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Den Dichter und Zeichner Bruno Schulz (1892 — 1942) vorzustellen, hieße Eulen ins galizische Drohobycz tragen. Trotzdem, gleichsam zur Einstimmung, einige Eckdaten und Anmerkungen zu seiner Ermordung, danach die neuen Forschungsergebnisse: Hineingeboren in eine jüdischen Textilhändlerfamilie wollte er nach der Matura Maler werden. Die finanziellen Verhältnisse ließen ihn jedoch ein Architekturstudium beginnen, der allzufrühe Tod des Vaters und die darauffolgende schlechte miserable wirtschaftliche Situation zwangen ihn, sich als Zeichen- und Werklehrer über Wasser zu halten. Trotzdem entstand ein umfangreiches Werk, zuerst Zeichnungen und graphische Blätter (so der Zyklus „Das Buch vom Götzendienst“ in der Technik des Cliche verre), später dann die Prosa, die ihn berühmt machte. Zu einigen Erzählungen und zum Kurzroman „Sanatorium pod klepsydra“ („Das Sanatorium zur Todesanzeige“ schuf er Hlustrationen, das Zeichnen, aber auch Malen (es sind leider kaum Gemälde erhalten) gab er nicht auf und hat ihn begleitet bis zu seinem Tod. Eine wichtige Rolle in seiner Entwicklung weg vom bescheidenen und bildenden Künstler hin zum Schriftsteller spielten Anfang der 1930er Jahre die Philosophin und Lyrikerin Debora Vogel und die Schriftstellerin Zofia Natkowska. Schulz war ein leidenschaftlicher Briefeschreiber; von den kulZeichenlehrer turellen Ereignissen in den Zentren des Landes ausgeschlossen, hatte er ständig das Gefühl ins Leere zu schreiben. Ausgehend von seinen Briefen, in denen oftmals Ansätze von Geschichten aus dem Drohobyczer Leben steckten, entwickelte er unter Einsatz von Anachronismen, Regionalismen und Metaphern seine ganz spezifische Erzählkunst, nämlich die für sein Schreiben so charakteristische Mythisierung der Wirklichkeit. Im Herbst des Jahres 1933 (vordatiert auf 1934) erschien der Band „Sklepy cynamonowe“ („Die Zimtläden“), danach wurden sukzessive seine Erzählungen in angesehenen Literaturzeitschriften veröffentlicht. 1936 wurde er mit dem „Goldenen Lorbeer“ der Polnischen Akademie für Literatur ausgezeichnet. Als die deutsche Wehrmacht nach dem Überfall auf die Sowjetunion bis nach Galizien vordrang, musste Schulz 1941 ins das Ghetto der Stadt übersiedeln, am 19. November 1942 wurde er von einem Angehörigen der Gestapo auf offener Straße erschossen. Der genaue Tathergang ist, wie die Identität des Täters, bis heute ungeklärt. Das Schulz, durchleuchtet zur phantastischen Literatur erzählerische Werk von Bruno wissenschaftlich erforscht und gerechnet, ist mittlerweile Weltliteratur und in 26 Sprachen übersetzt. Speziell in Italien scheint das Interesse groß zu sein. Der italienische Historiker Paolo Caneppele, derzeit Leiter des österreichischen Filmmuseums, hat aus einem Vortrag, einem auf Polnisch erschienenen Aufsatz und der in Gorizia erschienenen Studie „La republicca dei sogni. Bruno Schulz, cinema e arti figurative“ (2004) ein Buch das Mithilfe mehrerer, in der Danksagung angeführzusammengestellt, unter ter Personen nun auf Deutsch erschienen ist (ein „Bravo!“ & „Gra- a zie tante!“ dem Grazer CLIO-Verlag). Wie der italienische Titel schon verrät, geht Caneppele vor allem den Einflüssen nach, die die oder Bilderwelt sowohl auf die damalige mehr weniger triviale Textgestaltung als auch auf Sprach-Bilder von Doch seinen Forschungen lieSchulz ausübte. fern auch noch einige andere, vom Dichter und Schulzbiographen Jerzy Ficowski noch nicht berücksichtigte Fakten: Zum einen die Tatsache, dass sich Schulz länger als bisher angenommen, nämlich dreieinhalb Jahre (1914 — 1917 sowie 1923) in Wien aufgehalten hat; Meldezettel belegen diesen Zeitraum. Ein weiteres Dokument beweist, dass Schulz an der Technischen Universität Wien immatrikuliert war. Schulz, so folgert Caneppele, dürfte also auch in der Hauptstadt der Monarchie von diversen Illustrationen, skurrilen Berichten und Werbeeinschaltungen in Zeitungen und Zeitschriften inspiriert worden sein. Eine weitere Neuigkeit aufgrund seiner Forschungen betrifft die Erschießung von Schulz, dieses sinnlose Ende eines großen Künstlers. Im Simon Wiesenthal Center fand Caneppele Zeugenaussagen, die Zweifel an der Täterschaft von Karl Günther erwecken und den Schluss zulassen, dass auch andere Personen für den Mord an Schulz in Frage kommen. Das Buch „Die Republik der Träume“ — so der von Schulz entliehene und, weil so treffend, gern verwendete Titel — stellt in mehreren Kapiteln eine Verbindung her zwischen dem als phantastisch bis surreal empfundenen Mikrokosmos in den Erzählungen (Die Zimtläden“, „Das Sanatorium zur Todesanzeige“) und den bei genauerer Betrachtung nicht minder phantastischen und obskuren Ding- und Werbewelten unmittelbar vor und nach 1-2/2010 79