OCR
Fereydoun Farrokhzad Gedichte Aus dem Persischen von Nahid Bagheri-Goldschmied Trauern im Herbst Der Herbst hat sein eigenes Trauern seit wir ihn verlassen haben Nun ändert sich seine Erscheinung unter einem Himmel, mit dem wir uns schmückten und die Linien seiner Verwandlungen werden am Ende faul bei Berührung Hellrote Vögel breiten ihre Brustfedern über die Farben der Schatten aus Die Erinnerungen an junge verliebte Paare verstecken sich unter dem Laub. Bald werden sie auf dem Vormarsch sein und die Fahnen zerstückeln Dann wird ein unbekannter Duft über den Wind hinweg wehen Der Mensch im Exil hat kein Monument er ist ein Wurm im Grab oder etwas das man im Cafe vergisst Im Folgenden Von nun an wird die Liebe eine andere Sprache haben Privatheit wird anderswo sein Von nun an werden die vielen Gedanken die ihre Wurzeln verloren eine grüne Wiese und eine andere Welt haben Von nun an wird die in die Liebe gefliichtete Herde andere Schafer finden, mit fiebrigem Atem Von nun an erreicht im Zorn keine Hand mehr die andere Freundlichkeit wird ein anderes Gesicht zeigen Von nun an wird die Wolke Schmerz tragen wegen des Abschieds vom Regen Die Gewalt des Donnerschlags wird eine andere Das Bächlein, das außer seinem Lauf keine anderen Zwecke kannte wird Quelle anderer Bäche sein Paris, 20. März 1989 Existenz Ach, nichts war von der Liebe zu sehen außer Farben Beim Freund erlebte ich nichts als Täuschung und Betrug Fiebernd vom Wein in der atmenden Brust sah ich kein Wesen außer dem eines Steins Der Griff nach meinem Instrument. Als die Harfe zu singen begann sah ich nichts als den hölzernen Rest eines Lieds In den Stürmen einer Katastrophe endete die Liebe, schicksalhaft Nichts sah ich im Umkreis, außer dem sägenden Pendel der Trauer Als mir die Wachsamkeit über die Ziele abhanden kam sah ich das Kleid der Kultur nicht mehr auf dem hässlichen Körper der Zeit Man sagt, in unserem Leben schen wir nichts außer Liebe ich aber sah nichts als Schmerz in diesem bedrückten Raum Paris, 11. April 1987 Die Legende des Lebens Voller Dunkelheit ist die Rede, die schmerzt Die Geschichte des Lebens voller Zerstörung Das Meer ist eine Versammlung der Tranen Schmerzen gibt es wie Fischschuppen, so viele Das Herz, das in der Brust brannte ist ein verschwindendes Irrlicht in der Morgendämmerung Von der Rede blieb nichts als der Schatten Der Sturm weht über gebrochene Seufzer Der Vogel, der vom Himmel träumte ist mit gestutzten Federn in einer Sackgasse gefangen Jene Wolke, die über den Gipfeln hing nun sitzt sie, klein wie ein Ohrring, auf einem nichtigen Halm Hey, Leben! Mach dir Gedanken über unseren Schmerz eine königliche Schmerz-Hymne muss daraus werden Paris, 26. März 1987 Fereydoun Farrokhzad, Lyriker, Liedermacher und Sänger, wurde 1936 in Teheran geboren. Nach Abschluss der Mittelschule ging er 1958 nach Deutschland und wurde in München ansässig. Er lernte Deutsch und studierte Politologie an der Ludwig-MaximiliansUniversität in München. 1965 schloss er sein Studium mit einer Arbeit über „Staat und Kirche in der DDR“ ab. April 2013 27