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Du hast im Einsatz für Deine/Eure/unsere Projekte enorme Stärke gezeigt, aber nicht nur dort. Du hast nicht weggeschaut, Du hast auf Unrecht unmittelbar reagiert. Wenn Dich etwas empört hat, und Anlässe hat es genügend gegeben, wolltest Du nicht nur diskutieren, sondern auch nötige Taten setzen. Deine Leidenschaft und Deine Wildheit haben Dich oft zum Handeln getrieben, was zweifellos Spuren hinterlassen hat: Einerseits in den Auseinandersetzungen und andererseits aber auch in Dir, weil Du nie unberührt warst. Du schienst zwar immer stark, warst aber eine zarte, empfindsame und verletzbare Frau. Ich danke Dir, dass Du Dich gestellt und Konflikten ausgesetzt hast. Das Kunststück, Engagement und Gelassenheit, Einsatz und Ruhe zu vereinen, gelingt nur ganz selten. Ich werde versuchen, mich weiterhin Deinem Einsatz gerecht zu zeigen. Liebe Siglinde, ich bin traurig, dass Du so früh gehen musstest. Ich vermisse Dich. Aber ich bin auch froh, dass ich mit Dir befreundet sein durfte. Danke und Servus. Eva Hötzendorfer Liebe Siglinde, liebste Freundin! Viel ist heute schon über dein politisches und persönliches Engagement, deine Forschungsarbeit und deine Iyrische Ader gesprochen worden. Vor all dem verneige ich mich in Demut. Ich möchte an dieser Stelle als dir innig verbundene, dich liebende Freundin sprechen. Vor 50 Jahren berührten einander erstmals unsere Wege im Gymnasium in der Laaerbergstraße — einige von der alten Klasse sind heute hier — und seit 40 Jahren hat sich eine liebevolle, bereichernde Freundinnenschaft entwickelt. Vieles habe ich von dir gelernt, denn es gab fast kein Gespräch, in dem du nicht dein Wissen und deine Geschichten eingebracht hast. Durch dich lernte ich interessante Menschen persönlich kennen, weil du mich bei allen möglichen Veranstaltungen ganz selbstverständlich als deine Freundin vorstelltest und mit ihnen ins Gespräch brachtest. Doch da waren auch die Gespräche von Frau zu Frau, über unsere Männer und Kinder und die Belanglosigkeiten des Alltags, die dennoch meist in gesellschaftspolitische Gespräche mündeten. Denn wie heißt es doch: „Alles Private ist politisch...“ Dein kreatives, furchtloses Ansprechen und Austragen von Konflikten, deine Verrücktheit, deine Frechheit und deinen Mut habe ich seit den Schulzeiten schon bewundert. Ich habe aber auch deine zerbrechlichen, zarten, verletzlichen Seiten gekannt, und wir waren uns gegenseitig Stütze in schweren Zeiten persönlicher Krisen und Kränkungen. Dass ich jetzt von dir Abschied nehmen muss, macht mich unendlich traurig und auch dankbar für alles, was ich an dir hatte, du Liebe. Ich werde dich so vermissen, dein Lachen, wenn wir einander alte Geschichten erzählten, die Reisen mit dir, deine Klugheit, deine Liebe und Treue, die innigen Umarmungen usw. — einfach dich. Wie ich dich in Erinnerung behalten werde, driickt die guatelmatekische Dichterin Ana Maria Rodas, die du sehr mochtest, in ihrem folgenden Gedicht, das sie auch fiir dich geschrieben haben kénnte, so aus: 10 ZWISCHENWELT SIE SAGEN, EIN GEDICHT darf nicht so persönlich sein; typisch Frau, dieses Gerede von du oder von ich. Nicht ernst zu nehmen. Zum Glück oder Unglück mache ich immer noch, was ich will. Vielleicht wähle ich eines Tages andere Mittel und drücke mich abstrakt aus. Jetzt weiß ich nur: äußert man sich, dann zu dem, das man kennt. Ich bin bloß ehrlich — und das ist schon viel -, wenn ich über mein eigenes Elend, meine Freuden spreche ich kann zum Beispiel erzählen, wie gut mir Erdbeeren schmecken, und dass ich manche Leute nicht ausstehen kann, weil sie verlogen sind oder grausam, oder einfach nur, weil sie dumm sind. Dass ich nie darum gebeten habe, auf die Welt zukommen und dass Sterben nichts ist, das mich zu begeistern vermag außer wenn ich deprimiert bin. Dass ich vor allem aus Wörtern bestehe. Dass ich, mich mitzuteilen, Tinte und Papier auf meine Art verwende. Ich kann es nicht ändern. So sehr ich mich auch bemühe, ich werde keinen Aufsatz über die Mengenlehre zustande bringen. Vielleicht finde ich später andere Formen, mich auszudrücken. Aber das kümmert mich jetzt nicht; heute lebe ich hier und in diesem Augenblick und ich bin ich und so handle ich. Im übrigen bedaure ich es, nicht alle zufrieden zu stellen. Ich glaube, es ist schon viel, wenn ich auf mich selbst schaue und versuche, mich zu akzeptieren mit Knochen mit Muskeln mit Lüsten mit Leiden. Und wenn ich zur Tür rausschaue und die Welt vorbeiziehn sche und Guten Tag sage. Hier bin ich. Auch wenn es Ihnen nicht passt. Punkt. (Aus: A.M. Rodas: Gedichte der erotischen Linken. Aus dem Spanischen von Erich Hackl und Peter Schultze-Kraft. Salzburg 1994). Wir bleiben in Verbindung, ja?! In Liebe Eva