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Wien, die 1939 arisiert wurde. Magda Breisach lebte unverheiratet bei ihren Eltern. In einem Brief an Vera Burkhard schrieb sie über ihre Memoiren: Es ist mir leid, dass Du in Deinen Ferien keine erfreulichere Lektüre hattest als meinen Bericht, der übrigens jetzt hier im Dokumentationszentrum gelandet ist. Im Jahre 1946 wollte ihn Ja die Basler Zeitung kaufen, aber - obwohl wir es damals dringend gebraucht hätten — hat es mein Vater verboten mit der Begründung, dass er mit unserem Schicksal kein Geld machen will. Nun habe ich es hier natürlich nicht um Geld hergegeben, aber der Direktor des Dokumentationszentrums hat ihn bei Bekannten gelesen und mich gebeten, ob ich ihn ihm zur Verfügung stellen würde, was ich natürlich tat. F. ort mit dem Schaden. Es ist ja ganz gut, wenn es Leute lesen ... Der Bericht von Magda Breisach beginnt beinahe idyllisch mit nostalgischen Erinnerungen an Wien und die liebevolle Fürsorge der Verwandten. Sie beschreibt den eigenen optimistischen Glauben an den baldigen Sieg der Alliierten und die Sorglosigkeit der Verwandten, die sich noch einen Tag vor dem Nazi-Einmarsch in Ungarn zu einem Besuch in der Provinz angesagt hatten. Die schockierende Okkupation verwandelte die Gäste der Gutsherrschaft in Geiseln des dortigen Oberförsters und Gemeindevorstehers. Schadenfroh informierte er sie, dass ein Versuch, sie mit einem Auto in Sicherheit nach Budapest zu bringen, gescheitert sei. Er teilte ihnen auch mit, dass die Verwandten in Budapest in verschiedenen Verstecken lebten. Die Autorin kommentiert diese Mitteilung sybillinisch: „Wie wenig ihnen dies nützen würde, erfuhren wir erst viele Monate später. Wir wussten nur, dass sie infolge ihrer Positionen im politischen und industriellen Leben sehr gefährdet waren.“ Nach vier Tagen wurde das Schloss von der SS beschlagnahmt und sämtliche Erträge aus dem Landwirtschaftsbetrieb mussten an das deutsche Militär abgeliefert werden. Die fünf Geiseln wurden von zwei SS-Soldaten, ungarischen Volksdeutschen, bewacht. Der nazifreundliche Oberförster dachte sich immer neue Erniedrigungen aus und zwang sie, gelbe Sterne zu tragen. Der Schlossverwalter und der Hausarzt standen ihnen bei. Der letztere warnte sie nach einigen Wochen vor der nahenden Deportation und bot ihnen an, ihre Sachen aufzubewahren. Die Familien Breisach und Mautner wurden Ende April 1944 mit einem Personenzug nach Budapest transportiert. Zum Glück weigerte sich der Soldat, der sie schon im Schloss bewacht hatte, den kleinen Tross einem deutschen Polizisten zu übergeben. Sonst wären die fünf Wiener sehr wahrscheinlich gleich nach Auschwitz deportiert worden. So wurden sie zum deutschen Stadtkommando in der Andrässy-Straße 116 in Budapest gebracht. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass die Militärverwaltung in einem der arisierten Häuser ihrer Verwandten einquartiert war. Sie trafen dort auch eine bekannte Haushälterin, die ihrer versteckten Herrschaft am gleichen Tag über die Verhaftung der Wiener berichten konnte.” Die einflussreichen Verwandten Wer waren die wohlhabenden Verwandten? Vera Burkhard war nur deren Namen, Mauthner, bekannt. Die anderen Namen und Familiengeschichten erzählte die Wahl-New-Yorkerin, Gabriella Mauthner, dem J ournalisten Lajos Erdélyi in einem Interview im September 1997. 38 Die verschwägerten Unternehmerfamilien Mauthner und Weiss zählten zu den reichsten in Ungarn. „Der riesige Fabrikkomplex Manfred Weiss auf der Csepel-Insel im Süden von Budapest, einer der größten Rüstungsbetriebe Mitteleuropas, produzierte .. . mit voller Kapazität für das deutsche und ungarische Militär.“ Die Familie Mauthner betrieb einen internationalen Samenhandel. Kultivierte jüdische Familien konnten, sofern sie zum Katholizismus konvertiert waren, in den Adelsstand erhoben werden und spielten eine bedeutende Rolle im ungarischen Kulturleben. Nach dem Überfall der Nazis haben alle Familienmitglieder, dank der Warnung des Ministerpräsidenten Miklös Källay, ihre Häuser und Wohnungen rechtzeitig verlassen können. Da am Sonntag ein Fahrverbot galt, wurden die Prominenten von Jänos Mauthner, einem Mitarbeiter des IKRK, mit einem RotkreuzAuto ins Zisterzienserkloster und andere Verstecke gebracht." Als die Gestapo einige Männer des Millionärsclans aufspürte, deportierte sie diese ins KZ Mauthausen. Die Unternehmer konnten sich jedoch loskaufen und Ungarn verlassen. Sie schlossen am 17. Mai 1944 mit den Nazis fünf Verträge ab: 51% der Industrie des Weiss-Mauthner-Corin-Kornfeld-Heinrich-Clans sollten die Nazis 25 Jahre lang nutzen, 49% fielen dem ungarischen Staat zu. Die Nazis verpflichteten sich, 10% des Gewinnes an den eingeheirateten Anwalt Ferenc Corin zu zahlen. Dafür bekamen sie sämtliche Aktien, Liegenschaften und Bodenbesitz der Millionäre. Alle 49 Familienmitglieder, bis auf fünf Personen, die als Geiseln in Wien bleiben mussten, wurden am 24. und 25. Juni 1944 mit drei Flugzeugen in die Schweiz und nach Portugal gebracht. Die Geiseln aus Wien konnten später in die Schweiz einreisen. Zwischen 1947 und 1949 emigrierten die meisten Familienmitglieder in die USA. Gabriella Mauthner lebte zuerst in Genf, dann in Zürich und Basel, bevor sie 1949 in die USA auswanderte. In ihrem Interview erwähnte sie auch das Schicksal des Wiener Vetters Eduard Breisach, der mit seiner Familie im Schloss Derekegyhäza ein luxuriöses Asyl fand. 1917 hatte Baron Manfred Weiss das Schloss von der hochadeligen Familie Kärolyi gekauft. Seine älteste Tochter, Elza Mauthner, die Mutter von Gabriella, betreute den Landsitz, bevor er im Frühjahr 1944 von der SS beschlagnahmt wurde.’ Die Lager Bei der Stadtkommandatur in Budapest wusste man nicht, was man mit den Verwandten der Prominenten Mauthner und Weiss tun sollte. So fuhr man die Wiener bei schönem Frühlingswetter in der Stadt hin und her. Und zwar in einem Auto der Familie Mauthner, mit dem die Verhafteten fünf Jahre lang vergnüglichere Ausflüge unternommen hatten. Ihr Begleiter, ein SS-Mann aus Wien, vertraute Magda Breisach an, dass sie nach Polen abreisen würden. Dann brachte er — verbotenerweise — den größten Teil ihres Gepäcks ins Stadtbüro von Manfred Weiss. Die Tochter Magda, die als einzige von den fünf Wienern Ungarisch gelernt hatte, übernahm die Beschützer- und Vermittlerrolle. Schon im ersten Verteilungslager erreichte sie eine Sonderbewilligung von den einheimischen Polizisten, ihren geschwächten Vater regelmäßig treffen zu dürfen. Sie bat auch einen der „liebsten Wiener Freunde, Stefan Kantor“ „Ihren Vater zu betreuen. Magda Breisach beschrieb äußerst präzise die Entmenschlichung, der die Häftlinge ausgeliefert waren: Den Verlust der Privatsphäre und Hygiene, das Vegetieren ohne Möbelstücke,