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1922 heiratete sie den Architekten Josef Berger und wurde damit Schwägerin der Geschwister Berger, die fast alle an der Wiener Werkstätte tätig waren, sowie von Fritz Lampl, dem Gründer und Besitzer von „Bimini Glas“. 1934 nahm Josef Berger einen Auftrag in Palästina an, wo das Ehepaar die folgenden beiden Jahre lebte. Von Dezember 1935 bis Juni 1936 lebte Margarete Berger-Hamerschlag in London, wohin sie mit ihrem Mann, nach der bereits erfolgten Emigration aus Österreich 1934, im Februar 1937 wegen der unbefriedigenden politischen Situation in Palästina endgültig emigrierte. Im Dezember 1937 kam der gemeinsame Sohn Florian Raymond Berger auf die Welt. In London unterhielt Margarete Berger-Hamerschlag regen Kontakt zu anderen aus Österreich emigrierten Künstlern, wie zum Beispiel ihren Freunden Siegfried Charoux, Bettina und Georg Ehrlich, wobei sie aber auch in die englische Gesellschaft integriert war. Ab 1948 unterrichtete sie in Jugendklubs, die die Aufgabe hatten, gefährdete Jugendliche aus ärmeren sozialen Schichten sinnvoll zu beschäftigen. Persönlichen Erfolg und damit verbundene finanzielle Unabhängigkeit von ihrem Mann erlangte Margarete Berger-Hamerschlag erst 1955 mit ihrem Buch „Journey into a fog“, das sie mit Zeichnungen illustrierte und in dem sie über ihre Erfahrungen als Lehrerin in Jugendklubs berichtete‘. Am 5. April 1958 erlag Margarete Berger-Hamerschlag in London einem Krebsleiden.‘ Zurück zur Emigration von Margarete Berger-Hamerschlag: Letztlich ausschlaggebend für die Emigration nach Palästina waren, wie schon erwähnt, die politischen Verhältnisse in Österreich. Die zunehmend polarisierte Atmosphäre kulminierte in den Ereignissen des Februar 1934, der brutalen Niederschlagung der Sozialisten. So wurde die Situation in Österreich für viele unhaltbar. Wenn Berger-Hamerschlag 1937 in London schreibt: „Trotzdem möchte ich nicht nach Wien zurück, die Schüsse im Feber 34 haben mich fortgeschreckt ...“°, gibt sie nicht nur eine Erklärung für ihren eigenen Entschluss, aus Österreich zu emigrieren, sondern drückte im nachhinein aus, was auch andere empfunden haben mögen. Das Ehepaar Berger reagierte also auf die Situation in Österreich mit der Ausreise. Letzter Anstoß dazu war der Auftrag eines deutsch-jiidischen Hoteliers fiir Josef Berger, ein Hotel in Haifa zu bauen.’ Nach der bedrückenden, politisch und kulturell-künstlerisch unbefriedigenden Situation in Wien war das Ehepaar nun in Palästina im Gegensatz zum Erwarteten mit einer ähnlich belastenden und zermürbenden Lage konfrontiert. Dieser täglich als spannungsgeladen empfundene Zustand - nicht zuletzt aufgrund der Konflikte zwischen Juden und Arabern - führte zur Weiteremigration nach London, für die vor allem auch der Wunsch, sich künstlerisch zu etablieren, ausschlaggebend gewesen sein mag. Margarete Berger-Hamerschlag verließ Palästina im Dezember 1935, während Josef noch in Haifa blieb, um Bauaufträge zu erfüllen. In dieser Zeit — bis Juni 1936 — schrieb die Künstlerin viele Briefe an ihren Mann, manchmal zwei pro Tag, in denen sie ihre Situation detailliert beschreibt. Die meisten dieser Briefe sind erhalten geblieben. Berger-Hamerschlag hatte in Wien eine englische Kinderfrau, sodass es für sie keine Sprachprobleme gab. Darüber hinaus hatte sie auch einen großen internationalen Freundes- und Bekanntenkreis FR a ee ee "= - by & : , » BD a e 3 y GF ie 4 * € ae ® I - WAPPER € UE LIER bie bh ve Be é d jeer etlet. vAap vie Ser GAS BY 2 7 9 Margarete Berger: Scherzwappen, Aquarell und Tusche auf Papier, vermutlich vor 1934. Die Inschrift lautet: Der Schneider hat in seinem Wappen/ den Bock — die Gas [Geiß] — und nicht den Rappen./ Das Bügeleisen und die Scher/ verzieren es noch extra sehr./ Hoch zu Gas hier auf dem Bild/ man die Schwestern Berger find. und war sogar mit Empfehlungsschreiben ausgestattet. Eines davon war an Georg Franckenstein adressiert, den in Großbritannien sehr angesehenen und später zum Ritter geschlagenen „Austrian Ministre to the Court of St. James“ 1920-38.° Berger-Hamerschlag lernte Edith Popper, die Sekretärin Franckensteins, kennen und freundete sich mit ihr an. Diese scheint eine Art Drehscheibe gewesen zu sein, sie machte die unterschiedlichsten Menschen miteinander bekannt. So kam es, daß BergerHamerschlag — Mitte Dezember in London angekommen - bereits Weihnachten und Neujahr mit neuen Freunden feiern konnte. Es handelt sich dabei um den Bildhauer Siegfried Charoux und seine Frau, die aus ähnlichen Gründen wie die Bergers Österreich verlassen hatten.” Es ist oft beobachtet worden, dass „vor allem Künstlerinnen ihre Arbeit oft den familiären und ökonomischen Notwendigkeiten zur Sicherung des Lebensunterhalts opfern mußten, da ihre männlichen Kollegen weniger Bereitschaft zu berufsfremden Tätigkeiten zeigten oder Gelegenheit dafür fanden.“'° Für BergerHamerschlag stellt sich die Situation allerdings anders dar. Sie hat nie einen anderen Beruf ausgeübt, war auch nicht, wie zum Beispiel ihre Freundin Bettina Ehrlich und andere Künstlerinnen, dazu gezwungen, auf Kunsthandwerk auszuweichen oder bemalte Seidentücher zu verkaufen; mit ihrem Versuch, Portraitaufträge zu bekommen, entsprach sie dem Durchschnitt der Exilkünstler und deren Anstrengungen, Geld zu verdienen, jedoch durchaus. Trotz der Schwierigkeiten, mit denen ein mitteleuropäischer Künstler in Großbritannien konfrontiert war, gelang es BergerHamerschlag, für sich eine Ausstellung zu organisieren, bezeichnender Weise allerdings nicht in einer Galerie, sondern im „Austria Shop“, einem erst kurz zuvor gegründeten Geschäft, das sich auf den Verkauf österreichischer Produkte spezialisiert hatte.'! Freunde und Bekannte der Künstlerin halfen auf vielfältige Weise bei der Vorbereitung. Der erwähnte österreichische Botschafter Georg Franckenstein sagte sich für die Vernissage an, was ein großes Renommee bedeutete. '? Die Freunde warben auch für die Künstlerin. So betrieb Anita Warburg, Tochter des berühmten Bankiers, Mundpropaganda für die Ausstellungseröffnung.'? Der befreundete Kunstkritiker Peter Stone schrieb eine äußerst positive Besprechung in The Jewish Mai 2012 29