OCR
Leitung, bei Wahrung der inneren Autonomie der Gruppe, eine Hachscharah-Station in Goleni& (Kroatien) errichtet, aus der im Laufe der Jahre zahlreiche Pioniere des palästinensischen Aufbauwerkes, vorzüglich ausgebildet, jüdisch und hebräisch voll ausgerüstet, nach Erez Jisrael ausgewandert sind. Im Laufe des Jahres 1933 passierten das Zagreber Hilfskomitee rund 4400 Flüchtlinge, von denen im Lande selbst, zumeist in den Provinzstädten zerstreut, mit Ende des Jahres rund 1800 verblieben waren. Die Zeit war noch nicht gekommen, Sammelstatten zu errichten. Über diese Zahl hinaus kam natürlich in demselben Jahre wie auch in den folgenden eine ansehnliche Zahl von solchen Flüchtlingen nach Jugoslawien, die beim Komitee überhaupt nicht vorsprachen, sodass es von ihnen immer nur zufällig erfuhr, sei es, dass sie sich Existenzen schufen, sei es, dass sie anderswie nicht auf die Hilfe des Komitees angewiesen waren und es sich selbst ordnen konnten weiterzuwandern. Im Laufe des Jahres 1934 kamen neue 4200 Flüchtlinge nach Jugoslawien. Die Arbeit des Hilfskomitees wickelte sich störungslos ab. c) Die ersten Verbindungen mit HICEM und JOINT In der zweiten Hälfte 1934 gelang es dem Hilfskomitee, die Verbindung mit HICEM und JOINT herzustellen. Bis Ende des Jahres konnten mit Hilfe der HICEM 76 Personen zur Auswanderung nach den überseeischen Ländern gebracht werden. Während die Hilfskomitees in Jugoslawien für den gesamten Bedarf der Flüchtlinge — Unterstützungen, Verpflegung, Wohnung, Bekleidung, Gesundheitsdienst, Auslösung des Gepäcks, Taxen für Aufenthaltsbewilligungen und deren Prolongationen, Weiterwanderung, Spitalsspesen usw. — aufzukommen hatten, wofür im Jahre 1934 im Lande selbst Din 2.660.000 aufgebracht wurden, leistete für die oben erwähnten Zwecke der JOINT [...] seinerseits einen zusätzlichen Betrag von Din 120.000. [...] d) Vorübergehendes Abflauen des Flüchtlingsstroms Während der Jahre 1935, 1936 und 1937 sank die Ziffer der nach Jugoslawien geflüchteten Juden aus Deutschland wesentlich herab. Diese auffallende Tatsache mag vielleicht ihren Grund darin gehabt haben, dass die Judenheit in Deutschland vorübergehend sich trügerischer Hoffnungen auf die Stabilisierung der bis dahin geltenden Einschränkungen für die Juden hingab. [...] Auf Anregung des Hilfskomitees wurde anfangs 1935 ein Frauenhilfskomitee (Präsidentin Ala Tobolsky) gegründet. Es führte beträchtliche Geldsammlungen durch, sammelte auch überaus ansehnliche Mengen Kleider, Schuhe, Wäsche, Bücher, Spielzeug für Kinder u. a., unterhielt Näh- und Flickstuben und widmete den Kranken überhaupt, insbesondere aber den jungen und werdenden Müttern, ihre liebevolle menschliche Aufmerksamkeit. [...] Als es in späteren Jahren galt, die Sammellager regelmäßig zu besuchen, an Ort und Stelle Wünsche und Beschwerden mit Liebe und Verständnis entgegenzunehmen, Spielzimmer für Kinder einzurichten, die Lager mit allem Notwenigen zu versehen, da erwies sich dieses Frauenkomitee [...] auf der vollen Höhe seiner Mission. 56 ZWISCHENWELT [...] Wie überall, drängte sich auch dem Hilfskomitee in Jugoslawien die zwingende Notwendigkeit der Berufsumschichtung der Flüchtlinge, hauptsächlich also die Überführung der Geeigneten in landwirtschaftliche und gewerbliche Berufe, auf, ehe sie noch das Ziel ihrer Wanderung erreicht haben. Dieser Aufgabe widmete das Hilfskomitee ihr [sic] volles Augenmerk und begegnete bei den Leitern der Umschulungskurse ebenso großem Verständnis dafür wie bei den in Betracht kommenden Flüchtlingen selbst. Hiebei sei hervorgehoben, dass die gewerbliche Ausbildung der Flüchtlinge die bereits bestehende Zentralstelle für soziale produktive Hilfe unabhängig vom Hilfskomitee und mit eigenen Mitteln und Lehrkräften durchführte, ebenso wie es der Zionistische Landesverband übernahm, die Flüchtlinge in die verschiedenen Hachschara-Stationen einzuordnen. [...] e) Starkes Anschwellen des Flüchtlingsstroms Die Jahre 1938 bis einschließlich 1940, insbesondere das Jahr 1939, sind durch ein überaus großes Anschwellen der Zahl der nach Jugoslawien geflüchteten Juden gekennzeichnet. [...] Das Jahr 1938 — das Jahr der Besetzung Österreichs und der Sudetenländer — brachte weitere 9.100 Flüchtlinge nach Jugoslawien. Die Mehrzahl davon österreichische, hauptsächlich Wiener Juden. Sofort nach der Besetzung Österreichs wurden die ersten Juden aus dem Burgenland (Rechnitz) vertrieben; wochenlang bangten sie, vom Hilfskomitee in Zagreb verpflegt und vom Ärgsten bewahrt, im engen Streifen des „Niemandslandes“ zwischen Österreich und Jugoslawien. Schließlich gelang es der schier übermenschlichen Mühe des Hilfskomiteepräsidenten Dr. Max Pacherhof, vom jugoslawischen Innenminister die Bewilligung zur Einreise zu erhalten. Diese Bewilligung war jedoch an die Bedingung geknüpft, dass diese Flüchtlinge in einem Orte, und zwar in Podravska Slatina (etwa 150 km von Zagreb) zu konzentrieren sind. Damit war das erste Flüchtlingssammellager mit 80 Insassen geschaffen. Damit begann auch der immer stärker anschwellende Zustrom der jüdischen Flüchtlinge aus Österreich; über Berge und Täler, über Flüsse und Schluchten, zu Fuß, mit der Bahn, in Automobilen, Fuhrwerken und Lastwägen, bei Tag und bei Nacht überschritten sie die Grenze Jugoslawiens. Und Tag und Nacht waren die Funktionäre des Zagreber Hilfskomitees auf den Füßen. Wo immer es erforderlich war, ohne Unterlass sandte es Fahrzeuge an die Grenze, sammelte dort die Unglücklichen ein und brachte sie nach Zagreb. Der Vertreter des Hilfskomitees in der Grenzhauptstadt Maribor, Marko Rosner, vollbrachte das wahre Wunder, unter Gefährdung seiner persönlichen Sicherheit und Freiheit. Er leistete an der österreichisch-jugoslawischen Grenze Unbeschreibliches, um die Flüchtlinge legal oder illegal herüberzuretten. Er führte die Verhandlungen mit den, übrigens in der Mehrzahl wohlwollenden, Grenzpolizeiorganen, denen selbst esan Menschlichkeit nicht fehlte. Die damit verbundenen Auslagen, mehrere Hunderttausende von Dinaren, leistete dieser edle Mann ohne Wiedererstattung aus Eigenem. Weitere Sammellager wurden im Laufe der Zeit errichtet; die Behörden duldeten es nicht mehr, dass das Gros der Flüchtlinge sich in den Städten aufhalte. Der Staat ergriff Maßnahmen, um den Zustrom der Flüchtlinge zu unterbinden, verschärfte die Bewachung der Grenzen; Einzelne wurden sogar zurückgeschickt.