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°) Firenze! Ich taumelte dahin durch deine Gassen vorbei am Dom, Piazza und Palast dem Arno zu und konnte dich nicht fassen, Fassade vor des Himmels blauem Glast. Und deine Helle brauchte keine Ferne und keinen Rhythmus deiner Gänger Schar. Da schlug ich mich in niedrigster Taverne mit einem Wein, der schwarz und bitter war. Ich wußte wohl, dies war das reine Leben, ich aber möglich nur in Dunst und Schmerz, und wiegte doch — zu bang, es aufzugeben, — in trunknem Rund mein kleines Distelherz. (September 1925) d) Massa di Carrara Wer nicht atmen kann beim Brausen des Meeres und bei der Pinienwälder lichtem Gesang, kehre zurück — denn es haust in der Brust ihm ein Leeres heim in die nördliche Gosse, stumm doch nicht bang. Aber er greife nicht nochmals ins Blaue herüber, meide die Freunde und tue verdrossen wie je, da die erschließende Hälfte des Lebens vorüber, besser das Seine, als daß ihm ein Gleiches gescheh! (10.9. 1925) e) Schauen des Meeres Die Wogen schlagen an die Steine; mich trieb’s vom Strand zur Schenke her. Stumm hocke ich beim schwarzen Weine, daß mich nicht holt das laute Meer. So tost zur Nacht Geburt und Wagen; ich aber bin verbraucht und alt. Ich höre nah die Wogen schlagen und schwanke in mein Glas verkrallt. Im Oleander stirbt die Hummel, weiß tropft ein Wurm aus dürrem Mais, zu Ende greint der Kerzenstummel; auf meinen Schläfen friert der Schweiß. Verflucht mein auserlesend’ Wollen Verflucht, daß ich den Abgrund mied! Ich höre nah die Wogen rollen Wie kam mir nur mein erstes Lied?! (Marina di Massa 10.9. 1925; Rest der Seite abgeschnitten!) 78 f) MF Leicht vom Abendstrand über hellen (sic!) Land schreitest du zur weißen Steinbank her. Im verbrannten Haar, das einst meines war, toset noch, ein Wogenkamm, das Meer. Und du bist mir fremd ohne Schuh und Hemd, ohne Abersinn und ohne Glück. Deine goldne Haut strahlt den Tag, der blaut, reglos in die runde Nacht zurück. (Seite hier abgeschnitten; Rest von Schrift erkennbar; Marina di Massa, 10./11.9. 1925) 8) Trilogie an By. Erinnerung L Es hat ein Zwang der Schatten mich betroffen. Und Jahre waren, daß ich Dich nicht sah. Doch heute, fern, allein, entrückt dem Hoffen, schau ich wie nie dich überrein und nah. Ich schau in jenen Tagen mir zu Seiten dich ruhvoll selber, nicht von meiner Sucht, dich allerorts unsäglich fein verbreiten. wie das Aroma einer seltenen Frucht. IL. Ich schau dich in des Abends Feigenschwärze: es lag das Land wie eine Mulde leer, am Strande flammte eine Pinienkerze und dunkel hob und senkte sich das Meer. Wir aber waren Fremde schon einander, und deine Haare kosten wie ein Flor und deine Brüste glommen, Oleander, für keinen stark durchs schwarze Tuch hervor. II. Cypressen glichen nachtgetränkten Dochten, an Felsentische kriimmt’ ich mich in Hast, von deinem Lächeln warst du ganz umflochten, dem purpurnen Chianti gleich im Bast. Und meine Lippen leckten noch im Vollen und wußten noch von altem Rausch und Sieg. Doch du warst fern wie das Gestein, die Schollen das Öl, das in den milden Wäldern stieg. IV. Wie damals zwischen Säulen, unter Bogen, am Arno, schweigsam lächelnd kaum, so schau ich dich, in dich zurückgezogen, in meiner Nächte unversagtem Traum. Verworren liegen mir nun in den Ohren die Hochzeitsschreie und das Weinen dein. So wie ich dich an dich zurückverloren wirst du mir immer nah und sichtbar sein. (26.8. 1926) h) In der Zone zwischen Holz und Fichten In der Zone zwischen Holz und Fichten wachsen wenig Kräuter nur, die blühn, und das Gras beginnt sich stark zu lichten; aber was gedeiht, glänzt zäh und grün. Klippenmale ragen aus den Lehnen; Rain und Gatter sind gefügt aus Stein, und die weißen Zungen der Moränen reichen in den Wasen tief herein. Und die Luft schmeckt seltsam herb schon, offen scheint der Raum zu sein auf Schritt und Tritt; und es teilt die Näh der steilen Schroffen sich dem Atem und den Knieen mit. Im Seegebirg Den blauen See umschloß auf allen Seiten ein Hochland, das zum Teil verkarstet war; auf seinem Rücken war es schön zu schreiten, blau war der Himmel und die Aussicht klar. Der Ölbaum hielt sich mühsam auf den Schroffen, nur wenig Ziegen waren aus nach Gras; dem Pfad zu standen rings die Schründe offen und wir verloren, schreitend, jedes Maß. Es dünkte uns, wir dürften nimmer ruhen; wir zogen zwischen Licht und See das Band des Felsenpfades nach mit unseren Schuhen, bis tief die Sonne schon am Himmel stand. 14.4. 1931; es existiert ein doppelt so langes Gedicht mit gleichem Titel, Inge Halberstam gewidmet, vom 22.2. 1932.