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dort nach der „Selektion“ mit Giftgas ermordet. Tochter Hanna konnte von den Quäkern vor der Deportation gerettet werden und wurde von Elie und Suzanne Galtier in Mazamet versteckt. Die Galtiers, die noch ein weiteres jüdisches Kind versteckt hatten, wurden 2002 „Gerechte unter den Völkern“, Frau Galtier postum. Hanna blieb nach der Befreiung in Frankreich, heiratete Herrn Planat aus der Auvergne und gründete ein Familie. In der MdZ 4/1996 hat Herbert Exenberger schon einmal auf diesen vergessenen Dichter hingewiesen. KRISENLIED Wer erzeugt wieviel? Wem hat nichts gehört? Die Wirtschaft war ein Spiel, Das Spiel ist nun gestort. Wir kommen nicht zu spat, Wir eilen nicht daher, Ein Rad hat sich gedreht, Es dreht sich jetzt nicht mehr. Wir durfien jeden Stein, Zerschlagen und behauen. Wir stehen nun in Reihn, Im Stempelamt und schauen. Christel Wollmann-Fiedler Mit zwanzig ist man alt, Schnell legen sich die Falten. Die Öfen bleiben kalt, Wir müssen miterkalten. Die Schlote legt man um, Sie fallen und wir stürzen. Maschinen bleiben stumm, Was will man uns noch kürzen? Doch geht es wieder an, (Wir wissen, daß es geht) Dann kommen wir daran, Damit sich alles dreht. Anmerkungen Das gesamte Bildmaterial für diesen Artikel stammt aus der Herbert Exenberger-Sammlung im Archiv der TKG. 1 Arbeiter-Zeitung vom 28. Februar 1926, S.18 2 Archiv der Theodor Kramer Gesellschaft. 0.D. 3 Neues Wiener Tagblatt am 31. Dezember 1933 4 Adolf Unger: Im Trott. Gedichte. Wien 1933. S.7 In der Bukowina war sie in den 1930er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine sehr bekannte Sportlerin. Skilaufen, Schwimmen und andere Disziplinen waren ihre Leidenschaften, der Sportclub Makkabi ihr Zuhause. Vier Jahre lang war sie die beste Skiläuferin in der Bukowina. Man erwähnte die Sportlerin in Zeitungsberichten, und das Konterfei mit dem dunklen Schopf war fast jedem bekannt. Am 20. Mai 1912 wurde Ria Meerbaum in Czernowitz geboren. Der Vater besaß eine Molkerei und belieferte sämtliche Krankenhäuser in Czernowitz und Umgebung mit seinen Produkten; die Mutter bekam sechs Kinder. Täglich standen vor der Molkerei Körbe mit 200 frischen Brötchen und Faßbutter aus der Molkerei zum Mitnehmen umsonst für die Vorbeikommenden. Eine sehr soziale Einrichtung der Meerbaumschen Molkerei in der damaligen Zeit. Gutbürgerlich wurde Ria erzogen, Not kannte sie keine. Erst als die Russen 1940 in die Bukowina kamen, Deportationen und Enteignungen stattfanden, wurde das Leben schwieriger. Im Juli 1941 besetzten die deutsche Wehrmacht und die rumänische Armee die Nordbukowina. Die Familie Meerbaum wurde ins Czernowitzer Ghetto eingewiesen und dann ins Lager Ataki in Bessarabien deportiert. Später kam Ria in das Lager Jedinitz. Ihr ältester Bruder war von der Sowjetarmee rekrutiert worden; \e irgendwo in Russland wurde er von einer deutschen Einheit erschossen und in ein Massengrab geworfen. Zeugen wollen geschen haben, dass sich das Grab über den verscharrten Leichen wölbte. Rias Leben hat seitdem mit Angst zu tun. Selma Meerbaum-Eisinger, die zwölf Jahre jüngere Verwandte, starb 1942 mit achtzehn Jahren an Typhus im Arbeitslager. Ria Gold hatte bei einer bekannten Sportpädagogin in Wien Sport studiert. Irgendwann lernte sie in Czernowitz den Arzt Dr. Edwin Gold, der in Wien studiert hatte, kennen. In den Mantel half er ihr, der gerade Kennengelernten, und am nächsten Tag erhielt Ria einen wunderschönen großen Blumenstrauß. In Bukarest heirateten sie. Zusammen wohnten sie einige Jahre in der rumänischen Hauptstadt, wo 1945 die Tochter Gabriele geboren wurde. Über Umwege emigrierte das Ehepaar Gold mit der Tochter nach England. An der Universität Bristol arbeitete Professor Gold als Arzt und Wissenschaftler bis zur Pensionierung. 1985 zogen die Golds nach Westberlin um, um näher bei der Tochter zu sein, die schon seit 1972 mit ihrem Czernowitzer Ehemann Eduard in Westberlin lebte. Schlank und aufrecht, noch immer sportlich, schreitet Ria Gold durch ihre Wohnung. N u November 2012 45