war zuversichtlich gewesen.
ausdrückten, und allen, die an der Verabschiedung teilnahmen.
Hunderte Freundinnen, Freunde, Bekannte waren zur Halle 2
am Wiener Zentralfriedhof gekommen, um am Nachmittag des
3. August 2012 Abschied von Siglinde Bolbecher zu nehmen.
Es kamen sehr junge und schr alte Menschen, manche kamen
von weit her, viele kannten einander, andere nicht, alle haben sie
Siglinde gekannt.
Es ist ihnen allen zu danken, die Siglindes Mann und Gefährten
Konstantin Kaiser und der Tochter Olivia Kaiser ihr Mitgefühl
ausgesprochen haben, den vielen, die zu Verabschiedungkommen
konnten und ganz besonders denen, die mitgewirkt haben:
Rainer König-Hollerwöger, der auf der Orgel mit Motiven aus
der Prelude zu Hiob des Exil-Komponisten Eric Zeisl die Verab¬
schiedung eröffnete und abschloss (aufgrund von Partituren, die
Karin Wagner zur Verfügung gestellt hatte); der Schauspielerin
Dagmar Schwarz, die Botschaften von Menschen, die nicht zuge¬
gen sein konnten, las-von Alfredo, Gerti und Nani Bauer, Elazar
Benyoétz, Hubert Christian Ehalt, T. Scarlett Epstein, Hans Haider,
Eva Kollisch, Andreas Mailath-Pokorny; Karl Müller, der namens
der Theodor Kramer Gesellschaft sprach; Irene Nawrocka, die für
die Frauenarbeitsgemeinschaft in der Österreichischen Gesellschaft
für Exilforschung (öge) redete und den von ihr gemeinsam mit
Traude Bollauf, Primavera Driessen-Gruber, Liesl Fritsch, Chris¬
tine Kanzler, Ilse Korotin, Elisabeth Lebensaft, Ursula Stern und
Eva Taudes verfassten Text und ein Gedicht Siglindes vortrug;
Alexander Emanuely, der für die MitarbeiterInnen der Theodor
Kramer Gesellschaft das Wort ergriff; dem Liedermacher und
Poeten H.E. Wenzel, eigens aus Berlin angereist, der Lieder nach
Texten von Theodor Kramer und Erich Mühsam vortrug; Ariane
Umathum, ehemaliger Studentin der Akademie für Sozialarbeit, die
an Siglindes Philosophiestunden erinnerte; dem Schriftsteller und
Freund Vladimir Vertlib; dem Historiker und Freund Bernhard
Kuschey; Eva Hötzendorfer, Freundin Siglindes seit Schultagen in
Wien-Favoriten; dem Künstler Julian Palacz, der zusammen mit
Olivia Kaiser, selbst Künstlerin, statt des sonst obligaten Kreuzes
eine einfache, formvollendete Holzstelean der Grabstätte aufstellte.
Viele andere noch haben dazu beigetragen, dass die Verabschie¬
dung einen würdigen und harmonischen Verlauf nahm - beson¬
ders die Stadt Wien, die Siglinde ehrenhalber eine Grabstätte im
„Ehrenhain für Kulturschaffende“ (Zentralfriedhof, Tor 3, Gruppe
40) widmete. (Ganz in der Nähe befinden sich die Grabstätten
von Jean Améry, Marcel Rubin, Otto Tausig, Ernst Hinterberger,
Siegfried Charoux, Axl Leskoschek...)
Wir veröffentlichen die Botschaften und Abschiedsworte in der Rei¬
henfolge, in der sie vorgetragen wurden.
Dr. Andreas Mailath-Pokorny, Stadtrat
für Kultur und Wissenschaft
Sehr geehrte Trauernde!
Wir nehmen heute Abschied von Siglinde Bolbecher. Histori¬
kerin, Lyrikerin, Exilforscherin, wie es nur wenige gab. Ihre Arbeit
war für Österreich, das sich spät- allzu spät— mit der Verstrickung
in die Verbrechen des Nationalsozialismus und der Vertreibung
der Jüdinnen und Juden, der Intellektuellen und all der anderen
anders Denkenden auseinandersetzte, unendlich wichtig. Ihr Werk
war maßgeblich, galt es doch, sich der Vertriebenen zu erinnern,
ihr Schicksal zu dokumentieren und dadurch nicht zuletzt einen
Neuanfang zu ermöglichen.
Seit den frühen achtziger Jahren trugen die Theodor Kramer
Gesellschaft und der Verein zur Förderung und Erforschung der
antifaschistischen Literatur ihre Handschrift. Siglinde Bolbecher
war Mitherausgeberin der Zeitschrift für Kultur des Exils und des
Widerstandes „Zwischenwelt“, des „Lexikons der österreichischen
Exilliteratur“.
Seit 2002 leitete sie die von ihr ins Leben gerufene Frauen¬
Arbeitsgemeinschaft in der Österreichischen Gesellschaft für
Exilforschung und organisierte zahlreiche Lesungen, Symposien
und Ausstellungen; besonderes Anliegen war ihr die Erforschung
der Rolle von Frauen im Fxil und des Frauen- und Männerbildes
im Nationalsozialismus. Zu erinnern ist unter anderem an die
Ausstellung „Kabarett und Satire im Widerstand 1933-1945“
im Jahr 1985, gemeinsam mit Konstantin Kaiser initiiert und im
Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands gezeigt;
1995 organisierte sie das erste Symposion in Österreich zum Thema
„Frauen im Exil“. An der Bundesakademie für Sozialarbeit hielt
sie Lehrveranstaltungen zur feministischen Sozialarbeit ab.
Ihre Stimme wirkt nach, ist noch immer zu hören, ist Teil der
österreichischen Geistes- und Kulturgeschichte. Ihre Stimme war
laut, wenn es darum ging, zwischen Opfern und Tätern zu un¬
terscheiden, eine Unterscheidung, die nach 1945 nicht immer
freiwillig und eindeutig getroffen wurde. Damit reiht sie sich
ein in eine Kategorie von Menschen, die wissen wollten, wie es
eigentlich gewesen war, die der jüngeren Vergangenheit, insbeson¬
dere dem Nationalsozialismus, dem Exil auf den Grund gingen.
Und das einerseits mit Vernunft und Kopf und andererseits mit
Gefühl und dem Herzen. Sie verkörperte das andere Österreich,
das richtige Österreich.
Nicht zuletzt dafür dankte ihr die Republik erst in diesem Jahr
mit dem „Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik
Österreich“. Die Stadt Wien verneigt sich heute. Der Respekt
und die Anerkennung der unermüdlichen Arbeit von Siglinde
Bolbecher findet ihren Ausdruck darin, dass ihre letzte Ruhestätte
von der Stadt Wien ehrenhalber gewidmet wird.