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sozusagen mit „tea and biscuits“ auf einem Tableau. Mrs. Y. lud oft meinetwegen Freunde und Verwandie ein, nicht um mir Freude zu bereiten, sondern „to show off‘, um ihren Standard zu heben, ihren Status zu dokumentieren." Kaum bedient wird von den chemaligen „refugee domestics“ dagegen das klassische Klischee von den Annäherungsversuchen des Hausherrn. Sexuelle Belästigungen, aber auch erotische Erlebnisse gehören zu den tabuisierten Bereichen, die in den lebensgeschichtlichen Narrativen —- wenn überhaupt — nur andeutungsweise erwähnt werden. So erzählt Ilse Gokal, dass sie es bei einer Familie nicht aushalten konnte, weil ihr der Mann nachgestiegen sei und sie sich in Abwesenheit der Hausfrau in ihr Zimmer einschließen habe müssen.'* Ilse Tysh erwähnt im Buch „Sag beim Abschied leise Servus“ eher anekdotisch einen Annäherungsversuch ihres Dienstgebers beim ersten Fliegeralarm in London: Mittags um halb zwölf heulten in London die Sirenen los. /...] Unter dem Jaulen der Sirenen suchte jedermann Schutz in Bunkern und Kellern oder auch nur hinter einer offenen Tür. Ich war mit Mr. Laver allein zu Hause. Seine Frau und seine Kinder waren schon am Vortag nach Wales abgereist. [...] So harrten wir beide in dem Kohlenkeller aus, jeder die Gasmaske in Griffweite, und Mr. Laver glaubte, seine Angst durch an mich gerichtete Avancen zerstreuen zu können. Es gab in diesem Moment wohl nichts, wonach mir weniger zumute war.” Einen wichtigen Platz in den Erinnerungen und Erzählungen der chemaligen „domestic servants“ nehmen dagegen Berichte über das Kennen- und Liebenlernen des späteren Ehemannes ein.'° Auch von Beziehungen, die nicht zur Eheschließung führten und aus der Sicht der Erzählerin mit Enttäuschungen endeten, wird berichtet.'” Ein weiterer Schwerpunkt der Erinnerungen ist das Schicksal der im nationalsozialistischen Deutschland zuriickgebliebenen Eltern, Geschwister und anderer Angehöriger, sowie die eigenen Bemühungen, diesen ebenfalls zur Flucht zu verhelfen, was allerdings in vielen Fällen nicht gelungen ist. Charlotte Abraham-Levy aus Bremen berichtete von ihren Versuchen: I asked Mrs. Kershaw who was ... the lady of the house where I lived and she asked her friends and she asked her mother. And nobody really wanted a housekeeper. [...] And of course the war was on the horizon in July and August and ... I had only been there a few months and I was a bit shy asking for more things. [...] And my mother sent me quite a number of certificates from Berlin. That was one of the last posts I got before the war.[...] And I said: , My mother is a good cook!“ [...] Somehow I think to had a big wall wherever I tried. And I must say I did not try it very hard because I did not know what else to do. And I felt very, very guilty about that for years. [...] Years later I still used to cry at night about it and think: I could not get my parents out! Why I couldn't get my parents out? And that something left what stays with me although I try to rationalise it.'*® Was aber beeinflusst die Bewertung der Jahre des Exils durch die Erzählerinnen? Wonach richtet sich ihre Sicht auf diese Zeit, die für jene unter ihnen, die nach Kriegsende nicht in die alte Heimat zurückgekehrt sind — und das war die überwiegende Mehrzahl - ja gar keinen klar definierten Endpunkt hat? Es ist der Gegenwartsbezug von Erinnerungen. Kurz gesagt: Ob die Erzählerinnen die Zeit ihrer Flucht und der Arbeit in britischen Haushalten rückschauend positiv oder 48 _ ZWISCHENWELT negativ beurteilen, hängt immer auch vom Gesamtverlauf ihres Lebens und von ihrer Sicht daraufzum Zeitpunkt des Erzählens ab. Unter den von mir geführten Interviews stechen drei durch eine besonders positive Bewertung ihrer Zuflucht in Großbritannien hervor. Eine davon ist die Lebenserzählung von Katie Rich, geb. Robschitz, aus einer weitgehend assimilierten Wiener jüdischen Familie. Sie verließ ihre Heimat bereits im September 1938 und trat eine Stelle als Hausgehilfin bei den Watsons, der Familie eines Professors der Universität Birmingham, in Leamington Spa an. Es war sehr schön - ein kleiner Kurort, sehr schön! Es war Herbst und die Bäume waren rötlich und ... es war ein wunderschönes Haus mit fünf Schlafzimmern. Ich hab‘ ein schönes Zimmer dort gehabt. Und dann hat sie mich „Fräulein“ gerufen ... und dann hat sie mir die Liste gegeben, was ich täglich zu arbeiten habe und was ich wöchentlich zu machen habe. Und da war noch eine Bedienerin im Haus für die grobe Arbeit.” Tatsächlich blieb Katie - zum Unterschied zum üblichen häufigen Stellenwechsel innerhalb des „domestic service“, der den Flüchtlingsfrauen erlaubt war — etwa fünf Jahre bei dieser Familie, che sie nach einem Buchhaltungs- und Stenografiekurs einen Bürojob in einer Molkerei annahm.”° Zuvor war es Katie Robschitz nicht nur gelungen, für ihre Mutter einen Haushaltsjob zu finden, sondern auch einen „guarantor“ für den wesentlich älteren Vater. Der jüngere Bruder Katies kam mit einem Kindertransport nach England, Katie blieb in England, heiratete 1952 einen religiösen jüdischen Witwer mit zwei kleinen Kindern, und das Paar bekam noch eine gemeinsame Tochter.”’ Zur Zeit des Interviews, zu dem Katie Rich eine ihrer Enkelinnen als Zuhörerin eingeladen hatte, lebte sie - inzwischen verwitwet —in einer schönen Wohnanlage in Colders Green in London. Auch Alice Teichova, geb. Schwarz, ebenfalls aus Wien, hegt durchaus freundliche Erinnerungen an ihre HausgehilfinnenZeit in England. Die Familie hat mich wie eine Tochter aufgenommen. Natürlich musste ich arbeiten, aber das war ein Vergnügen. Ich hab‘ natürlich aufgeräumt, ich hab“ natürlich geholfen in der Küche, aber das war eine richtige Familie. [...] Mr. Rickets war ein hochrangiger Ingenieur, der gerade in Pension gegangen ist.” Alice Schwarz blieb ein Jahr bei dieser Familie, ehe sie nach Exeter zog, wo sich inzwischen ihre Eltern niedergelassen hatten. Denn auch ihren Angehörigen gelang es, dem Einflussbereich der Nationalsozialisten zu entkommen: Die Mutter reiste mit dem jüngeren Bruder Heinz ebenfalls mit Hilfe eines „domestic permit“ aus und später gelang ihr das Kunststück, für den Vater eine Beschäftigungsbewilligung als Uhrmacher und damit ein Einreisevisum zu bekommen. Auch die beiden alleinstehenden Schwestern des Vaters wurden von Verwandten der Rickets als „domestic servants“ eingestellt.” Alice Schwarz heiratete 1944 in England den aus Tschechien geflüchteten Chemie-Studenten Mikuläs Teich und studierte selbst Wirtschaftswissenschaften. Nach Kriegsende gingen die beiden in die CSSR, die sie nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ verließen.” Sie ließen sich schließlich wieder in England als Universitätslehrer nieder und sind als solche auch zu Lehre und Forschung immer wieder nach Österreich zurückgekehrt. Der dritte Fall mit ähnlich positiver Lebensbilanz ist der der bereits erwähnten Johanna (Hansi) Tausig, geb. Pick, ebenfalls aus Wien, wohin sie 1945 wieder zurückgekehrt ist. Auch in ihrem Fall ist den Angehörigen die Flucht aus Nazi-Deutschland geglückt, wozu