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dass Schleich am besten arbeitete, wurde er von uns offiziell mit der Angelegenheit betraut. Und Kuchmann ergänzte: Es ist richtig, dass der Staatspolizei die Beförderung der Juden durch Schleich erwünscht war, da wir ein Interesse daran hatten, die Juden aus Deutschland wegzubekommen. |...] Von uns aus wurden dem Angekl. die Juden im Weg der Gestapo oder Kripo zugewiesen, die er abzuschieben hatte. Hierfür erhielt er von der Kultusgemeinde pro Kopf einen Betrag von 150 RM. Ich wurde nur von den jeweiligen Transporten verständigt. Wohin er die Juden zu bringen hatte, wurde nicht mit uns, sondern mit der Hicem in Agram vereinbart. Wir wollten sie lediglich über die Grenze gebracht wissen.” Andere Personen hatten ebenfalls Jüdinnen und Juden über die Grenze schleppen wollen. Sie waren von den Behörden mit Hilfe einer Falle, bei der Josef Schleich den Agent Provocateur gespielt hatte, ausgeschaltet worden, wie er selbst im Prozess 1941 berichtete: So bin ich einmal mit Herrn Oberinsp. Epple von Graz nach Wien gefahren, wobei ich den Auftrag hatte, illegale Judenschlepper aus Jugosl. zuammenzutrommeln, sie in mein Zimmer zu führen, ihnen nur scheinbar Aufträge zu erteilen, insbes. auch wertvolle Schmuckstücke hinüber schmuggeln zu lassen. Während hinter einem Vorhang in meinem Hotelzimmer Beamte der Zollfahndungsstelle Graz und Wien safsen, um auf diese Weise auf die Schleichwege und auf die Art, wie diese Schlepper Schmuck und Geld über die Grenze brachten, zu kommen. So gab ich unter anderem im Einverständnis des Herrn Epple und in seinem Aufirage den Judenschleppern 1.000 RM, die sie über die Grenze bringen sollten. Herr Epple war bei der Abfertigung der Schlepper persönlich zugegen. Die Juden wurden abgefangen, ich bekam aber die 1.000 RM nicht zurück.” Schleich wurde im März 1941 schließlich selbst festgenommen und verurteilt, weil er versucht hatte, den NS-Staat zu übervorteilen und weil seine Dienste — Jüdinnen und Juden über die jugoslawische Grenze zu bringen — zu diesem Zeitpunkt vom Regime nicht mehr benötigt wurden. Schleichs Aktivitäten als Judenschlepper per se waren hingegen kein Grund für die gegen ihn ergriffenen Maßnahmen. Heimo Halbrainer, Mag. Dr., Historiker in Graz, Leiter von CLIO und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centrum für Jüdische Studien der Universität Graz. Zahlreiche Publikationen zur NS-Herrschaft und dem Umgang mit der Zeit nach 1945, u.a. gemeinsam mit Gerald Lamprecht und Ursula Mindler: unSICHTBAR. NS-Herrschaft: Verfolgung und Widerstand in der Steiermark (Graz 2008); „Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant.“ Denunziation in der Steiermark 1938-1945 (Graz 2007); „Die im Dunkeln sieht man doch.“ Frauen im Widerstand — Verfolgung von Frauen in der Steiermark (Graz 2007). Zudem Mitherausgeber Bücher vergessener steirischer Autoren — gemeinsam mit Christian Teissl: Erich Herbert Schneider, Gedichte aus dem Paulustor (Graz 2008); gemeinsam mit Karl Wimmler: Josef Martin Presterl, Im Schatten des Hochschwab (Graz 2010). Anmerkungen 1 Brief von Mordecai Paldiel an Robert Weiss, 28.4.2004. 2 Joseph Ithay: Joshko‘s Children. Expanded by Robert R. Weiss. Kopie im (DOW). — Die deutsche Pädagogin Recha Freier hatte knapp vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland die „Jugend-Alija“ gegründet, deren Ziel es war, jüdische Jugendliche ohne ihre Eltern in das damalige Palästina zu bringen und sie dort in kollektiven Siedlungen zu erziehen. In der NS-Zeit hatte sich die „Jugend-Alija“ zu einem wichtigen Rettungsprogramm entwickelt. Zur Geschichte der Jugend-Alija und Recha Freiers Konflikten mit der damaligen Leitung der Jugend-Alija siehe Gabriele Anderl: Emigration und Vertreibung. In: Erika Weinzierl, Otto D. Kulka: Vertreibung und Neubeginn. Israelische Bürger österreichischer Herkunft. Wien, Köln, Weimar 1992, S. 218ff., vor allem S. 251f. 3 DOW 22.883: E-Mail von Robert Weiss an das DOW, 14.12.1996; Joskos Kinder. Flucht und Alija durch Europa, 1940-1943. Josef Indigs Bericht. Hg. v. Klaus Voigt. Berlin 2006. (Biicher des 9. November. Bd. 10). 4 Steiermarkisches Landesarchiv (StLA), Landesgericht fiir Strafsachen, Vr 7329/47: Brief Ludwig Reisz an die Politische Polizei Graz, 30.4.1946. 5 StLA, Vr 7329/47: Antrags- und Verfügungsbogen. 6 Biografische Daten finden sich im Akt des Volksgerichts Graz gegen Josef Schleich: StLA, Vr 7329/47. Im Volksgerichtsakt aus dem Jahr 1947 liegt auch der Gerichtsakt Vr 612/41 gegen Josef Schleich aus dem Jahr 1941. In der Folge wird aus den beiden Akten wie aus getrennten Akten zitiert. Schleichs Niederschriften und die Vernehmungsprotokolle sind mit Vorsicht zu verwenden. Erste Arbeiten zu Schleich stammen vom ehemaligen Direktor des Steiermärkischen Landesarchivs. Vgl. Walter Brunner: Der Steirer Josef Schleich (1902 — 1949) — Judenschlepper oder Fluchthelfer im Dritten Reich? Vortrag bei der Jahreshauptversammlung des Historischen Vereins für Steiermark 2000. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark 91/92 (2000/2001), S. 589-599; Walter Brunner: Josef Schleich. Der Grazer Judenschlepper an der steirisch-jugoslawischen Grenze 1938 bis 1941. In: Signal 2003/2004, S. 16-31. Bereits 1999 hat die Tochter Josef Schleichs ein Buch vorgelegt: Hannelore Fröhlich: Spurensuche. Mit einem Nachwort von Walter Brunner. Graz 1999. 2007 erschien von ihr: Judenretter —- Abenteurer — Lebemann: Mein Vater Josef Schleich. Spurensuche einer Tochter. Berlin 2007. 7 StLA, Vr 612/41: Leumundszeugnis mit Strafliste, 19.3.1941. 8 StLA, Vr 612/41: Vernehmung von Josef Schleich, 12.3.1941. 9 Otto Klein anlässlich der Präsentation des Buches „Joskos Kinder“ am 6. Mai 2008 im Stadtmuseum Graz. Vgl. Gabriele Anderl: Alfred und Otto Günter Klein. In: Angelika Hagen, Joanna Nittenberg (Hg.): Flucht in die Freiheit. Österreichische Juden in Palästina und Israel. Wien 2006, S. 227243. 10 Vgl. allgemein Gabriele Anderl: Die „Umschulungslager“ Doppl und Sandhof der Wiener Zentralstelle für jüdische Auswanderung. In: David 58, September 2003 bzw. David 60, März 2004. 11 StLA, Vr 7329/47: Schreiben der IKG Graz, Auswanderungsstelle, Abteilung für kollektive Siedlung in Palästina, an Josef Schleich, 8.7.1938. 12 StLA, Vr 7329/47: NSDAB Kreis Graz, Kreiswirtschaftsberater Dr. Waltl an Josef Schleich, 29.7.1938. 13 StLA, Vr 7329/47-34: Handschriftliche Verantwortung Josef Schleichs, 14.3.1948. Abgedruckt auch bei Fröhlich, Judenretter, S. 85-111. An den in dieser Niederschrift von Schleich genannten Zahlen — wonach er täglich 400 Kursteilnehmer von morgens bis abends in seiner Wohnung in der Grazer Innenstadt unterrichtet hat — darf gezweifelt werden. In einer früheren Niederschrift ist sogar von 600 Teilnehmern die Rede. Vgl. Niederschrift mit Josef Schleich, 11.2.1946. 14 StLA, Vr 7329/47-34: Handschriftliche Verantwortung Josef Schleichs, 14.3.1948. 15 StLA, Vr 7329/47-70: Zeugenvernehmung mit Samuel Weiß und Margarete Weiß, 14.4.1948. 16 StLA, Vr 7329/47-34: Handschriftliche Verantwortung Josef Schleichs, 14.3.1948. 17 StLA, Vr 612/41: Beilage 37a — 45a: Diverse Briefe und Vereinbarungen zwischen Ing. C. Kornfeld und Josef Schleich, Februar bis April 1939; Prospekt für China-Sonderfahrt.Mit großer Wahrscheinlichkeit hat es sich um den Transport mit dem Schiff „Aghia Zioni“ gehandelt, mit dem 1939 rund 600 jüdische Flüchtlinge von Fiume nach Palästina geschleust worden sind. Die Organisatoren des Transportes stammten aus dem Umfeld der rechtszionistischen „Revisionisten“. Der Transport war einer der zahlreichen „illegalen“ Transporte nach Palästina, die nach 1938 unter Verstoß gegen die Einwanderungsbeschränkungen der britischen Mandatsbehörde durchgeführt worden sind. Siehe dazu Gabriele Anderl, Emigration und Vertreibung (1992), S. 256 ff. vor allem S. 279 ff. 18 StLA, Vr 7329/47-34: Handschriftliche Verantwortung Josef Schleichs, 14.3.1948. 19 StLA, Vr 7329/47: Niederschrift mit Emmerich Weigand, 15.7.1947. 20 StLA, Vr 7329/47-34: Handschriftliche Verantwortung Josef Schleichs, 14.3.1948. Vgl. auch Vr 7329/47-20: Zeugenvernehmung mit RA Emmerich Weigand, 19.5.1948. Weigand gab an, Schleichs Forderungen gegenüber Februar 2011 39