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das Essen und Trinken aus ungeeigneten Gefäßen. Sie schilderte die sinnlos langen Appelle, das zermürbende Warten vor jedem Transport in ein neues Lager und die Todesangst und Panik, weil jede Reise im Vernichtungslager enden konnte. Schon nach ein paar Tagen versuchte Magda Breisach aus diesem Circulus vitiosus auszubrechen. Im zweiten Lager, das sich auf der Insel Csepel, in den großen Lagerräumen der Mauthner’schen Samenfabrik befand, erhoffte sie sich Hilfe vom Fabrikdirektor oder vom Betriebsarzt. Mit dem Resultat, dass die beiden Familien Breisach und Mautner das relative Paradies mit seinen annehmbaren sozialen Bedingungen verlassen mussten. Sie landeten in einem Fabrikrohbau, ebenfalls auf der Industrieinsel Csepel, im Morast, ohne Licht, ohne Wasser. Dafür fanden sie dort ihren Freund Stefan Kantor, dem sie während der nächsten Monate immer wieder begegnen sollten. Besondere Protektion erfuhren die Wiener im nächsten Lager, das von der Baronin Weiss eingerichtet worden war. Dort erlebten sie zum letzten Mal Kontakte mit der Außenwelt, aber auch das erste große Bombardement, mit einem Volltreffer in der Nachbarschaft. Die Fliegerangriffe häuften sich. Die Häftlinge wurden in den Fabrikhallen eingesperrt und mussten sich — unter Todesstrafe — still verhalten. So auch im Arbeitslager, das von einem jüdischen Arzt geführt wurde. Dort schuftete Magda Breisach auf dem Bau, zusammen mit einer jungen Wienerin, die Vorarbeiter stammten aus Polen und dem Burgenland. Der jüdische Kommandant entpuppte sich als ein Sadist, der seine Mitgefangenen brutal behandelte. Nach der Flucht zweier Häftlinge entging Magda Breisach wie durch ein Wunder der Erschießung. Die Autorin bediente sich einer sukzessiven Erzählmethode und beschrieb minutiös die einzelnen Stationen ihrer Gefangenschaft. Erst während einer erschütternden Debatte mit einem ungarischen Soldaten, der fünf Juden umgebracht hatte, verriet sie, dass sich ihr Vater vor 50 Jahren katholisch taufen ließ. Dann kehrte sie in aller Ausführlichkeit zur Schilderung des Lageralltags zurück.” So berichtete sie auch über die Auflösung des siebten Lagers am 1. Juli 1944, die von besonders erniedrigenden Durchsuchungen durch ungarische Gendarmen und einige „lustige Mädchen“ begleitet wurde: Nicht einmal ein Paar Schuhe oder eine zweite Garnitur Wäsche ließ man uns ... sie nahmen uns sogar die Brillen und jede Art von Medikamenten ... und als ich z.B. bat, man möge mir wenigstens eine Brille lassen, meinte ein Gendarm, das sei ganz ausgeschlossen, und im übrigen werde ich sie ohnedies nicht mehr nötig haben ... Als wir entkleidet da standen, kamen kichernd die Mädchen und begannen Untersuchungen, welche sonst nur Frauenärzte vorzunehmen pflegen ... Dann trennten sie unsere Mäntel und den Herren die Anzüge auf, um nachzusehen, ob dort nichts verborgen sei, nahmen uns jedoch jegliches Nähzeug weg, so dass wir bis zu unserer Befreiung viele Monate später mit aufgetrennten Kleidern herumgehen mussten. Ebenso nahmen sie alle Waschsachen fort, Bürsten, Kämme, Spiegel, den Männern die Rasierapparate ... ° Die traumatischen Erlebnisse waren eine Ouvertiire zu einem gespenstischen Transport in die beriichtigte Ziegelei Obuda. Dort, misshandelt von jungen SS-Soldaten, vegetierten etwa 18.000 Menschen abwechselnd in Gluthitze und Regen, ohne Nahrung und ohne Wasser. Am sechsten Tag nach Ankunft der Wiener verkiindete eine Kommission, dass das Lager binnen von drei Wochen liquidiert werden miisse. Zur gleichen Zeit standen schon vier Eisenbahnziige mit 45 Viehwaggons fiir die Transporte bereit. Der unmittelbar bevorstehende Exodus mobilisierte in Magda Breisach ungeahnte Kräfte. „Es war der 8. Juli, merkwiirdigerweise der Tag, an dem wir vor 5 Jahren nach Ungarn gekommen waren, und so dachte ich, dass dieser Tag, der uns schon einmal in die Freiheit geführt hatte, uns vielleicht dieses mal wieder gnädig sein würde.“ Magda Breisach sprach beim Lagerkommandanten vor. Obwohl sie keine Dokumente mehr besaß, gelang es ihr, den Major zu überzeugen, dass ihre Eltern seit 50 Jahren katholisch verheiratet seien und sie seit ihrer Geburt eine Katholikin sei. Auch Stefan Kantor durfte nach Budapest zurückkehren. Der Kommandant schickte alle drei zurück ins Budapester Zuchthaus. Das Ehepaar Mautner wurde vor ihren Augen nach Auschwitz deportiert. Die Zuchthäuser Vom Budapester Zuchthaus gingen jedoch täglich Transporte nach Polen. Es bedeutete eine Erleichterung, als die Familie Breisach und Stefan Kantor nach Szärvär an der österreichischen Grenze gebracht wurden. Dort hausten sie mit einigen Tausend Leidensgenossen in einer ehemaligen Kunstseidefabrik. Der dortige Kommandant befahl Magda Breisach, binnen von vier Tagen gültige Dokumente über den katholischen Glauben ihrer Familie zu beschaffen. Sie schrieb eine Freundin in Budapest an, die im Keller eines ausgebombten Hauses einen Koffer mit den Dokumenten der Familie Breisach fand. Wäre der Koffer zerstört worden, wäre die Familie am vierten Tag mit einem Transport nach Auschwitz geschickt worden, wie Stefan Kantor. 39