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Am 16. November 1944 wurde das Ehepaar Schatz verhaftet und in das Zwangsarbeiterlager Gräditz deportiert. Nach der Befreiung aus dem Lager durch die Rote Armee konnte es 1945 nach Wien zurückkehren. Der damalige Stadtrat für Kultur und Volksbildung Viktor Matejka verschaffte Schatz Aufträge und ein Atelier. 1947 erhielt Schatz den - allerdings cher symbolisch dotierten — Preis der Stadt Wien für Grafik. Bei einem Wettbewerb für die künstlerische Ausgestaltung des Westbahnhofes wurde ihm zwar der erste Preis zuerkannt, letztlich wurde sein Entwurf aber niemals realisiert. Eine von Matejka betriebene Bestellung von Schatz als Professor an der Akademie der bildenden Künste wurde von Adolf Schärf hintertrieben. Schatz, der sich zeitlebens kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegte, hatte den späteren Vizekanzler halböffentlich als „den ärgsten Opportunisten“ tituliert, was diesem hinterbracht worden war. Der verhinderte Professor lebte vor allem von seinen Erotika, die er vornehmlich an USSoldaten verkaufte, und von gelegentlichen Ilustrationsaufträgen für eher unbedeutende Bücher und Broschüren des ÖGB. Otto Rudolf Schatz starb 1961 in Wien. Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren der Künstler und sein Werk vollkommen vergessen. Seine graphischen Arbeiten wurde auf Flohmärkten zu Schleuderpreisen gehandelt. Seine größeren Bilder kamen aus den Depots nicht mehr heraus. Auch im Kunsthandel waren selbst Schatz‘ großartige, magisch-mythisch-sozialkritische Ölund Tafelbilder der Zwischenkriegszeit Ladenhüter und wurde alsbald nicht mehr präsentiert. Nur seine zahlreichen erotischen Blätter waren gerade noch als bessere Wichsvorlagen für die Kabinette kleinbürgerlicher Sammler einigermaßen geschätzt, was zur damaligen Zeit nicht gerade einen Reputationsschub für den Nachruhm eines bildenden Künstlers bedeutete. Ab den Siebziger Jahren begann der Wiener Psychologe Wilfried Daim quasi im Alleingang und weitgehend unbemerkt von Kunsthistorikern, Kustoden, Kritikern usw. Schatz intensiv zu sammeln und kaufte zunächst praktisch das gesamte verfügbare (Euvre des vergessenen, völlig unterbewerteten Künstlers auf. „Es war wie ein Stich“, erinnerte er sich später an seine erste Begegnung mit Holzstichen des Künstlers. Ab Ende der Achtziger Jahre entfaltete der Privatsammler mit seiner inzwischen bedeutenden Sammlung eine rege Ausstellungs- und Publikationstätigkeit für den von ihm favorisierten Künstler. Einen sowohl von der Quantität wie auch der Qualität gewichtigen Teil des Schatzschen (Euvres blendete sein engagierter Propagator allerdings großteils aus: Otto Rudolf Schatz war nach Peter Fendi wohl der bedeutendste pornographische Künstler Österreichs. Seine graphische, aber auch malerische Beschäftigung mit dem Sexus war eine lebenslange, wobei die Zahl seiner entsprechenden Werke in die Tausende gehen dürfte. Qualitativ sind viele dieser Arbeiten, die meisten davon wohl Aquarelle, durchaus neben seine sozusagen wohlanständig-engagierten Bilder und politisch korrekten Grafiken zu stellen, ja vielfach übertreffen sie diese noch in ihrer Leichtigkeit, malerischen Brillanz und Vitalität. „Eine herausragende, komplexe Erscheinung ist Otto Rudolf Schatz. Wir kennen ihn als neusachlichen Maler und Holzschneider proletarischer Typen oder menschenfeindlicher Industrielandschaften. Er hatte aber zugleich eine Ader für das erotische Sujet und stand der Dramatik des Geschlechterkampfes wie der pornographischen Kulinarik gleich nahe“, urteilte Peter Gorsen. In den Neunziger Jahren wurde Otto Rudolf Schatz‘ Ölgemälde „Die Schaustellung“ aus dem Besitz von Wilfried Daim für 280.000 Euro an den Wiener Unternehmer Hans Schmid verkauft. Schatz war damit endgültig durchgesetzt, auch nach den oft nur monetären Kriterien des Kunstmarktes. Manfred Wieninger, geb. 1963 in St. Pölten, wo er heute nach einigen Jahren im Wiener Exil wieder lebt. Studium der Germanistik und Pädagogik. Bisher fünf Kriminalromane mit dem schrägen „Harlander Diskontdetektiv“ Marek Miert. 2009 erschien „Rostige Flügel“ als Taschenbuch im Züricher Unionsverlag, 2010 „Prinzessin Rauschkind“ bei Haymin in Innsbruck“. Zahlreiche Forschungen und Aufsätze zu Verfolgung und Widerstand in St. Pölten. [S Museum unter freiem Himmel - einer der ganz wenigen öffentlichen Aufträge, die Otto Rudolf Schatz jemals erhalten hat, war der für ein vier Stockwerke hohes Mosaik mit dem Titel „100.000 neue Wiener Wohnungen“ im Franz-Novy-Hof, Pfenniggeldgasse 4a, in Wien-Ottakring, das der Künstler Mitte der Fünfziger Jahre geschaffen hat. — Foto: Manfred Wieninger, 2010. Februar 2011 25