OCR
na. Kärntner Sektionen bestanden in der nationalverteidigenden Ciril-Metod-Gesellschaft und in der Legion der Kärntner Kämpfer, besonderes Augenmerk auf die Kärntner aber legte auch die Jugoslovenska Matica, die in den zwanziger Jahren mehrere Broschiiren iiber die Situation der Karntner Slowenen in Osterreich herausgab. Eine gemeinsame Abordnung der Kärntner Vereine in Slowenien unter der Führung des Abgeordneten Anton Brandner trotzte dem Präsidenten der jugoslawischen königlichen Regierung Nikola Pasie schon am 30. Mai 1921 das Versprechen ab, dass die Regierung versuchen werde, die Grenze zwischen Jugoslawien und Österreich an der Drau zu erwirken; die Regierung versuchte es tatsächlich, jedoch ohne Frfolg.'? Ein organisatorischer Schritt vorwärts wurde gesetzt, als auf Aufforderung von Dr. Luka Kravina auf der „ersten Versammlung der slowenischen Kärntner Emigranten“ in Celje am 14. Oktober 1928 der zentrale Klub der Karntner Slowenen (KKS) begründet wurde. Die Versammlungsteilnehmer beschlossen sich vor allem zwei Aufgaben zu widmen: der „Unterstützung der kulturellen Bestrebungen der Slowenen in Kärnten und der Propaganda für Slowenisch-Kärnten“; in den Statuten vergaßen sie auch nicht auf die „gegenseitige Unterstützung“ der Klubmitglieder. Die Gründer des KKS, unter denen der erste (und dann langjährige) Vorsitzende Dr. Julij Felaher, Anton Brandner, Ivan Hochmüller, der Kassier Anton Müller, der Sekretär France Ursi¢, Dr. Zvonko Janezi¢ und Dr. Anton Urbanc führend beteiligt waren, beschlossen, sich keinesfalls in die Arbeit der Organisationen der Kärntner Slowenen in Österreich einzumischen, weil die, die dort lebten, am besten wüssten, wie sie ihr Überleben sichern sollten. So hatte der Klub von Anfang an die Tendenz, nur „nationalverteidigend“ zu arbeiten,'? obwohl die Mitglieder und auch der Vorsitzende des KKS bei diversen Gelegenheiten von der „ungerechten Grenze“ und von der „Wiedergutmachung geschehenen Unrechts“ sprachen.'? Dr. Felaher versuchte im Frühjahr 1934 sogar mit den nationalsozialistischen Behörden in Deutschland die Vereinbarung zu erreichen, dass im Falle eines Anschlusses Österreichs an das nazistische Reich Südkärnten Jugoslawien überlassen werde.'° Felaher standen bis zum Ausbruch des Krieges als Stellvertreter der Kanonikus Dr. Janko Arnejc, die Professorin Dr. Angela Piskernik und der Oberstaatsanwalt Dr. Luka Kravina zur Seite; Vorsitzender des Mariborer Unterausschusses war Ivan Hochmüller. Klubmitglied konnte „jeder im ehemaligen Kronland Kärnten, sofern es nicht an Jugoslawien gefallen ist, geborene oder bis zum 10. Oktober 1920 dorthin zuständige nationalbewusste Slowene männlichen oder weiblichen Geschlechts und ihre Nachfahren werden, ferner jeder, der mit nationaler Arbeit seine Liebe zu Kärnten bewiesen oder ihretwegen Verfolgungen erlitten hat“. Organe des Klubs waren der Ausschuss und die jährliche Vollversammlung (der „Kärntner Tag“). Seine Geldmittel stellte der Klub mit den Beitrittsgebühren und jährlichen Mitgliedsbeiträgen sowie mit Geschenken auf. In Maribor und Celje wurden Unterausschüsse gegründet, später auch in Trbovlje, Dravograd, Prevalje, Gustanj (Ravne na Koroskem), in Jesenice und Jezersko. Die Vorsitzenden der Unterausschüsse wurden automatisch zu stellvertretenden Vorsitzenden des Hauptausschusses. Nach einer Statutenänderung auf der 3. Vollversammlung in Celjeam 11. Oktober 1931 war die Tätigkeit des Klubs nicht mehr auf Slowenien beschränkt. Unterausschüsse in Zagreb und Belgrad wurden gebildet,'° aber gleich noch einigen anderen arbeiteten sie in den letzten Vorkriegsjahren nicht mehr. Der Klub sorgte für die ständige Präsenz der „Kärntner Frage“ in der slowenischen Öffentlichkeit, für die kulturelle Verbindung der Minderheit mit dem Muttervolk (z. B. Gastauftritte von Kärntner Sängern und Schauspielern), für Stipendien für Schüler und Studenten, Reisen und Ferien, sammelte finanzielle Hilfe für die Kärntner slowenischen Kulturvereine, stattete sie mit Büchern und Notenmaterial aus usw. Um Hilfe wandte er sich auch an die slowenischen Mitglieder der jugoslawischen Regierung. So schickte er am 4. Jänner 1936 ein Memorandum an den Innenminister Dr. Anton Koro$ec und bat ihn um Vermittlung in Wien hinsichtlich des Slowenischunterrichts in Kärnten und um die Gründung eines eigenen „Kärntner Kulturfonds“. In dem Memorandum stand, der Klub zähle in etwa 500 zahlende Mitglieder.” Auch zwischen den Kriegen blieb für die Kärntner Slowenen die zeitweilige oder ständige „innere Emigration“ von Bedeutung, nämlich in den nördlichen, deutschen Landesteil und in die großen österreichischen Städte, vor allem nach Wien und Graz. Mit der Ausbildung in Universitätszentren modernisierte die Minderheit ihre Struktur, wegen der schlechten Arbeitsmöglichkeiten für studierte Laien im zweisprachigen, wirtschaftlich schwach entwickelten Südkärnten aber blieben diese Intellektuellen außerhalb des gesellschaftlichen Lebens der Kärntner Slowenen. Einen gewissen Ersatz stellten die slowenischen Studenten- und Kulturvereine in Wien und Graz dar. An die Wiener „Emigration“ der Kärntner Slowenen ist eine Reihe kulturell und politisch bedeutender biographischer Episoden gebunden: Felaher und Piskernik gingen dort zur Zeit des plebiszitären Kampfes ihren Studienverpflichtungen bzw. ihrer fachlichen Weiterbildung nach, Prälat Dr. Rudolf Blüml arbeitete als Seipls Vertrauensmann, der Schriftsteller und Revolutionär Lovro Kuhar — Prezihov Voranc iiberstand dort als Arrestant viele Missgeschicke, den jungen Boris Kidri¢, den spiateren Fiihrer der KPS und des slowenischen Partisanenwiderstands, rettete ein Karntner, der Professor fiir Theologie Dr. Lambert Ehrlich, aus den Wiener Gefängnissen ... Bis Anfang der dreißiger Jahre war der Großteil der Fragen im Zusammenhang mit der Staatsnachfolge und der österreichischjugoslawischen (bzw. -slowenischen) Grenze und ihrem legalen Übertritt durch Grenzbauern mit Besitz auf beiden Seiten, Transporteure, Kulturarbeiter, Wallfahrer, Touristen, Alpinisten, Sportler, Feuerwehrleute usw. einer relativ zeitgemäßen Lösung zugeführt. Dazu trug die Arbeit der Konsulate in Ljubljana, in 1-2/2010 31