlich war das nicht der einzige Satz, den sie sich überlegt hat, um nicht gleich aufzufallen. Radioreporter: Ein Glas Leitungswasser genügt, um meinen Durst zu stillen. Ich bin gekommen, um von einer vorbildlichen Familie, die mit der Zeit geht, umzurichten. Vater Umzu: Ich habe in meiner Familie immer auf Ausgleich und Harmonie geachtet, um unsere Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Um im modernen Leben zu bestehen, muß man realistisch bleiben und immer in die Zukunft blicken. Die Zukunft ist für uns und unsere Kinder entscheidend, um eine Zukunft zu haben. Mutter Umzu (grantig für sich): Seit seiner Midlifekrisis ist er leider so geworden, das reinste Verzichtmeinpflichtchen... Und ich spiele halt mit. Radioreporter: Die Tochter dieser vorbildlichen Familie besucht die Fachhochschule, um nicht die Zeit zu vertrödeln, wie es früher an der Universität zweifelsohne gang und gäbe war, äh, umzu. Tochter Umzu: Ja, wir lernen nicht, um zu lernen, sondern wir lernen, um die Zukunft zu bewältigen. Um die Zukunft zu bewältigen, dürfen wir keine Angst vor der Zukunft haben. Radioreporter: Das haben Sie schön gesagt, um es auch anderen gesagt sein zu lassen. Welche Ausbildung haben Sie gewählt, um zu einer hochqualifizierten Spezialistin mit Pensionsreformanspruch zu werden? Tochter Umzu: Ich studiere Umzulisch, um in der umzulischen Zukunft bestehen zu können. Radioreporter: Viele unserer Hörerinnen und Hörer haben vom Umzulischen schon gehört, um richtig informiert zu sein. Sie werden sicher von dieser Ausbildung im Umzulischen mehr hören wollen, um vielleicht selbst die richtige Entscheidung treffen zu können. Tochter Umzu: Um zu unserem Studienziel zu gelangen, werden wir von hochkarätigen Fachleuten vor Ort unterrichtet, um uns in die Grundlagen des Umzulischen einzuumzen. Um der EU-Richtlinie der Nachhaltigkeit zu entsprechen, ist eines der umzulischen Grundprinzipien die Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit bedeutet, daß aus einem um zu ein anderes folgen muß, um nachhaltig zu sein. Um z.B. unsere Nahverkehrsprobleme zu lösen, genügt es nicht, U-Bahnlinien zu bauen, um die Straßen für den Pendlerverkehr freizukriegen, man muß diese Verkehrsbetriebe auch privatisieren, um sie rationell zu führen und um einen Ertrag zu sichern, um der Börse einen Impuls zu geben. Radioreporter: Das war ein wunderbares Beispiel, um ein Beispiel zu geben. Um sich so auszudrücken, muß man eine gute Schule besucht haben. Tochter Umzu: Das Umzulische hat die Vorzüge, um mich zu begeistern. Um demokratisch und offen zu sein, gibt es im Umzulischen nicht mehr die verkorkste Unterordnung des Prädikats unter das Subjekt, die Herrschaft des Hauptworts über das Eigenschaftswort, sondern alle sind gleichberechtigt mit dem Umzu vernetzt, um einen Zweck zu haben, weil alles einen Zweck haben muß, um nachhaltig zu sein. Vater Umzu: Um noch etwas zu ergänzen, was für unser Familienleben sehr wichtig ist: Unsere Tochter bekommt an dieser Fachhochschule die richtige Ausbildung, um positiv zu denken. Um es zu meiner Zufriedengestellung zu sagen: Sie ist positiv umgeumzt. Radioreporter: Das scheint mir sehr wichtig, um das Bild zu ergänzen. Darf ich Ihre Tochter fragen, um Genauerung zu kriegen? Tochter Umzu (ein wenig hochmütig, kenntnisstolz): Um Ihnen dies zu erklären, will ich ein einfaches Beispiel geben. Wir sind hier voll klimatisiert, um immer die richtige Betriebstemperatur zu haben. Wir müssen die Luft rein halten, um alle Fenster geschlossen zu halten. Meine Mutter sollte bald weit genug sein, um das Rauchen ganz aufzugeben. Um gelegentlich zu rauchen, sagt sie: Ich gehe auf den Gang, um euch die Bude nicht zu verstinken. Das ist umzulisch einfach falsch, umzu... Entschuldigung, Mamma, umzu... Nicht um etwas zu vermeiden, sondern etwas zu erreichen, sind wir umzu. Mutter Umzu: Hoffentlich gehst du in diese Fachhochschule nicht nur, um meine Rauchgewohnheiten zu kritisieren. Vater Umzu: Ich habe im Unterschied zu dir den Prospekt gelesen, um ihn gelesen zu haben. Da steht, um uns das zu sagen, drinnen: Ein eigenes computergestütztes Lernprogramm wurde entwickelt, um die Studierenden zum kritischen Umgang mit der Vergangenheit zu befähigen. Tochter Umzu: Ja, Papa, es fällt dir sicher schwer, um das zu glauben, wir beschäftigen uns sogar mit Literatur, um eine kritische Distanz zur Vergangenheit zu gewinnen. Da schreibt z.B. ein Dichter des ausgehenden 18. Jahrhunderts, dessen Werknutzungsrechte schon frei sind und daher nichts mehr bringen... Mutter Umzu: Wahnsinn, was ihr da alles lernt, sogar das Urheberrecht ist vor euch nicht geschützt. Tochter Umzu (ein wenig weinerlich): Mamma, du hast mich mitten in meinem Umzu unterbrochen. Also, der Dichter schreibt, um zu einem Ende zu kommen mit seiner Schreiberei: Die Träne quillt, die Erde hat mich wieder. Das müßte heißen, um zumindest einen Zweck zu haben, von 11
