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PROTESTE, BERICHTE Georg Pichler in Madrid soll entfernt werden Im Jahr 2001 gab es in Madrid 165 Straßen, die franquistische Namen trugen. Heute, zwölf Jahre und ein „Gesetz des historischen Gedächtnisses“ später, gibt es in der spanischen Hauptstadt immer noch 165 Straßen mit franquistischen Namen. Das Ende 2007 von der früheren sozialistischen Regierung unter Jose Luis Rodriguez Zapatero beschlossene Gesetz bestimmte, dass alle Reminiszenzen an Francisco Franco und seine fast vierzig Jahre währende Diktatur von öffentlichen Orten zu tilgen seien. Aber weiterhin sind den wichtigsten aufständischen Generälen des Bürgerkriegs Straßen oder Plätze gewidmet, ebenso den Gefallenen der Divisiön Azul, der Blauen Division, die Hitler bei seinem Russlandfeldzug militärische Hilfe leistete, dem Caudillo Franco höchstpersönlich oder dem verrückten Psychiater Antonio Vallejo Näjera, der nach einem Studienaufenthalt im Dritten Reich bei Interbrigadisten und Häftlingen ein „rotes Gen“ konstatierte, das sie für die Gesellschaft untragbar mache. Aufgrund seiner "Theorien wurden den inhaftierten „roten“ Müttern ihre Kinder weggenommen und in Adoption gegeben, rund 30.000 in nicht einmal zwanzig Jahren. Viele dieser Kinder kennen bis heute ihre tatsächlichen Eltern nicht. Das „Gesetz des historischen Gedächtnisses“ war auf starken Widerstand gestoßen, da viele, nicht unbedingt sich als rechts definierende Menschen meinten, man solle die Vergangenheit auf sich beruhen lassen, denn sie sei vergangen, und so schlecht sei sie doch gar nicht gewesen. Ein Fall für viele: Der ehemalige Madrider Bürgermeister und jetzige Justizminister Alberto Ruiz Gallardön war in beiden Funktionen für die Einhaltung dieses Gesetzes zuständig. Doch ist er nicht nur der Sohn eines hohen Beamten der Diktatuz, er ist auch der Schwiegersohn eines bekennenden Altfranquisten, José Molina Utrera, der unter Franco Staatssekretär, Minister und Generalsekretär des movimiento war, der faschistischen Einheitsbewegung der Falange. Und als solcher hat er naturgemäß geringes Interesse an einer ideologischen Flurbereinigung. Ein anderes, aktuelles Beispiel: An der Plaza de Moncloa im Norden Madrids ragt ein 45 Meter hoher Iriumphbogen im klassizistischen Stil empor, der den stadtein- und auswärts strömenden Verkehr teilt und den symbolischen Eingang zur Universitätsstadt bildet. Er wurde 1956 zum zwanzigsten Jahrestag des Aufstands der Generäle eingeweiht und soll den Sieg der glorreichen franquistischen Armee verherrlichen, aber auch an die Kämpfe um die Universitätsstadt erinnern, die im November 1936 dort tobten und bei denen die kurz zuvor gegründeten Internationalen Brigaden eine entscheidende Rolle spielten. Kaum einen Kilometer weiter nördlich, gegenüber der damals heiß umkämpften Medizinischen Fakultät der Universidad Complutense de Madrid, steht eine vier Meter hohe und achtzig Zentimeter schlanke Metallstele, auf der der dreizackige Stern der Internationalen Brigaden prangt sowie die Worte von Dolores Ibärruri: „Ihr seid die Geschichte, Ihr seid die Legends, Ihr seid das heroische Beispiel der Solidarität und der Universalität der Demokratie.“ Worte, die die Pasionaria am 1. November 1938 beim Abschied der Mitglieder der Internationalen Brigaden in Barcelona gesprochen hatte, kein schr glücklicher Moment in deren Geschichte, da sie das Bauernopfer waren, das die Spanische Republik bringen wollte, um die weitaus massivere Unterstützung Francos durch Deutschland und Italien zu stoppen - ein freilich vergeblicher Versuch. Dieses Denkmal wurde am 22. Oktober 2011 eingeweiht, dem 75. Jahrestag der Gründung der Brigaden. 300 Personen waren anwesend, darunter mehrere ehemalige Interbrigadisten. Der „Verein der Freunde der Internationalen Brigaden“ hatte das Denkmal durch einen Spendenaufruf finanziert, der unentgeltliche Entwurf stammte von Professoren der Fakultät der Schönen Künste. Eingeweiht wurde das Denkmal vom Rektor der Universitat, José Carrillo, Mathematikprofessor mit leicht französischem Akzent und Sohn des im Oktober 2012 verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden der spanischen Kommunistischen Partei, Santiago Carrillo. Noch während der Einweihung wurde bekannt, dass zwei Tage zuvor „jemand“ Berufung gegen die Errichtung des Denkmals eingelegt hatte, da die Universidad Complutense nicht über die entsprechende Baubewilligung verfüge. Die Anzeige forderte, die Einweihung des Denkmals zu untersagen, denn der Rektor wolle das Denkmal „ohne die vorgeschriebene Vorgangsweise und die legalen Anforderungen errichten und [...] so Politik im universitären Ambiente“ machen. Dieser „Jemand“ war Miguel Garcia Jiménez, ein Anwalt aus Boadilla del Monte, einem Ort im Westen Madrids, bekannt durch eine Schlacht im Bürgerkrieg Algs YOLUNTARIOg DE Las | FRiGAgag ITERWACIONALES a N A José Carrillo, Rektor der Universität, bei der Einweihung des Denkmals, Oktober 2011 September 2013 35