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Raymond, Margarete, Josef Berger, London um 1950. Foto: Archiv Raymond Berger. Chronicle, und auch der Kunstkritiker der Times zeigte sich von den ausgestellten Werken begeistert.'* Die vereinten Bemühungen scheinen Erfolg gehabt zu haben. Doch die Kiinstlerin versuchte nicht nur, selbst Fuf zu fassen. Wahrend der Vorbereitungen ihrer Ausstellung gelang es ihr, die Leiterin des „Austrian Shop“ davon zu überzeugen, BiminiGlasfiguren ihres Schwagers Fritz Lampl zu bestellen. Sie sollten zugleich mit ihren Bildern gezeigt werden", doch die fragilen Objekte kamen viel zu spat an — und waren alle zerbrochen. '® Bei dieser ersten Ausstellung konnte Margarete Berger-Hamerschlag drei Aquarelle verkaufen; mit dem Erlös konnte sie die Miete für sechs Wochen bestreiten. Sie fertigte auch Portraits an und bemühte sich um weitere Aufträge, doch war es schwierig, Bekanntheit zu erlangen und mit Kunst den Lebensunterhalt zu verdienen. Ohne finanzielle Unterstützung ihres Mannes und manchmal auch von der Schwägerin Hilde Lampl, die einen Modesalon in Wien führte, wäre es schr schwierig bzw. unmöglich gewesen. Besonders wichtig war jedenfalls die Unterstützung der Freunde, die ihr nicht nur Geld borgten, sondern vor allem versuchten, Aufträge für die Künstlerin zu vermitteln. Einen Teil ihrer Zeit dürfte Margarete Berger-Hamerschlag mit der Anfertigung von Holzschnitten verbracht haben, die als Ilustrationen des Stefan-Zweig-Buchs „Ihe Buried Candelabrum“ gedacht waren.' Dies scheint durch persönliche Beziehungen zustande gekommen zu sein: Aus einem Brief von 1936 geht hervor, dass die Künstlerin zumindest mit der Frau des Schriftstellers bekannt war: „Iraf Frau Stefan Zweig die mich einlud, immer und überall Zweige. Ich fühle mich als ob ich im Wald spazierenginge.“"* Ende September 1936 war diese Arbeit abgeschlossen: „Die Holzschnitte für Cassells sind fertig und endlich abgeliefert.“' Die Arbeiten schließen stilistisch an 1935 in Palästina entstandene Fresko-Entwürfe sowie Kostümzeichnungen von 1936 an. BergerHamerschlags Darstellungsweise entsprach dem Geschmack der 30 ZWISCHENWELT Zeit, in der klassizistische Tendenzen bei vielen Malern zu konstatieren sind, ist aber auch als eine gewisse stilistische Anpassung an die Aufgabe - an das antike Thema der Zweig-Novelle - zu werten. Genauso wichtig — für das Lebensgefühl — war, daß die Künstlerin ins Kino, ein Restaurant eingeladen oder in ein Konzert mitgenommen wurde. All diese Abwechslungen und Annehmlichkeiten hätte sie sich selbst kaum leisten können.” Vor allem die Freundin Joyce McGovn, eine Pianistin, nahm sie immer wieder zu Konzerten mit, was für Margarete Berger-Hamerschlag besonders viel bedeutete. Basile Rocke wiederum, ein alter Freund aus der Studienzeit in Wien, lud sie wiederholt zu Ausflügen ein; so fuhr sie zum Beispiel öfter auf die Isle of Wright, wo sie die Landschaft genoss und neue Eindrücke sammelte, die in Aquarellen ihren Niederschlag fanden. Umgekehrt ermutigte sie ihre Gastgeber, auch selbst zu malen, und gab ihnen im kleinen Rahmen Kunstunterricht. Gewisse Eigenheiten der britischen Gesellschaft waren für Margarete Berger-Hamerschlag gewöhnungsbedürftig. In einem Brief vom 16. Jänner 1936, den sie in der Nacht, gerade zurückgkommen von einer Einladung bei einer Bekannten, schrieb, heißt es: »... v. 9 h Abends bis 1 h Nachts Gesellschaftsspiele ... für alles waren Preise ... sonderbar und das unterhält die Leute.“”! Schwieriger war es für Margarete Berger-Hamerschlag, wenn sie auf Briten stieß, die sich von Hitler angetan zeigten?” und nicht nur die beeindruckende Organisationsfähigkeit, sondern auch die Freundlichkeit der Deutschen Fremden gegenüber lobten: ... war mit Gyulas Freund Riber aus, ... Riber war eben in Garmisch, ist entztickt v d Nazis, n v ihren Ideen [,] d interess ihn nicht sehr aber v ihrer Organisation, Freundlkeit gegen Fremde ... er sagt Hitler hätte so warme Augen, Ribers Vater ist Vertreter v Siemens, also geschäftl sehr in D interessiert ...” Zunächst versuchte sie, derartige Kontakte zu vermeiden, doch dies gelang nicht immer: Gyulas Freund Billy war am letzten Tag v Ostern i d Aust ... will dass ich seine Nichte male, das sind dann wieder 4,5 LP ... kam gerade aus D ... rühmte wie herrl. ... soll ich ihn bekehren u sagen schauen sie i d Konzentrationslager ...”* Auf Hilfe war Margarete Berger-Hamerschlags auch später noch angewiesen. Besonders die Zeit, in der sie ein kleines Kind zu versorgen hatte und ihr Mann als „enemy alien“ interniert war, muss sehr schwer gewesen sein. Freunde kamen für eine „boarding nursery school“ für Sohn Florian auf, der somit bis vier Uhr Titelblatt der Serie von 12 Holzschnitten „Der Spiegel“, 1932.