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In dieser Zeit entstanden sechs Kurzvideos, die meine Suche dokumentieren, ein Text über Bettina, der einer Monographie Erica Tietze-Conrats* über Georg nachempfunden ist und die Intention hatte, das Verabsäumte nachzuholen. Weiters entstand eine Zusammenfassung der wichtigsten biographischen Daten, gleich wie das Hilde Kurz bei Georg gemacht hatte.’ Doch, denke ich jetzt die eigentliche Leistung wäre es, Bettina Ehrlich für sich selbst sprechen zu lassen — durch das Zugänglichmachen ihrer bildnerischen und schriftstellerischen Werke. Susa Schintler-Zürner studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien und erhielt ein postgraduales Arbeitsstipendium des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Ihr Projekt hat den Titel „Bettina Ehrlich I Susa Schintler. Dislocation and Subjectivity“. Für Hinweise wenden sie sich bitte an: susa_schintler@hotmail.com Anmerkungen 1 Bettina Ehrlich in einem Brief an ihre Freundin Lisa Löbl, London 1944. 2 James E. Young: At memory’s edge. After images of the holocaust in the contemporary art and architecture, 2000. 3 Renée Green, zitiert nach dem Video ,,partially buried continued“, 1997. 4 „Cocolo“, Harper & Brothers, New York, 1948; „Cocolo Comes to Amerika“, Harper & Brothers, New York, 1949; „Cocolo’s Home“, Harper & Brothers, New York, 1950. 5 Bettina Ehrlich, in: Something about the author, Volume I, Thomson Gale, 1971. 6 Erica Tietze-Conrat, Georg Ehrlich, London, 1956. 7 Hilde Kurz, The life and work of Georg Ehrlich. A short summary of dates, in: Erica Tietze-Conrat, Georg Ehrlich, London, 1956. „Die Menschen“ schreibt Nicolas Trublet in seinen Gedanken über die Konversation aus dem Jahre 1735, „sind nur durch das wechselseitige Mitteilen ihrer Gedanken miteinander gesellig.“' Als wir uns vor vielleicht zehn Jahren anlässlich eines Abendessens in München eher zufällig zum ersten Mal trafen, war dies im Sinne von Trublet sicherlich ein geselliges Ereignis. Dominique Lassaigne erzählte mir von ihrer Arbeit als Historikerin an der EHESS, der „Ecole Hautes Etudes en Sciences Sociales“ in Paris. Von ihren Projekten, ihren Mitarbeitern, ihrem Ärger in dem alltäglichen akademischen Betrieb, den ich in meiner Biographie nur am Rande kennengelernt hatte. Ich stellte ihr meinerseits die Arbeit eines freien Journalisten mit besonderem Interesse für das Leben exilierter Intellektueller in den Jahren des Nationalsozialismus vor. Wir erkannten uns in dem, was uns wichtig war, als Angehörige einer Generation, die heute so gerne und so schnell und so oberflächlich als ‚68er-Generation‘ etikettiert wird. Keiner von uns teilte die in dieser Generation häufig anzutreffende rhetorische Heroisierung des Anti-Faschismus, aber dennoch war uns die differenzierte Sichtung seiner Werte, Haltungen und Ideen wichtig. In der Vorstellung unserer Biographien (beide genau in der Mitte des XX. Jahrhunderts geboren) hielten wir uns aber nicht in nostalgischen Erinnerungen auf, sondern wir waren ganz einfach neugierig auf die Zeitform Präsens in den Forschungen und den Recherchen des Anderen. Ich erzählte ihr, daß ich in einem Gedicht von Michael Hamburger mit dem Titel Zwischen den Zeilen auf eine längere Widmung gestossen sei, in dem der Autor an den österreichischen Schriftsteller Emil Alphons Rheinhardt erinnert: Gestern — ich sollte gerade ins Gefängnis zurückgebracht werden — beging ich eine schreckliche Dummheit. Zwei Leute kamen aus dem Verhörraum. Der eine, groß, elegant und ein sehr kultiviertes Französisch sprechend, machte einen so zerquälten Eindruck, als werde er jeden Augenblick zusammenbrechen. Ich fragte ihn besorgt: „Vous ont-ils malmene? “ „Qui sa?“ „Mais eux.“ Er sah mich an, zuckte mit den Schultern und ging weiter. Dann sagte der deutsche Posten: „Aber der ist doch von der Gestapo. ‘” Um mehr über den damals für mich vollkommen unbekannten Schriftsteller Rheinhardt zu erfahren, hatte ich mit einer journalistischen Recherche begonnen, die dann schließlich in der Neuen Zürcher Zeitung veröffentlicht worden ist. Was