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Vergiß mich oft Vergiß mich oft in den dichten Wimpern des Tages und Sommers; vergiß die übervollen Galgen für einst, das Dunkel der Dinge, vergiß mich oft in den Spiegelvorstädten, in den kleinen Schneespinnen. Vergiß die Weiße, das Blühen des Kreuzes und das Asten der Bücher. Vergiß mich oft in den Waggons, die wie niemals zuvor Vergiß mich oft im grünen Flechtwerk der Weide, Vergiß zur Auferstehung alles Wasser und jede Birke. Vergiß das schneeige Alaska, die übervollen Galgen für einst: bewahre das Dunkel der Dinge. „Sie sind tot, aber verfaulen nicht“ Es wächst nach oben unten ein Körper ein anderer Körper von Birken aller Dinge eine Rose von Rose wächst wie sie gewachsen ist oben und unten berührt sie dasselbe Licht vom gegebenen Licht nur ist oben nur ist unten die Schrift und der Logos die eine dem anderen tot-lebendig aber sie verfaulen nicht fürwahr stell dir vor sie verfaulen nicht. Unnötige Erlösung So stand ich da nackt und rein da war ein Verlangen nach Hoffnung in der Hoffnung war wie eines jeden erst der Weg zu einer Erlösung, ohne die es auch geht. 18 Nichts wie ein Weg Nichts kommt wie ein Weg entschlüpft verläßt nichts führt wie ein Weg vorbei an Apfelbäumen vorbei an Birken vorbei an Linden mit Sommer mit Winter zusammen Nichts führt wie ein Weg in uns zu Selbstheit von Selbstheit nichts entschlüpft so wie ein verlassener Weg wie ein niemals vollendeter Weg wie es auch sonst immer ist inmitten unseres Reichtums nichts wie ein Weg mit Glocken und Ambonen verläßt das Sein vielleicht erst wenn es ihm entgegengeht später und dort trifft er es auf ungewohnte Weise. Wer weiß warum In alten Tagen gab es von allem nahe Nähe gab es wer weiß warum in allen Nächten und Tagen gab es wer weiß warum eine Vielzahl erster Wege schöner früher Wege zu Verstecken in denen es uns ausgenommen wer weiß warum niemanden gab in den Vorläufern unserer künftigen Gräber nach Blumen und Schmutz durch dieses Leben auf dem Weg wer weiß warum gab es niemanden, auch uns nicht gab in anderen Verstecken aller Wohnstätten dieser Zeit wer weiß warum weder auf einem noch auf irgendeinem Weg nach Hause zum Versteck. Aus dem Serbischen von Helmut Weinberger. Aus dem Zyklus „Erneute Vergeblichkeit IV “, entstanden 2005/ 2006. — Bosko TomaSevié, geb. 1947 in Becej (Vojvodina), studierte Philosophie und Literatur in Belgrad. Seit 1990 Exil in Österreich, Frankreich und Deutschland. Veröffentlichte Schriften zur Ästhetik, mehrere Gedichtbände, den Roman „ Verspäteter Bericht an eine Akademie‘. Zuletzt erschien 2005 im Verlag Das Arsenal (Berlin) der Gedichtband „Celan trifft H. und C. in Todtnauburg‘“.