OCR
dem UNO-Sicherheitsrat am 16. April 1948: „Der Vertreter der Jewish Agency hat uns gestern gesagt, dass sie nicht die Angreifer waren, dass die Araber den Kampf begonnen haben. Wir haben das nicht geleugnet. Wir haben der ganzen Welt gesagt, dass wir kämpfen werden.“? Bereits am 9. September 1947 erklärte Husseini laut New York Times, dass die Araber „ nie erlauben werden, dass auf einem Zentimeter von Palästina ein jüdischer Staat gegründet wird“, und er warnte eindeutig, dass Versuche „irgendeine Lösung entgegen dem arabischen Erstgeburtsrecht zu finden, nur zu Unruhen und Blutvergießen und vielleicht zum Dritten Weltkrieg führen würde.“ Hinter solchen tödlichen Drohungen, die man an die ganze Welt richtete, konnte man in der arabischen Welt religiöse Hetze gegen Juden in den öffentlichen Radiosendungen und in den Moscheen wahrnehmen. Eine prominente Rolle spielten dabei der Jerusalemer Mufti Hadj Amin el-Husseini, der damals die Araber Palästinas führte, sowie die religiösen Gelehrten der AlAzhar-Universität in Kairo, der höchsten religiösen Autorität des sunnitischen Islam, die sofort nach dem UNO-Generalversammlungsbeschluss am 29. November 1947 einen offiziellen Aufruf für einen „weltweiten Jihad“ erließen. Religion war ein zentrales Element der Kriegsanstrengungen, wie es Muhammad Mamun Shinawi, Rektor der Al-Azha-Universität der ägyptischen Truppe erklärte, die gerade die Grenze bei Rafah am 15. Mai 1948 überschritt, um den soeben entstandenen Staat Israel zu liquidieren: „Die Stunde des Jihads hat geschlagen... Das ist die Zeit, in der Allah das Paradies versprochen hat.“* Welche Bedeutung diese Geschichte immer noch hat, erfuhr ich im November 2009, als ich in einem linken Jugendzentrum in Bielefeld einen Vortrag über Antisemitismus und Rassismus in Ungarn halten sollte und mir dies mit der Begründung verwehrt wurde, ich hätte 1948 im Palmach gekämpft, Kriegsverbrechen begangen und sei Zionist. In Wirklichkeit waren diese Leute nicht an meiner Vergangenheit interessiert, sie haben mich nicht einmal befragt. Es ging ihnen offensichtlich lediglich um OpferTäter-Umkehr.’ Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus konnten oder wollten Hunderttausende Überlebende nicht mehr in ihre Herkunftsländer zurückkehren. In Polen, der Slowakei und in Ungarn kam es nach 1945 zu Pogromen, und so setzte eine Fluchtbewegung nach Österreich und Deutschland ein. Die westlichen Staaten hießen diese Menschen, die alles verloren hatten, nicht willkommen, in Deutschland und insbesondere in Österreich waren sie keineswegs erwünscht. Der Druck zur Einwanderung ins Land Israel ging von diesen Menschen aus, doch die britische Labour-Regierung setzte die Politik des 1939 veröffentlichten Weißbuches entgegen allen Versprechungen auch nach dem Krieg fort; die jüdische Einwanderung nach Palästina wurde radikal beschränkt. Hingegen änderte die antizionistische Sowjetunion ihren Kurs. Die SU-Vertreter in den Vereinten Nationen gaben sich zionistischer als die Zionisten. Italienische und französische Hafenarbeiter unterbrachen einige Male ihre Streiks, um illegale jüdische Einwandererschiffe zu beladen. Die Tschechoslowakei lieferte im Frühjahr 1948, noch vor der Gründung des Staates Israel, Waffen, ohne die der jüdische Staat nicht hätte existieren können. 44 ZWISCHENWELT Die schändliche Rolle, die der Mufti von Jerusalem, Amin elHusseini, an der Seite Hitlers gespielt hatte‘, war damals noch nicht vergessen, die Existenz des jüdischen Staates stand auf dem Spiel. Anfang 1946 meldete ich mich,noch keine 18 Jahre alt,mit meiner Jugendgruppe zum Palmach. Die meisten jungen Männer kamen wie ich aus linken zionistischen Jugendbewegungen, und es herrschte die Atmosphäre einer „bewaffneten Jugendbewegung“. Der Palmach war während der acht Jahre seines Bestehens immer eine kleine Einheit, 1947 waren lediglich 2.200 aktive Kämpfer im Palmach organisiert. Die meisten von uns arbeiteten jeweils zwei Wochen in den Kibbuzim und beschäftigten sich dann wieder zwei Wochen mit militärischen Übungen. Nach drei Monaten harter Ausbildung mit täglichem ZwölfKilometer-Lauf leisteten wir am 15. Juni 1946 den Eid, dem jüdischen Volk treu zu dienen. Jigal Allon, der damalige Kommandant des Palmach, hielt eine Ansprache. Er sprach von „Tohar haneschek“, der Sauberkeit der Waffe; darunter verstand man, dass man die Waffe nicht gegen Zivilisten und Gefangene einsetzt. Dieser Grundsatz sollte erst im Krieg seine Bedeutung erlangen. Zwei Wochen nach unserer Vereidigung, am 29. Juni 1946, kam es zum Schwarzen Sabbat, als die britische Armee in jüdischen Siedlungen Waffen suchte und auch fündig wurde. Tausende Juden wurden interniert, doch unsere Ausbildung und die Arbeit gingen weiter. Im Sommer 1947 wurde ich zum zweiten Palmach-Regiment in den Negev gesandt, um die dort verlegte Wasserleitung zu bewachen. Diese Leitung war die Lebensader der weit verstreuten jüdischen Siedlungen. Die Straßen, die zu den Siedlungen führten, waren noch nicht asphaltiert, und die Autos wirbelten viel Staub auf. Unsere Einheit von zehn Palmach-Mitgliedern trat freiwillig der jüdischen Hilfspolizei seiner Majestät des britischen Königs bei, damit wir legal eine Waffe tragen konnten. Gegen Ende des Sommers 1947 waren wir im religiösen Dorf Tkuma in der Nähe von Gaza stationiert und patrouillierten Tag und Nacht entlang der Wasserleitung. Die Anzahl der von Beduinen verübten Sabotageakte ging zurück, auch wenn es uns nicht gelungen war, die Täter zu fassen. Am 29. November verfolgten wir gespannt im Radio die Abstimmung der Uno-Generalversammlung, in der die Teilung des Landes beschlossen wurde. In den Straßen Jerusalems und Tel Avivs wurde getanzt, aber schon am nächsten Morgen meldete das Radio einen arabischen Überfall auf zwei jüdische Autobusse mit sieben Todesopfern. Die Täter wurden angeführt von Hassan Salam. Er, ein enger Freund des Mufti, war 1944 als deutscher Agent mit einem Fallschirm abgesprungen und hatte den Briten als einziger seiner Gruppe entkommen können.’ Im Dezember 1947 kehrte der Mufti Hadj Amin el-Husseini zurück ins Land, und schon am 2. Dezember 1947 begannen ein arabischer Generalstreik und Angriffe auf jüdische Viertel in den gemischten Städten Haifa und Jerusalem. Bereits in der ersten Woche nach Bekanntgabe des Teilungsplans der UNO gab es 62 jüdische Todesopfer. Von Tkuma aus gingen wir zu fünft auf Patrouille, immer zu Fuß. Die eine Gruppe übernahm die Nachtschicht, die andere die Tagschicht. Am Morgen des 13. Dezember 1947 sollte ich