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1867: „Österreichisch-ungarischer Ausgleich“ — verfassungsrechtliche Vereinbarungen, durch die die k.u.k. Doppelmonarchie entsteht: Wiederherstellung der ungarischen Verfassung von 1848 sowie des ungarischen Reichstages. Neben der Person des Monarchen, der zugleich König von Ungarn und Kaiser von Österreich ist, werden drei gemeinsame Ministerien geschaffen (Außen-, Kriegs- und Reichsfinanzministerium), denen zwei gleich große Delegationen aus dem ungarischen Reichstag und dem österreichischen Reichsrat gegenüberstehen. Zwischen den Reichshälften besteht eine Handels- und Zollunion mit gemeinsamer Währung (Gulden, später Kronen). Das Königreich Ungarn umfaßt den Banat, Siebenbürgen, welches nun keine Autonomie mehr besitzt und das halbautonome Königreich Kroatien-Slawonien (Ungarisch-Kroatischer Ausgleich, 20. September 1868, wobei die Abhängigkeit von der Regierung in Budapest in allen wichtigen Angelegenheiten bestehen bleibt), sowie Fiume. Magyarisierung: Staatlich geförderte gezielte Politik und später auch ganz offener Druck, die nichtmagyarische Bevölkerung des Königreichs Ungarn zu einem Teil der magyarischen Nation zu machen. 1907 Lex Apponyi (Kultusminister Graf Albert Apponyi) eingeführt, mit der die staatliche Kontrolle und der Unterricht in ungarischer Sprache auf Gemeinde- und Konfessionsschulen ausgedehnt wird. Zahlenmäßig zeigt sich die Magyarisierung darin, daß der Anteil der magyarischen Bevölkerung im Königreich Ungarn (nach offizieller Darstellung) zwischen 1780 und 1910 von etwa 29 auf 54 Prozent ansteigt. Oktober 1918: Der ungarische Reichstag erklärt die Selbstständigkeit Ungarns; Ausrufung der Republik unter Mihäly Kärolyi (ungarische Revolution). Jänner bis August 1919 Räterepublik unter Bela Kun. In Szeged formiert sich eine konservativ-reaktionäre Gegenregierung. Invasion rumänischer Truppen und Belagerung von Budapest. Admiral Miklös Horthy (Verteidigungsminister der Szegeder Reaktion) zieht mit seinen Truppen am 16. November 1919 in Budapest ein. Schärfste Verfolgung der Anhänger der Räterepublik. Ein Teil von ihnen flüchtet nach Österreich; Bela Kun wird in Niederösterreich inhaftiert, flieht von dort in die Sowjetunion, wo er 1939 ein Opfer der Stalinschen Verfolgungen wird. Koloman Wallisch, aus einer ungarisch-schwäbischen Familie stammend, flüchtet nach Österreich; wird Nationalratsabgeordneter der SDAP und beteiligt sich aktiv am Februaraufstand 1934 gegen die Diktatur Dollfuß. Durch ein Standgericht verurteilt, wird er am 18. Februar 1934 gehenkt. 1920-1946: Königreich Ungarn; Horthy wird von der Nationalversammlung zum Reichsverweser (kormänyzö) gewählt; Restauration der ständischen Herrschaftsordnung, die eine Bodenreform verhindert. Politisch erreicht Horthy diktatorische Vollmacht. Juni 1920: Friedensvertrag von Trianon im Versailler Palais Grand Trianon. Als am Krieg schuldigem Staat werden Ungarn hohe Reparationen auferlegt, und es muß große Gebietsabtretungen an die neu entstandenen Nationalstaaten hinnehmen. Auch nach den Gebietsabtretungen leben beträchtliche Minderheiten auf ungarischem Territorium: 551.211 Deutsche, 72 141.882 Slowaken — nach tschechoslowakischen Angaben 400.000 —, 41.974 Kroaten, 23.760 Rumänen, 17.131 Serben und 60.748 sonstige (nach der Volkszählung von 1920). Über 3 Millionen Ungarn verbleiben in den neu entstandenen Nationalstaaten (in der südlichen Slowakei, der Karpato-Ukraine, der Vojvodina, im slowenischen Murland und im Inneren Siebenbürgens). Die Wirtschaftslage Ungarns verschlechtert sich dramatisch. Oktober 1921: Zweiter habsburgischer Restaurationsversuch, der von Horthy mit Waffengewalt bei Budaörs (vor Budapest) verhindert wird. 1933: Als erster ausländischer Ministerpräsident stattet Gyula Gömbös, Führer der nationalistischen „Partei der Ungarischen Nationalen Unabhängigkeit“ (auch „Rassenschutzpartei“), Adolf Hitler einen offiziellen Besuch ab. In der Folge enge wirtschaftliche und politische Beziehungen zum nationalsozialistischen Deutschland. Horthy unterstützt nachdrücklich eine Politik der wirtschaftlichen und politischen Zusammenarbeit mit Mussolinis Italien und Österreich; ein Resultat ist die Unterzeichnung der Römischen Protokolle am 17. März 1934; allerdings haben diese Verträge kaum Auswirkungen. 1935 gründet Ferenc Szälasi die „Partei des nationalen Willens“, aus der 1937 die Pfeilkreuzler entstehen. Anführer der Pfeilkreuzler ist Jözsef Gera, sein Sekretär Lajos Polgär. Bei der ungarischen Parlamentswahl 1939 erhält die Pfeilkreuzler-Partei zwar rund 25 Prozent der Stimmen, ist jedoch bis zum 15. Oktober 1944 nie an der Regierung beteiligt. 18.3. 1938: Einführung des Visumzwangs für österreichische Paßinhaber. November 1938: Erster Wiener Schiedspruch (Schloß Belvedere) durch die faschistischen Großmächte Deutschland und Italien. Ungarn erhält Gebiete mit ungarischer Bevölkerungsmehrheit in der Südslowakei und in der Karpato-Ukraine. Der Schiedspruch ist eine der Folgen des Münchner Abkommens und Bestandteil des Plans des nationalsozialistischen Deutschlands, die Tschechoslowakei zu zerschlagen. Ungarn hingegen arbeitet darauf hin, die gesamte Slowakei mittelfristig wieder unter seine Herrschaft zu bringen. Besetzung der zugesprochenen Gebiete durch die Honved (Magyar Kirälyi Honveds£g), angeführt vom Reichsverweser Miklös Horthy. Entlassung slowakischer und tschechischer Angestellter bei der Bahn und im öffentlichen Dienst; Slowaken und Juden werden Gewerbescheine entzogen. Schließung slowakischen Schulen (386 Volksschulen, 28 Realschulen und 10 Gymnasien). Aus der Südslowakei flüchten etwa 100.000 Slowaken und Tschechen. Die jüdische Bevölkerung in den besetzten Gebieten ist verschiedenen Arten von Verfolgung und Gewalt ausgesetzt. 1939: Austritt Ungarns aus dem Völkerbund. Horthy unterzeichnet den Antikominternpakt. August 1940: Zweiter Wiener Schiedsspruch: Ungarn erhält von Rumänien einen sichelförmigen Abschnitt durch das nördliche