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Himmelstriche Für Barbara BLAUER Winterhimmel Ende Februar Unbekannte ziehen Striche ziehen Polsterwölkchen tag und nacht kreuz und quer legen ein Netz vor das blanke Gewölb Striche die nach und nach ineinander zerfließen die Bläue mit einem fahlen Schleier übergießen zu gleißender Trübe die Sonne dahinter wie ein bleiches Geschwür Glas- und Metallstaub glitzern prismatisch in allzu künstlichen Farben Drei vier fünf Tage in der Woche drei vier fünf Nächte in der Woche wird der Himmel entzogen keine Sonne keine Sterne kein Mond Schleimhäute trocknen aus die Augen brennen die Zunge klebt am Gaumen „Das Wetter“ hört man „Das Wetter“ sagen die Leute sie schauen nicht auf oder sehen nicht was sie schauen klagen über Kopfweh und halten für Wetter die Striche das Netz den Schleier weil Wetter das gibt es schon lange das hat es schon immer gegeben jetzt aber unter Antennen unter Satelliten und Fliegern unter Richtstrahlern verdorren Sträuche vorzeitig gehn im Februar Blüten auf vorzeitig welken Blüten im Feber in künstlichen Sommern Stürmen Fluten Was soll’s? Das Treibhaus anheizen oder es abkühlen Regen bringen oder Regen verschieben Land ausdörren oder Wüsten bewässern Wachstum begünstigen oder vergiften Menschen anlocken oder Menschen vertreiben Seuchen verbreiten oder Seuchen verhindern Leben schützen oder Leben zerstören heilsame Waffe oder Geschenk zu Unheil Licht bringen oder Finsternis Ein Deckel lastet über dem See über den Dörfern über den Städten über den Feldern über den Bergen über den Wolken über den Köpfen Was ist es Was soll’s Wessen Werk Und wozu — Wirklich, was soll’s? 10 IL. So viele Flieger so viele Stunden Tage Wochen Monate Jahre soviel Kerosin soviel Chemikalien in der Luft die wir atmen im Wasser das wir trinken in den Speisen die wir essen Was soll das nützen und wem Und wer hat so viel Geld das er in die Luft verpufft Ja wessen der Nutzen Denn er wird weiterhin bemalt der Himmel der Himmel in England und der Himmel in Böhmen der Himmel in Kanada und in der Schweiz die sich noch immer einreden läßt daß sie neutral sei Die Meteorologen wissen nicht Auskunft und die sie wissen müßten geben keine sie haben den Himmel verkauft und verschweigen den Käufer man wird allenfalls gebeten keine Fragen zu stellen Kusch dich Halt den Mund Schau nicht auf Das geht dich nichts an Wirklich? „Je suis la trompette du dieu qui pue, ne veux du mal a personne“ Erhebe dein Antlitz zu den Antennen, du bist verbunden. Welch ein Gliick, schnurlos vernabelt zu sein in jedem Augenblick. Du brauchst sie nicht mehr zu sehn, deine Wunden: nie mehr mit dir allein und allein mehr denn je. Blinde Nomaden schwimmen auf dem See... Countrymen, friends, auch Ninive währte nicht länger. Bei Tanz und Wehgeschrei ist es vergangen. Noch ist die Zeit nicht vorbei, noch schrumpft das Land, bläht sich die Stadt, hagelt es Nachwuchs. Alle sind satt, außer den andern. Wir sind nicht gefeit gegen die eigene Übelkeit, die unser Gehn, unser Bleiben, unser Würgen und unser Speiben in ihren Klauen hat. Lobe die Wellen, die euch trennen, die euch durchziehn, schwimme im Netz. Menschenopfer sind wieder in. Ich bin die Posaune, er meint es gut. Werft das Handtuch, nehmt den Hut, der Boden wird heiß, die Luft ist schon dünn. Ihr wollt nicht einfach irgendwohin? Was bleibt mir da als die Chimäre, reaktionär zu sein gegen Reaktionäre.