OCR
ton Korogec. Im September 1930 legte er sein Amt als Minister für Forst- und Montanwirtschaft in der Regierung Zivkovid mit der Ausrede nieder, seine Gesundheit sei angeschlagen, in Wahrheit aber, weil er nicht mehr mit Leuten zusammenarbeiten konnte, die nicht dem elementaren Grundsatz treu blieben, mit allen jugoslawischen „Stämmen“ gleich zu verfahren. Eine leise Verlegenheit wegen der inneren Verhältnisse Jugoslawiens machte sich auch in Paris und Prag breit, trotz der Unterstützung, die beide Regierungen dem Regime Aleksandars gewährten. Der immer entschiedenere Druck von Seiten des Auslands und innenpolitischer Kreise zwang den König, am 3. September 1931, zur Zehnjahresfeier seiner Ihronbesteigung, unerwartet eine neue oktroyierte Verfassung herauszugeben. Mit ihr wollte er die völlig verfahrene Lage retten, doch der Versuch war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die öffentliche Meinung Jugoslawiens nahm ihn wegen der Raschheit und autokratischen Selbstgenügsamkeit, die ihn kennzeichneten, mit feindlichem Misstrauen auf, um nichts besser war die Reaktion der ausländischen Presse. Einer der Hauptgründe für Aleksandar, die Verfassung zu „geben“, war der Wunsch, den Franzosen entgegenzukommen. Er brauchte dringend Kredite, doch die Pariser Bankiers vertrauten seinem autokratischen Regime immer weniger. Das Gesetz über die Parlamentswahlen vom 9. September 1931, das sich an Mussolinis Gesetz aus dem Jahr 1923 orientierte, verstärkte noch die Zweifel an der „Demokratizität“ seiner Vorsätze. Es war so abgefasst, dass es keiner politischen Gruppe, die nicht die Unterstützung des Königs genoss, die Möglichkeit gab, sich einzubringen. Es beruhte auf dem Majoritätsprinzip und sicherte der Mehrheitsliste zwei Drittel aller Mandate im Parlament, während es die übrigen auf Listen (inklusive der Mehrheitsliste) verteilt hätte, die mehr als 50.000 Stimmen erhalten haben. Natürlich wurde ein solches Gesetz, das nach der Meinung des Königs der Opposition erlaubt hätte, mit „gesunder“ Kritik an der Parlamentsarbeit mitzuwirken, von allen Parteien abgelehnt. Fast als revanchistische Maßnahme wurde in der folgenden Woche noch ein Gesetz veröffentlicht, das nur politische Vereinigungen ohne religiöses, ethnisches oder regionales Vorzeichen zuließ. Das bedeutete in der Praxis, dass keine der Parteien mehr in der Öffentlichkeit auftreten konnte. Die neue Verfassung verbot wie ihre Vorgängerin den Soldaten die aktive Teilnahme am politischen Leben. Deshalb versetzte sich General Zivkovié in die Reserve und kehrte als Träger der Nationalen Liste, die alle Anhänger des „radikalen Jugoslawentums“ vereinigen sollte, sofort wieder in die Politik zurück. In sie traten zahlreiche Mitglieder der alten Parteien ein, in der Überzeugung, dass man die Taktik ändern und die Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit dem Regime nützen müsse. Am Wahltag, dem 6. November 1931, fanden sich die Wähler vor einer einzigen Liste wieder, obwohl in einigen Wahlkreisen die Möglichkeit zur Auswahl unter mehreren Kandidaten bestand, selbstverständlich öffentlich und mündlich. Zweifel und Enttäuschung über die neuerliche Belebung des jugoslawischen Parlaments, welches sofort zum „Polizeiparlament“ erklärt wurde, äußerten auch ausländische Beobachter. Die internationale Presse, sogar die französische, verhehlte nicht, dass sie die Wahlen als „ordinäre politische Farce“ werte, während Hermann Wendel, Fachmann für russische und jugoslawische Geschichte, mit Ironie feststellte, dass die Duma des Zaren Nikolaj I. mehr Wiirde, Kraft und Freiheit hatte als das Belgrader Parlament. Am 4. April 1932 vertraute Aleksandar die Bildung einer neuen Regierung dem Außenminister Vojislav Marinkovid an, einem 36 ZWISCHENWELT gebildeten und geschickten Menschen, der behauptete, dass man zur verfassungsmäßigen Normalität zurückkehren müsse. Doch er überzeugte sich bald, dass daraus nichts würde, und vereinsamt, krank und geschlagen trat er bereits am 1. Juli 1932 zurück. Als dessen Nachfolger suchte sich Aleksandar Milan Srskid aus, der am Hof sehr beliebt, in diplomatischen Kreisen aber ebenso verhasst war. Über ihn wurde gesagt, er sei ein fanatischer bosnischer Serbe, ein Gegner der Muslime und ein äußerst korrupter Mensch. In den ersten Novembertagen des Jahres 1932 trat in Zagreb der Exekutivausschuss der Bäuerlich-demokratischen Koalition zusammen, der nach dem Staatsstreich am 6. Jänner in der Illegalität arbeitete. Bei dieser Gelegenheit gab er eine Proklamation in fünf Punkten heraus, in welcher er die Brutalitäten und die Amoralität des Regimes verurteilte und die Reorganisation des Staates unter Rückkehr auf den Status von 1918 forderte. Dem Zagreber Manifest folgten ähnliche Dokumente der übrigen Parteien, auf die die Macht nicht anders zu antworten wusste als mit propagandistischer und physischer Gewalt. Opfer wurden unter anderem auch der Führer der Slowenischen Volkspartei Anton Korosec und der Führer der Kroatischen Bauernpartei Vlatko Ma£ck. Ersterer wurde auf die Insel Krk verbannt, letzterer sogar vor den Sondergerichtshof zum Schutz des Staates gestellt und zu schwerem Kerker verurteilt. Obwohl mit den oben erwähnten Erklärungen die außerparlamentarischen Parteien bewiesen, dass sie noch lebten, wussten sie ihren Protest nicht miteinander abzustimmen und zu einer gemeinsamen politischen Aktion zu vereinen. Die Gegensätze zwischen ihnen waren zu groß, als dass sie im Widerstand gegen die Diktatur eine gemeinsame Sprache hätten finden können. Ende 1933 erkannte Aleksandar, dass er mit seiner Politik gescheitert war. Er versuchte zu retten, was zu retten war, und im Jänner 1934 löste er eine Regierungskrise aus, mit welcher er die Stelle des Ministerprasidenten Srskids langjährigem Rivalen Nikola Unzunovic anvertraute. Dieser Wechsel an der Spitze aber bestätigte nur die schlechtesten Eigenschaften des Regimes, nämlich das Fehlen fähiger und anständiger Leute, die nach den Worten des amerikanischen Gesandten wenigstens etwas Sinn für die „Kunst des Regierens“ hätten. Im Sommer 1934 wurde klar, dass der moralische und ökonomische Zusammenbruch der herrschenden Schicht nicht mehr fern war. Auch unter dem Druck der französischen Regierung, die ihm riet, sich mit den Kroaten zu verständigen, versuchte der König in der hoffnungslosen Anstrengung, sich zu retten, die alte Garde loszuwerden und Mitarbeiter zu finden, die von der Vergangenheit weniger kompromittiert waren. Er knüpfte Kontakte mit den bedeutenderen Führern der Opposition, mit Korosec und sogar mit Malek, um sich zu erkundigen, ob dieser bereit war, die Dynastie und die Ganzheitlichkeit des Staates anzuerkennen. Der kroatische Führer aber wollte nicht über Politik reden, solange er eingesperrt war. Aleksandar konnte offenbar den Hass, den seine repressive Politik bei den Kroaten entfacht hatte, nicht richtig einschätzen. Mitte Dezember 1933 besuchte er mit Königin Marija Zagreb, um dort seinen Geburtstag zu feiern, vor allem aber, um seine Beziehungen zur lokalen öffentlichen Meinung zu verbessern. Die feierliche Atmosphäre, die aus diesem Anlass die Behörden zu schaffen versuchten, wurde aber durch die Festnahme dreier Ustaschen getrübt, die mit der Absicht, ihn zu töten, in die Stadt gekommen waren. Überzeugt, dass hinter dem Attentatsversuch „der große Faschist“ stand, beabsichtigte Aleksandar, sowie sich