OCR
Es gab auch viele Ideen, die nicht ausgeführt werden konnten. Im Royal Institute of British Architecture (R.I.B.A.) sind _ eine Reihe von Zeichnungen Josef Bergers erhalten. Sie belegen, an welchen „Competitions“ er 1936 mit seinen Entwürfen teilgenommen hat, u.a. an den Wettbewerben für das Belfast Water TowBY er Office, Queen Street, MARGARETA BERGER-HAMERSCHLAG Northern Ireland 1936, illustrated wich 1@ drawings by she author nd fiir die Hackney Public Baths, Clapton Square, London.” Berger scheint indes erst nach seiner An Margareta Berger-Hamerschlag’s journey took her to a Youth Club in a London slum. She is neither a trained IF kunft in London erste Aufträge erhalten zu haben. Von Josef Berger” sind im Jahr 1937 Umbauten und Inneneinrichtungen für das Haus Maxwell in Schottland belegt. Ab Juli 1940 war er als „enemy alien“ ein halbes Jahr auf der Isle of Man interniert.” Während dieser Zeit im „Camp Mooragh“ scheint Josef Berger Vorträge über Statik, Gebäudekonstruktion und Architekturplanung gehalten zu haben“; für seine Entlassung aus dem camp setzte sich Prof. Reilly (R.I.B.A.) ein.” Nach der Entlassung konnte Josef Berger an der Städtebaugruppe des „London County Council“ (LCC) unter der Leitung von Prof. Abercrombie mitarbeiten und einen Plan für die Konstruktion Londons nach Kriegsende mitentwerfen.“ Diese Beschäftigung bedeutete eine gewisse finanzielle Sicherheit für das Ehepaar und den im Dezember 1937 geborenen Sohn Florian.“ Ab 1945 war er in der für den Schulbau zuständigen Abteilung des LCC beschäftigt. Hier führte Berger neue Methoden ein, indem er bei der „Woodbury Down School“ in London N 16 erstmals die Lehrer konsultierte. Er befragte sie zu ihren Erfahrungen und Vorstellungen vom schulischen Alltag und verwendete diese Erkenntnisse in der architektonischen Umsetzung. Margarete und Josef Berger haben sich auch bemüht, Verwandte und Freunde aus Österreich herauszuholen. Margaretes Vater war bereits 1927 gestorben, ihre Schwester Nelly war schon 1930 nach Paris gegangen und hatte dort den Architekten Paul Koch geheiratet; sie überlebte in Frankreich.“ Josefs Mutter war ebenfalls schon verstorben, Arthur Berger, der ältere Bruder, war 1936 in die Sowjetunion emigriert.‘ Zusammen mit Freunden, dem Künstler-Ehepaar Stephen Bone und Mary Adshead, haben Margarete und Josef Berger Bürgen für Flüchtlinge gefunden. Auf diese Weise konnten Margaretes Mutter Paula, Josef Bergers Vater Simon, seine Schwester Hilde und deren Mann Fritz Lampl ins rettende England kommen. Auch der älteren Schwester Fritzi und ihrem Mann Paul Hohenberg gelang samt den beiden Kindern die Flucht nach England.” Hohenberg hatte in Wien für eine amerikanische Firma gearbeitet und erhielt nach wenigen Monaten in England das Visum für die Vereinigten Staaten. Spätestens ab April 1940 führte Fritzi, die durch ihre Postkarten für die Wiener Werkstätte bekannt war und mit ihrer Schwester Hilde einen Modesalon geführt 32. ZWISCHENWELT hatte“®, mit ihrer älteren Tochter Susanne einen Modesalon in New York.” Wahrend sich dieser Teil der Familie erfolgreich in New York niedergelassen hatte und den Rest nachzukommen drangte, bemühte sich Fritz Lampl in London um einen Neuanfang. Fritz Lampl°® war Schriftsteller, Lyriker und Maler. Er hatte in Wien nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit Schriftstellerfreunden wie Franz Werfel und Albert Ehrenstein den „Genossenschaftsverlag“ mitbegründet; dieser war finanziell jedoch nicht schr erfolgreich. Inspiriert von Glasarbeiten der Künstlerin Marianne Allesch, gründete Fritz Lampl 1923 „Bimini“. Die Entwürfe für die Figurinen stammten von den Brüdern Josef und Arthur Berger, von Margarete Berger Hamerschlag und Lampl selbst. Damit war Lampl künsderisch und ökonomisch schr erfolgreich, immer wieder wurden Bimini-Kreationen in Kunstzeitschriften äußerst lobend besprochen und bei internationalen Ausstellungen mit Preisen ausgezeichnet. Mit Hilfe von Josef und Margarete Berger konnte Fritz Lampl mit seiner Frau Hilde 1938 nach England emigrieren, wo er die Firma unter dem Namen „Orplid Glass“ neu aufbaute. Es wurden nun vor allem Mode-Accessoirs hergestellt; Lampl konnte in den Kriegsjahren mit Broschen und Knöpfen eine Marktlücke füllen. In seinem Betrieb, den er nach Bombenschäden ein weiteres Mal aufbauen musste, beschäftigte Lampl Emigranten und gab ihnen in schwierigen Zeiten die Möglichkeit zu verdienen. Eine der Mitarbeiterinnen war Lucie Rie. Die bekannte Keramikkünstlerin arbeitete für Lampl, um sich die finanzielle Grundlage für ihre eigene Kunst schaffen zu können. Fritz Lampl ermutigte sie, ihre in der Knopf-Manufaktur erworbenen Kenntnisse mit ihrer eigenen Kunst zu kombinieren und Knöpfe aus Keramik für die „haute couture“ zu fertigen.” Ein anderer Künstler, der bei Lampl Arbeit fand, war der Schriftsteller Erich Fried, der ab Ende 1943 etwa vier Jahre lang Glasknöpfe produzierte.” Fried schrieb auch für mehrere Zeitungen, so u.a. für das Wochenblatt „Die Zeitung“ und ab 1949 für die Zeitung „Blick in die Welt“. Für diese auflagenstarke und beliebte AlliiertenIllustrierte, die in der britischen Besatzungszone in Deutschland verbreitet wurde, schrieb eine Reihe von Autoren aus dem näheren und weiteren Bekanntenkreis Frieds. Einer dieser Autoren war sein früherer Arbeitgeber Fitz Lampl.” Mit diesen beiden Publikationsorganen schließt sich nun der Kreis: Auch Margarete Berger-Hamerschlag veröffentlichte hier mehrere Beiträge.” Ich danke Herrn Prof. Dr. Hanno Bernheimer für Anregungen sowie Herrn Raymond Berger für die Abbildungen. — Der vorliegende Beitrag basiert auf dem Aufsatz von Veronika Pfolz „A clan of artists in exile. From Austria to britain’, in: A. Chandler, K. Stoktosa , J. Vinzent (Eds.): Exile an Patronage. Cross-cultural negotiations beyond the Third Reich. Berlin 2006, 33-44. Veronika Pfolz, geb. in Wien, Studium der Kunstgeschichte, 2001 Dissertation über die Künstlerinnen Sascha Kronburg und M. Berger-Hamerschlag, Publikationen u.a. zu Künstlerinnen der Zwischenkriegszeit und im Exil sowie zu Fragen der Gebrauchsgraphik.