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Das religiöse Erbe Adolf Engels Seine vier schon erwähnten Söhne, Jözsef, Sändor, Gyula und Mör, hielten sich noch an die testamentarischen Verfügungen des Vaters. Sie heirateten allesamt in jüdische Familien, zum Teil des Adels, ein. Aber schon in der Enkelgeneration macht sich die Tendenz der Konversion zum Christentum breit. So bei seinem Enkel Friedrich, in dessen Memoiren es heißt: In Rom war ein langjähriger innerer Prozeß zum Abschluß gekommen, und ich war zur katholischen Kirche übergetreten, der ich mich seit langem verbunden fühlte. (S. 167) Dieser Schritt aber „war auf den leidenschaftlichen Widerstand meiner Familie gestoßen.“ (S. 168) Dies war auch nicht weiter verwunderlich, hatte doch sein Vater Mör in die Familie des Präsidenten der IKG Wien, Heinrich Klinger, eingeheiratet. Doch auch in Pécs hatte eine ähnliche Entwicklung Platz gegriffen. Wenngleich der älteste Sohn Adolf Engels, Jözsef Engel de Jänosi, ein Jahrzehnt lang Vorsteher der Kultusgemeinde von Pécs war, hinderte dies seinen Sohn, Dr. Röbert EngelJänosi, nicht, zur katholischen Kirche überzutreten. Auf seiner Parte ist zu lesen, dass wir den „Leichnam unseres seligen Toten am 31. Juli 1943 in der Pfarrkirche der Innenstadt einsegnen und in der Krypta der dortigen Unterkirche, in der Hoffnung auf eine Auferstehung, zur Ruhe betten werden.“ In dieser heiklen Frage hat sich auch Dr. Peter Engel de Jänosi geäußert, als ich ihn darum bat, mir das religiöse Erbe Adolf Engels zu erläutern. In einer dreiseitigen Stellungnahme unter dem Titel „My great-grandfather Adolf’s Jewish faith heißt es: „You, as a scholar of Judaism however raise a more important question, namely: was blieb vom Judentum unter den Nachfolgern Adolf Engels?“ Und er gibt die ehrliche und offene Antwort: ,,Consequently, the true (and perhaps sad) answer to your significant question is: Nichts ist geblieben!“ Dies widerspiegelt sich auch auf dem Grab der Engel-Jänosis in Wien, auf dem Döblinger Friedhof in der Hartäckerstraße 65, Abteilung E, Gruppe 1, Gruft 33. Auch hier ist auf den Grabinschriften der Schritt vom Judentum ins Christentum erkennbar. Während bei Adolf und Anna Engel-Jänosi, sie wurde hier erst am 28. Juni 1914 begraben, noch eine hebräische Inschrift prangt, wird auch bei Sohn Möricz zwar noch Kohelet 6,1 zitiert, aber schon auf Deutsch: „Besser ist ein guter Name als köstliches Gut.“ Beim Enkel jedoch, meinem verehrten Lehrer Friedrich Engel-Jänosi finden sich nur mehr die Lebensdaten, aber kein Bibelzitat mehr. Das wirtschaftliche Erbe Adolf Engels in Ungarn In Ungarn schlug der Staat gleich zweimal zu. Die erste Enteignung des riesigen Vermögens der Engel-Jänosis erfolgte auf Grund der „Judengesetze“ vom November 1942 und Mai 1944. Es bedurfte also keineswegs des Einmarsches der Hitlertruppen im März 1944, um die Juden zu enteignen, der faschistische ungarische Staat der Horthy- Ära hatte sich auch ohne deutsche Unterstützung „bedient“. Als schließlich nach 1945 die realistische Chance bestand, die Firma „Adolf Engel und Söhne“ wieder zu beleben, schlug der inzwischen kommunistisch gewordene ungarische Staat ein zweites Mal zu und enteignete endgültig. Wen wundert es da, wenn die schon erwähnte Anna Stein, die erst 1956 Ungarn für immer verlassen hatte, in ihrem Brief vom 5. September 2004 schrieb: 22 Das Bergwerk [in Komlö] haben sie liquidiert, die Grundherrschaften mit dem Schloss [Janosipuszta!] haben sie beschlagnahmt, welches sie jetzt verkauft haben (zurzeit entsteht dort eine Seniorenresidenz, nachdem der kommunistische Staat das Gebäude noch als Kinderheim genutzt hatte), die Parkettenfabrik [Pécs] haben sie seit langem liquidiert, kein einziges Grundstück verblieb der Familie außer dem Mythos. Damit wird am Beispiel einer einzigen jüdischen Familie bestätigt, was die historische Forschung schon seit Jahren belegt hat. So im Schlusskapitel des Standardwerkes von Christian Gerlach und Götz Aly „Das letzte Kapitel. Der Mord an den ungarischen Juden“, wo es in den „Schlussüberlegungen“ heißt: Sie [die nachgeordneten ungarischen Dienststellen] betrieben diese Tätigkeit offenbar ohne Scham. Im Klima der Habgier, der kleinen und großen Vorteile verlor sich jeder Gedanke an die allgemeine Mitschuld, jeder Ruf des Gewissens, zugleich festigte sich so die untergründige Zustimmung zur Deportation der Juden, das meist stillschweigende, gelegentlich auch deutlich artikulierte Einverständnis, die Deportierten sollten mit welchen Mitteln auch immer an der Rückkehr gehindert werden. (S. 436/37) Ähnlich auch ein Augenzeugenbericht eines Betroffenen, des Auschwitz-Überlebenden und späteren Präsidenten der IKG Wien, Dr. Ivan Hacker, der das Vorgehen der ungarischen Behörden in Szombathely im Jahre 1944 schildert: In den Wohnungen, welche geräumt werden mußten, haben die Juden alles, was sie zurücklassen mußten, in ein Zimmer zusammenzutragen und aufzulisten. Es werden Kontrollore entsandt. Diese Funktion wird hauptsächlich von Volksschullehrern übernommen, die diese Güter beaufsichtigten bzw. als „nationales Gut“ übernahmen. (Unser Weg in die Hölle. Ungarische Juden in den Klauen der SS. Krems 1998, S. 53). Und vom gleichen Autor stammt die Schilderung der Situation vor der Einwaggonierung: Das Lager wird also von ungarischen Gendarmen und Polizisten bewacht. Sie überbieten an Grobheit und Unmenschlichkeit bei weitem noch die Vorschriften. Das Tor wird aber,