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für unseren Reisekameraden Serhij singen... Happy Birthday auf deutsch, ukrainisch, russisch, polnisch, französisch und kroatisch. Und so bekomme ich gegen Ende dieser Reise ein Gefühl, wo das multikulturelle Erbe Galiziens heute noch lebendig erfahrbar ist: Nicht nur in Geburtstagsliedern in vergangenen und gegenwärtigen Sprachen Galiziens, sondern auch in meiner Geldbörse hat sich Galizien versammelt, Zioty, Hryvna und Euro in einembunten Durcheinander. Przemy3lliegt heute an der polnischen EU-Außengrenze, im Habsburgerreich galt diese Stadtalsösterreichische Hauptfestung in Galizien. Da Galizien nach Norden und Osten ohne natürliche Hindernisse war, kam dieser Stadt am Fluss San strategische Bedeutung zu. An das jüdische Erbe der Stadt erinnert die ehemalige Synagoge, in der heute eine Bücherei untergebracht ist... Von der Synagoge zur Bibliothek, auch hier ein Ort im Wandel der Zeit: Wir sind uns einig, dass Bücher wohl als angemessene Bewohner dieses Hauses gesehen werden können. Vor verschlossenen Toren Unsere letzte Station auf unserer galizischen Reise wird Krakau sein, auf unserer Fahrt machen wir noch in Tarnöw halt. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten hier 25.000 Juden, die Hälfte der Bevölkerung. Von hieraus ging dererste’Iransport polnischer Zwangsarbeiter beginnend mit der Häftlingsnummer 31 nach Auschwitz. Tarndw ist heute ein Ort, der lebendig an seine jüdische Geschichte erinnert, die jüdische Vergangenheit ist im Stadtbild präsent. Nicht nur der jüdischen Geschichte wird hier Raum gegeben. Wir besuchen das Roma-Museum, das ein Ort der Begegnung zwischen Vergangenheit und Zukunft sein soll. Die Geschichte der Roma wird als Geschichte der Verfolgung thematisiert, Stereotype und Klischees werden hinterfragt. Die Veranstaltungen des Museums sollen junge Roma für ihre Herkunft interessieren und ihnen Selbstbewusstsein vermitteln. Wir wollen auch hier noch den jüdischen Friedhof besuchen. Es ist schon spät, die Zeit drängt, wir müssen an die Weiterfahrt nach Krakau denken. Das Tor zum Friedhof ist verschlossen, auf einer Tafel wird darauf hingewiesen, dass das Originaltor im United States Holocaust Museum ausgestellt ist. Den Friedhof kann man nur besichtigen, wenn man sich den Schlüssel aus einem städtischen Museum abholt. Da die Zeit drängt, finden wir uns damit ab, dass wir diesen Friedhof nur von außen sehen werden. Doch als plötzlich zwei Mädchen auftauchen, die den Schlüssel haben, wollen wir doch hinein. Das Tor scheint Widerstand gegen diese Besucherinvasion zu leisten und lässt sich nicht öffnen, auch nicht, als immer mehr Leute daran rütteln. In der Abendsonne hinter dem Tor liegt eine Katze, die sich von dem sich bietenden Schauspiel unbeeindruckt zeigt, fast wissend, dass die Toten hier ihre Ruhe wollen. Schattiges Krakau Es ist richtig heiß geworden: In Krakau suchen wir den Schatten der Planty, der Parkanlagen, welche die Altstadt umgeben. Gemeinsam mit Horden von Schulklassen besuchen wir den Wawel, alte und neue Gräber erzählen uns die Geschichte Polens. Unsere Reise durch Galizien führt uns noch in das Galicia Jewish Museum. Hier werden wirvon einem österreichischen Gedenkdiener durch die Fotoausstellung mit dem Titel „Traces of Memory“ geführt. Die Fotos zeigen das jüdische Erbe Galiziens und so bietet dieser Museumsbesuch eine Möglichkeit, die Eindrücke der Reise noch einmal Revue passieren zu lassen. Wir schen, wie Erinnerung gemacht wird und bewegen uns vom „Jewish Life in Ruins“ zu „People Making Memory Today“. Der letzte Abend klingt im Restaurant Galicia aus. Von Krakau aus werden wir in den Nachtzug nach Wien, der auch am Bahnhof von O$wiecim halt macht, steigen. Noch einmal denke ich darüber nach, was Galizien heute ist: Galizien ist das Land der Grenzen... Galizien ist vielschichtig... aber vielleicht ist Galizien eine Geschichte in Bildern... und vielleicht ist Galizien ein verschlossenes Tor oder ein Tor mit vielen Schlössern. Aufalle Fälle ist Galizien ein Land mit vielen Namen. Das Doktoratskolleg „Das österreichische Galizien und sein multikulturelles Erbe“ (http://dk-galizien. univie.ac.at) ist ein vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördertes an der Universität Wien angesiedeltes Projekt zur transdisziplinären und interkulturellen Erforschung jenes ehemaligen Kronlandes. Beteiligt sind die Wiener Germanistik (Annegret Pelz, Johann Sonnleitner), Geschichte (Christoph Augustynowicz, Andreas Kappeler, Andrea Komlosy), Judaistik (Klaus Samuel Davidowicz) und Slawistik (Michael Moser, Stefan Simonek, Alois Woldan). Im Rahmen dieses Kollegs, das nun schon in die zweite Runde starten konnte, werden insgesamt 14 KollegiatInnen (9 interne und 5 assoziierte Mitglieder) in den nächsten drei Jahren an ihren Dissertationen zu Galizien und seinem multikulturellen Erbe arbeiten können. Gefördert werden im Rahmen des Kollegs auch die Beziehungen zwischen Österreich, der Ukraine und Polen. Im Juni 2010 begaben sich die 14 KollegiatInnen, zusammen mit den beiden PostDoc-KoordinatorInnen sowie Christoph Augustynowicz, auf eine gemeinsame Reise, um die Spuren Galiziens in der heutigen Ukraine und in Polen zu entdecken. Anmerkungen 1 Daniel Mendelsohn: The Lost. A Search for Six of Six Million. New York, London, Toronto, Sydney: Harper Perennial 2007, 485. 2 Jonathan Safran Foer: Everything is Illuminated. New York: Harper Collins 2003, 30f. 3 Omer Bartov: Erased. Vanishing Traces of Jewish Galica in Present-day Ukraine. Princeton and Oxford: Princeton University Press 2007. 4 Aus dem Album „Von hier an blind“, 2005, der Musikgruppe „Wir sind Helden“. Der jüdische Friedhof von Tarnöw