und vergleichen, wie es dort um die Meinungsfreiheit stünde. All
das begünstigte auch die chemaligen Nazis, denn ihre tatkräftige
Feindschaft zur Sowjetunion war plötzlich wieder groß in Mode.
Die meisten der ehemaligen Nazi-Künstler versanken rasch in der
Bedeutungslosigkeit. Sie sammelten sich um das Wiener Künst¬
lerhaus und die Zeitschrift Kunst ins Volk und später um die Liga
gegen Entartete Kunst. Manche gingen auch nahtlos in der abs¬
trakten Moderne auf, siedelten in eine phantastische altdeutsche
Malerei über oder pinselten Stilleben, Landschaften und Porträts in
fadem Akademismus.’ Kunst ins Volk war der quasi entnazifizierte
Nachfolger der im Verlag von Heinrich Hoffmann herausgege¬
benen Zeitschrift Kunst dem Volk. Es bleibt anzumerken, dass die
Zeitschrift sich in der NS-Zeit auf das Bürgerlich-Schöngeistige
beschränkt hatte und keine Hetzschrift war. Diese Funktion hatte
in Wien die von Karl Pawek herausgegebene Zeitschrift Die Pause
übernommen. Herausgeber von Kunst ins Volk war der in der NS¬
Zeit hochdekorierte Karl Hans Strobl, die Redakteure waren die
selben wie davor, und auch das Leserpublikum wird es gewesen
sein. Mitarbeiter waren Hofrat Ankwicz-Kleehoven von der Aka¬
demie der Künste, der Begründer der Restauratorenausbildung
Prof. Robert Eigenberger, der Biedermeierspezialist Prof. Bruno
Grimschitz und der spätere Direktor der Österreichischen Galerie
Dr. Fritz Novotny. Nach der kurzen Phase der Distanzierung, in
der sogar ein sozialdemokratischer Exilant aus dem Umfeld von
Adolf Loos wie Max Ermers (1881 — 1950) zu Wort kommen oder
über den Heimkehrer Oskar Kokoschka berichtet werden konnte,
kroch das braune Gedankengut wieder zwischen die Zeilen. Da
konnten alte Nazis ihre Anekdoten erzählen und Brandreden gegen
die moderne Kunst gehalten werden. Dies geschah vor allem im
Supplement Der europäische Beobachter, so widmete man sich noch
1967/68 in einer ganzen Artikelserie der epochalen Frage „War
Hitler künstlerisch begabt?“. Kunst ins Volk erschien von 1949 bis
1969 und das mit staatlicher Presseförderung. Insbesondere im
Künstlerhaus, aber auch in der Secession, der Österreichischen
Galerie und an der Akademie am Schillerplatz hielten sich die
„alten Nazis“ noch lange Jahre. Mitunter kam es bei Vorträgen
zu Protesten anwesender moderner Künstler, was mitunter auch
zu Handgreiflichkeiten und Schmieraktionen führen konnte.
Das NS-Regime hatte seine Ideologie wie kein anderes davor
über Bilder transportiert. Diese durch deren Gegenteil zu ersetzen,
konnte nur bei einer unbelasteten Generation gelingen. Hinzu
kam, dass der im bayrisch-österreichischen Raum weit verbreitete
„Alpenkitsch“ schon lange vor dem Nationalsozialismus auch
ideologisch verbrämt weit verbreitet war und von diesem nur
instrumentalisiert wurde. Daher war er auch weit davon entfernt,
zusammen mit dem NS-Regime unterzugehen. Ein Beispiel für
Bilder anderer Art wäre auch der österreichische Heimatfilm,
dessen Ästhetik sich von den 1930er- bis weit in die 1960er-Jahre
hin nicht zu verändern brauchte.‘
Fragile Fundamente aus der Zwischenkriegszeit
Die österreichische Kunstszene vor dem Zweiten Weltkrieg wurde
international kaum wahrgenommen. Egon Schiele, Gustav Klimt
und Kolo Moser waren bereits 1918 gestorben. Die nachfolgende
Generation litt nicht nur unter dem Anspruch dieses großen
Erbes, sondern generell auch an der Moderne-Feindlichkeit, die
sich nicht nur bei den christlich-konservativen Parteien, sondern