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machte sie keinen Unterschied zwischen etablierten oder jungen Forscherinnen, der Generation der Zeitzeuginnen und der Nachgeborenen, zwischen bekannt und unbekannt. Ihr Anliegen war es, sich aus frauenspezifischer und politischer Sicht - so ihre Worte — mit dem österreichischen Exil auseinanderzusetzen und die Frauen sichtbar zu machen. Was an Widerständigkeit, Kraft, Zähigkeit, Engagement, positiven Energien und auch Liebe notwendig ist, um das Thema „Frauen und Exil“ ins Bewusstsein der Öffentlichkeit dringen zu lassen, hat uns Siglinde mit großem Herz und umfassendem Wissen vorgelebt. Zu der Pionierarbeit, der sie sich verpflichtet gefühlt hat, schrieb sie zuletzt: Sie „spannt an, beflügelt und bedeutet, an die eigene Grenze zu gehen“. (Siglinde Bolbecher: Für und wider in dieser Zeit. in: Zwischenwelt 12, Subjekt des Erinnerns? Wien, Klagenfurt/Celovec 2012, 29). Siglinde hat auch uns mit ihrer Haltung beflügelt, dabei unsere Ideen stets aufgenommen und gefördert. In der Arbeit mit ihr ist unsere Gruppe zu dem geworden, was sie heute ist. Sie hat uns Selbstvertrauen und Kraft gegeben. Wir trauern, sie verloren zu haben, und sind doch glücklich, dass wir ein Stück des Weges mit ihr gehen durften. Wir, die FrauenAG, wollen und werden alles tun, um ihr Lebenswerk in der Frauen-Exilforschung mit Überzeugung und Tatkraft bestmöglich fortzusetzen. Wir haben Dir, liebe Siglinde, immer verziehen, dass Du zu unseren Treffen häufig zu spät gekommen bist. Es ist jedoch schmerzhaft und sehr schwer für uns zu akzeptieren, dass Du jetzt so früh gegangen bist. Die FrauenAG möchte sich von Dir, Siglinde, als unserer Leiterin und Freundin, verabschieden, indem wir Dich nochmals zu Wort kommen lassen mit einem Deiner Gedichte: LAUFEN Dass ein Mensch daneben herläuft - ist schon vorgekommen. Dass ein Mensch daneben herläuft, nicht wissend neben wem - ist schon vorgekommen. Dass der Mensch, neben dem einer läuft, es nicht wahrnimmt - ist schon vorgekommen. Dass das nebeneinander Laufen ermüdet, ist schon bekannt. Foto: Georg Deutsch 8 _ ZWISCHENWELT Alexander Emanuely Liebe Oliva, lieber Konstantin, werte Trauergäste! Heute wird viel Schönes über Siglinde gesagt, kein Wunder! Ich möchte hier — auch für das Büro, also für die MitarbeiterInnen der Theodor Kramer Gesellschaft Monika und Matthias — von einer Tugend Siglindes sprechen, nämlich von Siglindes Zuspätkommen. Oft — aber nicht immer - ist sie, und das werden einige von euch auch erlebt haben, zu Treffen - manche werden sagen Terminen — einfach zu spät gekommen. Tugend, ja! Das war etwas Vorbildhaftes, wenn man näher und eindringlicher betrachtet, was dieses Zuspätkommen bedeutet hat. Einmal zu sogenannten Arbeitstreffen, solche die fast jeder, jede der hier Anwesenden mit Siglinde gehabt haben dürfte — nun, was vielleicht manchen doch aufgefallen ist: Traf man sich mit Siglinde, traf man sich nicht mit einer Spezialistin, nein, man traf sich gleich mit vielen Spezialistinnen, denn Siglinde begniigte sich nicht, einfach nur daher zu kommen, da kam gleich eine Bibliothekarin im Armel, eine Archivarin im kleinen Finger, eine Sozialwissenschaftlerin im Kopf, eine Historikerin im Herzen, eine scharfe, kritische Analytikerin, eine Linke, eine Dichterin, ein ganzes savoir vivre, ein savoir tout court daher, kurzum eine ganze Gruppe Wissen — und Sie wissen, wie das so mit Gruppen ist, da übersieht dann auch, aus einer solchen, mal jemand die Zeit, verplappert sich, füllt all jene auf, die dann gerade zuhören, mit dem Wissen eben, mit Freude auch, manchmal auch mit Streit, aber Streit, Streit unter Intellektuellen, ohne den gäbe es keinen Fortschritt, oft auch mit Träumen, aber ohne Träume unter Intellektuellen, da gäbe noch weniger Fortschritt, immer mit Lachen, ja, denn ohne Lachen unter Intellektuellen, da gäb es wohl gar nichts mehr. Wenn man sich mit Siglinde traf, traf man sich verspätet, es dauerte dafür länger als gedacht, sowieso hatte man danach etwas länger zu denken, vielleicht manchmal etwas viel länger und verspätete sich somit in Folge, dank des schweren Schatzes, den man gerade geschenkt bekommen hatte, im Laufe des Tages, dann auch einmal selbst... Doch nicht nur Termine im weiten Wien, auch Bürotreffen standen oft unter dem Zeichen der Verspätung... Man wartete schon, von Tür zu Tür ganze drei Schritte entfernt, vielleicht sinds auch nur zwei, doch unblöd wie wir waren, wussten wir, dass mit y