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Eliminatorischer Antizionismus Der Iran ist nicht irgendeine beliebige Diktatur und auch nicht einfach eine autoritär verfasste kapitalistische Gesellschaft. In der „Islamischen Republik“ herrscht seit über 30 Jahren ein Regime, das sowohl nach außen als auch nach innen massiven Terror ausübt und seine religiös-ideologischen globalen Herrschaftsambitionen untermauert.” Das Regime arbeitet, nach allem was heute bekannt ist‘, offensichtlich an der Entwicklung nuklearer Waffen, die für Israel trotz seines Abschreckungspotenzials eine existenzielle Bedrohung darstellen und auch Europa erreichen könnten. Gewerkschaften sind im Iran verboten und Arbeitskämpfe werden ebenso brutal niedergeschlagen wie die Protestbewegungen der Studierenden. Die systematische Verfolgung von religiösen Minderheiten wie den Bahai, die Hinrichtungen von Homosexuellen sowie die allgegenwärtige Repression gegen Frauen, die sich dem islamischen Sittenkodex nicht unterwerfen wollen, sind Wesenselemente dieses Regimes. Das gleiche gilt für die regelmäßigen Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel und die Leugnung oder Relativierung der Shoah.’ Was dieses Regime auch von anderen islamisch gepragten Despotien unterscheidet, ist die Kombination aus einer messianistisch-apokalyptischen islamischen Ideologie, Antisemitismus und dem Streben nach der Technologie der Massenvernichtung. Trotz aller selbstverstandlich bestehenden gravierenden Unterschiede hinsichtlich des historischen Kontexts, der ökonomischen und politischen Struktur sowie der militärischen Schlagkraft, ähnelt die Feindbestimmung dieses Regimes mit seinem Hass auf Kommunismus und Materialismus, Liberalität und westlicher „Plutokratie“, Emanzipation und Zionismus jener des Nationalsozialismus. Der iranischen Diktatur geht es hinsichtlich des Nahost-KonHikts nicht um eine Verbesserung der Situation der Palästinenser, eine Zwei-Staaten-Lösung oder einen wie auch immer gearteten Ausgleich und Kompromiss, sondern erklärtermaßen um die Vernichtung Israels. Diese Position ist weder neu, noch auf den Präsidenten Ahmadinejad beschränkt. Die Zerstörung Israels ist seit 1979 offizielle Politik der „Islamischen Republik“. Sie wird von den fanatischen Anhängern Ahmadinejads ebenso propagiert wie von Konservativen und den im Westen als Pragmatiker oder Reformer gehandelten Mullahs und Ajatollahs. Zu den Klassikern aus dem Repertoire der Verharmlosung des iranischen Regimes gehört die Behauptung, der iranische Präsident habe doch gar nicht zur Vernichtung Israels aufgerufen, es handele sich lediglich um einen „Übersetzungsfehler“.® Ahmadinejad hat allerdings selbst auf seiner englischsprachigen Homepage Auszüge aus der entsprechenden Rede mit der umstrittenen Formulierung „wipe Israel off the map“ veröffentlicht.” Das braucht nicht weiter zu verwundern, gibt es doch zahlreiche weitere Reden des iranischen Präsidenten, der sich mittlerweile auch der Internationale der 9/11-Verschwörungstheoretiker angeschlossen und die Anschläge auf das World Trade Center zu einer Inszenierung erklärt hat'®, und einer ganzen Reihe anderer Vertreter des Regimes, die genau in die gleiche Richtung zielen. Im Iran ist es kein Staatsgeheimnis, dass das Regime einen jüdischen Staat im Nahen Osten nie und nimmer akzeptieren wird, sondern die Parole „Tod Israel“ gehört seit 1979 zum Kernbestand der islamistischen staatlichen Propaganda und prangt bei Militärparaden auf den Raketen, die schon heute Tel Aviv erreichen können. Ende Mai 2012 wurde das nochmals in aller Deutlichkeit vom iranischen Regime klargestellt: Laut einer im Original auf Englisch verbreiteten Meldung von Fars News, einer vom Regime kontrollierten und den Revolutionswächtern nahestehenden Nachrichtenagentur, hat der Generalstabschef der iranischen Armee, Hassan Firouzabadi, „the full annihilation of the Zionist regime of Israel“ abermals als Ziel der „Islamischen Republik“ proklamiert, und der Oberste Geistliche Führer Ali Khamenei hat, ebenfalls laut Fars News, das ,zionistische Regime“ zum wiederholten Male als ,,cancerous tumor that should be cut and will be cut“ bezeichnet.!! Im August dieses Jahres, wenige Wochen nachdem die EU sich geweigert hatte, die Hisbollah zur ‚terroristischen Organisation‘ zu erklären, verkündete der Hisbollah-Abgeordnete und ehemalige General Walid Sakariya im Fernsehsender A/ Manar zum Atomprogramm seiner iranischen Verbündeten: „This nuclear weapon is meant [...] to finish of the Zionist enterprise.“!? Wahied Wahdat-Hagh hat die Programmatik des iranischen Regimes — angesichts solcher Äußerungen vollkommen treffend - als „eliminatorischen Antizionismus“ beschrieben.'? Vor diesem Hintergrund ist es alles andere als verwunderlich, dass sich nicht nur zahlreiche antizionistische Linke schützend vor das iranische Regime stellen und im schlimmsten Fall, wie bei einigen trotzkistischen Gruppen, Irans „Recht“ auf Nuklearwaffen verteidigen‘, sondern sich insbesondere die internationale Neonazi-Szene begeistert vom iranischen Regime zeigt." Islamistische Racket-Herrschaft Der aggressiven Außenpolitik des iranischen Regimes, die durch eine Gleichzeitigkeit von Pragmatismus und Vernichtungswahn gekennzeichnet ist, entspricht im Innern die Organisation in Form von konkurrierenden Banden. Gerhard Scheit hat die „Islamische Republik“ mit Bezug auf die Racket-Iheorie Max Horkheimers und die staatstheoretischen Überlegungen in Franz Neumanns grundlegender Studie Behemoth als einen Unstaat analysiert. Die islamistische Revolution von 1979 ist so geschen „das Gegenteil der bürgerlichen Revolution, die einmal in Frankreich triumphiert hat. Jede hebt das Gewaltmonopol auf und setzt die unmittelbare Gewalt terroristischer Gruppen an seine Stelle; im einen Fall jedoch entspringt dem Terror das Recht, das vom neuen Gewaltmonopol um der Verwertung des Kapitals willen garantiert wird; im anderen setzt sich der Terror in den Formen der Sharia ungebrochen fort und sicht sich in Allahs Namen von den Renditen aus dem Erdölgeschäft gedeckt.“'° Das iranische Regime ist seit der Machtübernahme Khomeinis von einem permanenten Konkurrenzkampf verfeindeter Rackets charakterisiert, wobei der über ihnen allen thronende Oberste Geistliche Führer als vermittelnde Instanz agiert. So geschen ist auch die iranische Verfassung nicht als Recht im bürgerlichen Sinne zu begreifen: „Das ganze komplizierte Verfassungsgebäude soll bloß Räume bereitstellen, worin diese Rackets, die per definitionem den Ausnahmezustand bevorzugen, ihre disparaten Aktivitäten koordinieren können.“ Seit 1979 wurden im Iran Parallelinstitutionen zu den staatlichen Organen geschaffen. Der Einfluss der ordentlichen Gerichtshöfe ist durch zahlreiche ‚Sondergerichte‘ eingeschränkt. Neben den auch in anderen Staaten üblichen Militärgerichten existieren zudem so genannte ‚Revolutionsgerichte‘, der ‚Gerichtshof für die Gerechtigkeit der Bürokratie‘, das ‚Sondergericht für den Klerus‘, ‚Pressegerichte‘ etc.!® Neben der regulären Armee wurden als revolutionäre Alternativstreitmacht die Pasdaran etabliert, die heute eines der einflussreichsten und wohl das gefährlichste Racket im April 2013 53