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Bildhauerklasse Wotruba an der Akademie der bildenen Kiinste, ca. 1950,
Wotruba-Archiv, Wien (Fritz Wotruba Privatstiftung)

mitunter auch in den Reihen der Sozialdemokratie fand. Die Vor¬
kriegsvereinigungen Secession und Hagenbund existierten weiter,
doch Namen von internationalem Rang brachten sie kaum mehr
hervor. Zwar gab es in den 1920er-Jahren auch einen Aufbruch
der Moderne wie etwa durch den Hagenbund und die Wiener
Schule des Kinetismus mit Kiinstlerinnen wie Erika Giovanna
Klien, My Ullman und Elisabeth Karlinsky, die aus der Klasse
fiir ornamentale Formenlehre von Franz Cizek an der Wiener
Kunstgewerbeschule hervorgegangen waren. Ihr Werk wurde
aber erst in jüngster Gegenwart wieder entdeckt und gewürdigt.’

Den früh vollendeten Oskar Kokoschka hatte es schon bald aus
dem allzu engen Wien weg gezogen, wo ihm ein Rufals „Bürger¬
schreck“ nachhing. Zu den weiteren international anerkannten
Größen sind noch Herbert Boeckl und Clemens Holzmeister zu
zählen. Bei Wolfgang Paalen und Fritz Wotruba bleibt anzumerken,
dass sie trotz Krieg und Exil ihren internationalen Durchbruch
genau in dieser Zeit schafften. Wolfgang Paalen (1905 — 1959)
entstammte einer assimilierten jüdischen Familie und war schon
in den 1930er-Jahren nach Paris übersiedelt, noch vor Ausbruch
des Zweiten Weltkriegs führte ihn eine Weltreise auf den Spu¬
ren der indigenen Völker Amerikas nach Mexiko, wo er engsten
Anschluss an den Kreis um Diego Rivera und somit eine neue
Heimat fand. Aus dem Surrealismus heraus entwickelte er sein
ganz eigenes Werk, zu seinen wirkungsvollsten Bildern zählen
„Fumagen“, die mit dem Rauch von Petroleumlampen hergestellt
wurden. Der Architekt Clemens Holzmeister (1886 — 1983) war
1924 als Professor an die Akademie berufen worden und gehörte
als gläubiger Katholik im Ständestaat zu den Umworbenen. 1938
wurde er entlassen und ging ins Exil nach Istanbul, wo er etliche
Prachtbauten errichtete und hoch geehrt wurde. 1947 übersiedelte
er nach Ankara, pendelte aber immer wieder nach Wien, wohin
er erst 1954 endgültig zurück kehrte. Im Jahr davor hatte er den
Großen Österreichischen Staatspreis erhalten. Von 1955 bis 1957
wirkte er noch als Rektor der Akademie, weitere Ehrungen in
Österreich und der Türkei folgten.

In den 1930er-Jahren sorgten Wirtschaftskrise und Ständestaat
endgültig dafür, dass die wenigen Avantgardisten entweder ab¬
wanderten oder, sich dem „Österreich-Mythos“ beugend, lieber
verkaufsträchtige Landschaftsbilder produzierten, wie etwa Fritz
Schwarz-Waldegg. Der Surrealismus, als die bedeutendste künst¬
lerische Entwicklung dieser Periode, ging damit fast komplett
an Österreich vorbei, als einzige Ausnahme kann das Werk von
Albert Paris Gütersloh angeführt werden. In den 1940er-Jahren

wiederum spitze sich der künftige Ost-West-Konflikt schon auf
künstlerisch-ideologischer Ebene zu: In der Sowjetunion setzte
sich die nationalistische Politik Stalins fort und seitens der Partei
wurde der figurative „Sozialistische Realismus“ verordnet. In den
USA wiederum setze sich die Abstraktion mit Künstlern wie Jack¬
son Pollock durch und dominierte bis weit in die 1960er-Jahre.

KünstlerInnen im Widerstand

Doch auch diese Debatte wurde in Österreich wohl nur am Rande
geführt, zudem sahen sich etliche KünstlerInnen bereits in den
1930er Jahren mit derart existentiellen Problemen konfrontiert,
dass einige von ihnen sich auch politisch betatigten. Rudolf Point¬
ner war im Februar 1934 in Graz am Aufstand der Heimwehr
beteiligt und wurde deshalb wegen Hochverrats angeklagt. Der
Kommunist Axl Leskoschek wurde mehrfach verhaftet und im
Anhaltelager Wöllersdorf interniert. Ferdinand Bilger kämpfte
im Spanischen Bürgerkrieg auf Seiten der Republikaner. Carl
Zahaddnik (1909 — 1982) beteiligte sich während des Kriegs in
Italien am Widerstand gegen Mussolini. Hans Sidonius Becker
(1895 — 1948) war mehr Techniker und Beamter als Maler, sein
Schicksal ist aber in jedem Fall erwähnenswert: Er war im Stän¬
destaat federführend für die Propaganda gegen das NS-Regime
zuständig und kam dafür nach 1938 ins Konzentrationslager
Mauthausen. Nach seiner Entlassung beteiligte er sich ab 1941
am Widerstand und überlebte Anfang 1945 Mauthausen ein
zweites Mal. 1948 wurde er als österreichischer Botschafter in
Chile ermordet - es kann nur gemutmaßt werden, ob die in großer
Zahl hierher geflüchteten Altnazis dahinter stecken.

Zu den 65.000 unter dem NS-Regime ermordeten österreichi¬
schen Juden und Jüdinnen zählen auch die KünstlerInnen Friedl
Dicker-Brandeis (1898 — 1944), Fritz Schwarz-Waldegg (1889
— 1942), Robert Kohl (1891 — 1944), Menachem Birnbaum
(1893 — 1943), Israel Otto Silberstern (1876 — 1942), Julius
Klinger (1876 — 1942) und Henriette Wolken (1896 — 1943). Es
waren hier wohl noch sehr viel mehr zu nennen. Gliicklicher war
der Maler Otto Rudolf Schatz (1900-1961), der ein Außenlager
des KZ Groß-Rosen in Gräditz überlebte. Der kommunistische
Künstler Herbert Eichholzer (1903 — 1943) gehört zu jenen 2.700
österreichischen Widerstandskämpfern, die während des Kriegs in
Wien guillotiniert wurden. Ida Maly (1894 — 1941) fiel zu Beginn
der 1930er-Jahre in geistige Umnachtung und wurde auf Schloß
Hartheim im Zuge des NS-Euthanasieprogrammes ermordet. Der
Bildhauerin Susanne Wenger (1915 — 2009) andererseits gelang
es, unerkannt etlichen jüdischen Familien zu helfen. Der Großteil
der österreichischen Künstler und Künstlerinnen überlebte den
Krieg: unter den erschwerten Lebensbedingungen des Exils, unter
der Zensur des NS-Regimes, oder auch zur Untätigkeit verdammt
in den Reihen der Wehrmacht.‘ Ein apokalyptisches Lebenswerk
schuf Adolf Frankl (1903 — 1983), der das Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau überlebt hatte und 1949 nach der kommu¬
nistischen Machtübernahme aus Prag nach Wien geflüchtet war.

Neubeginn gegen die Tradition
Welche Situation fanden sie zu Kriegsende in Wien vor? Der

Aufbruch von 1945 war auf der Verwaltungsebene mit den Na¬
men zweier KPÖ-Mitglieder verbunden: Der Philosoph und

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