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nehalten und zurückschauen. Sehr wichtig ist für Kathy Leichter, mit ihren Söhnen über die Familiengeschichte reden zu können. In ein bis zwei Jahren soll der Film fertig sein. Der Zeitpunkt der Fertigstellung hängt nicht zuletzt von der finanziellen Unterstützung ihrer Arbeit ab. Der Trailer fürs Fundraising ist bereits fertig gestellt. Was Kathy Leichter bei ihrem Wienaufenthalt gefällt ist, dass sie zwar auf den Spuren ihrer Großmutter hier her kommt, dass sie aber auch Gleichaltrige trifft und Menschen, die sich für ihre Arbeit interessieren. Was ihre Familiengeschichte betrifft, ist es ein Kreis, der sich hier mit ihrer Person schließt. Doch gleichzeitig baut sie selbst eine neue, eigene Beziehung zu dieser Stadt auf. Auch wenn mein Film ein sehr persönlicher Film ist, hoffe ich, dass er die Menschen auf einer allgemein gültigen, universellen Ebene anspricht. Wir alle haben Verluste und Trennungen erfahren. Wir alle haben Mütter, von denen wir uns irgendwann trennen müssen. Ein Erfolg ist der Film für mich dann, wenn er über das Persönliche hinausgeht. Weitere Infos siehe: http://www.mintleafproductions.com/index.html Zu Käthe Leichters 1938 in Einzelhaft heimlich verfasste autobiographische Skizzen siehe: Herbert Steiner: Käthe Leichter, Leben, Werk und Sterben einer österreichischen Sozialdemokratin. Wien 1997. Elisabeth Malleier, Historikerin, Wien/Meran. Bücher: Jüdische Frauen in Wien 1816-1938 (Wien 2003); Das Ottakringer Settlement. Zur Geschichte eines friihen internationalen Sozialprojekts (Wien 2005). Zuletzt erschienene Aufsdtze: Die „Jüdische Toynbee-Halle“ in der Wiener Brigittenau. In: Spurensuche. Bildung, Politik, Demokratie (Wien) 17 (2007) 1-4; Jewish Hospitals and Nursing Schools in Austro-Hungary 1867-1918. In: Nursing History Review (New York) 16 (2007). York 2007. Demnächst erscheint: „Jeder Sieg der Frauen muss ein Sieg der Freiheit sein, oder er ist keiner.“ Jüdische Feministinnen in der Wiener bürgerlichen Frauenbewegung und in internationalen Frauenfriedensorganisationen. (Dokumentation der von Frank Stern vom Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien 2007 organisierten internationalen Tagung: Wien und die Jüdische Erfahrung 1900-1938. Akkulturation, Antisemitismus, Zionismus.) Seit einigen Jahren und tausende Manuskriptseiten lang beobachte ich die Folgen der Neuen Rechtschreibung und komme zum Resümee, daß sie der Sprache, in der ich arbeite, geschadet hat und mir persönlich viel Zeit kostet. Die Neue Rechtschreibung erleichtert weder den Gebrauch des Deutschen als Fremdsprache, noch das Erlernen des Lesens und Schreibens. Die Neue Rechtschreibung hat vielfach das Gegenteil dessen erreicht, was sie intendierte. Wir haben nun zusätzliche Fälle von Großschreibung, und die Beistrichsetzung, immer schon ein Gegenstand der Nachdenklichkeit, ist noch unsicherer geworden. Jenen, die schon in der alten Rechtschreibung keinen rechten Respekt für die Sprache aufbrachten, die nicht unterscheiden mochten zwischen dem, was sie meinten, und dem, was sie sagten, kommt die Verunsicherung zupass. Je nach Laune lassen sie die Bindestriche zwischen zusammengesetzten Wörtern, die nicht allgemein üblich sind, einfach aus und setzen sie bei Wortfolgen, deren Zusammenhang sinnfällig ist, dudengetreu ein. Das Schlimmste sind das sogenannte Stammsilbenprinzip und das Auseinanderschreiben von Wörtern, die erst zusammengeschrieben einen Sinn ergeben. Ein wahrer Sklave der Rechtschreibreform bezeugt seine Ergebenheit, indem er nach dem Stammsilbenprinzip nun „aufwändig“ statt aufwendig schreibt. Als käme dieses Eigenschaftswort vom Aufwand (also dem bereits Aufgewendeten) und nicht von aufwenden. Nach derselben Logik müßte man hinfüro haufig statt häufig hinschreiben, als wäre der Haufen schon da, bevor man ihn häuft. Im Falle „aufwändig“ hat die Sprachkommission ihren Fehler sogar eingestanden; aber für einen gestandenen Regulierungsfanatiker ist es eine Ehre, gerade widersinnige Regelungen getreulich zu befolgen. Nuancierungen im weiten Feld zwischen der Umgangssprache und der sterilen Hochsprache, derer sich manche als eines für sie denkenden Ersatzhirns bedienen, sind vielfach verschwunden. Ob zwei zusammenkommen, also sich irgendwo treffen, oder aber zusammen kommen, also gleichzeitig den Höhepunkt sexueller Lust erreichen, bleibt aufewig verwischt, und bald werden die dieser Nuance Beraubten sie nur mehr im Reich der Zote kennenlernen. Wie überhaupt die Zote den Raum besetzt, den die Sprache verlassen hat. — K.K.