OCR
und die heutigen Schmiergeldskandale, in die einige konservative Politiker des Partido Popular im Rahmen des bislang größten spanischen Korruptionsfalls verwickelt sind. Einem Internetportal spanischer Anwälte zufolge hatte Garcia Jiménez an der Madrider Privatuniversität CEU-San Pablo studiert, einem Hort des Revisionismus, von dem seit den neunziger Jahren wichtige Impulse zum Wiedererstarken einer neofranquistischen Geschichtsschreibung ausgegangen sind. Auch die rechten und rechtsradikalen Zeitungen und Internetpublikationen machten Stimmung und erregten sich über die Zumutung eines Denkmals für die Abgesandten „des größten Massenmörders der Geschichte der Menschheit, Stalin“, wie fast alle aus der Anklageschrift zitierten. Eine der Folgen dieser Denunzierungskampagne war, dass in der Nacht auf den 1. November das Denkmal beschmiert wurde: Asesinos, Mörder, war zu lesen. Das Gericht ließ zwar die Einweihung des Denkmals zu, ging aber der Anzeige nach und urteilte schließlich im April 2012, dass die Errichtung rechtswidrig und das Denkmal zu entfernen sei. Die Universität legte Berufung ein, der Fall wurde an den Madrider Verwaltungsgerichtshof weitergeleitet. In der Zwischenzeit war der positive Bescheid der Comunidad de Madrid hinsichtlich des Schutzes des archäologischen Kulturgutes eingelangt, und die Universität suchte beim Bürgermeisteramt um die definitive Bewilligung an. Die Frist verstrich, keine Antwort kam. Bis Ende Mai 2013 das Urteil des Madrider Verwaltungsgerichtshofes eintraf, das den Entscheid der ersten Instanz bestätigte und der Universität vorschrieb, das Denkmal binnen zwei Monaten zu entfernen. Es sei kein bloßer Fehler bei der Beantragung zur Errichtung des Denkmals gewesen, hieß es darin, sondern die Universität habe „aufjegliches urbanistisches Prozedere verzichtet, das die Errichtung gewährleisten und ihre Umstände kontrollieren Christel Wollmann-Fiedler hätte können“. „Es ist Recht gesprochen worden!“, jubilierte die Homepage der Francisco Franco-Stiftung. Der Rektor Jose Carrillo ließ verlauten, er denke nicht daran, das Denkmal zu entfernen. Denn einerseits habe das Rektorat unmittelbar nach der Anzeige um die Erlaubnis angesucht, die zuständigen Stellen im Bürgermeisteramt hätten aber nicht darauf reagiert. Andererseits seien auch andere Denkmäler ohne die nötigen Genehmigungen errichtet worden, wie etwa das weitaus größere Denkmal zu Ehren der Opfer des 11-M, des 11. März 2004, bei dem islamistische Terroristen 191 Menschen ums Leben brachten. Aber eben darin besteht der Unterschied. Denn während das Gedenken an die Opfer des 11-M sich auf einen „Feind von außen“ beziehen kann, so entzweit das Gedächtnis des Bürgerkriegs immer noch das Land. 77 Jahre nach dem Ausbruch des Kriegs und 38 Jahre nach dem Ende der Diktatur wird die franquistische Vergangenheit von vielen als normal und positiv angesehen, von Katharsis oder Einsicht in die Brutalität des Regimes kann keine Rede sein. Deswegen können viele auch nicht zulassen, dass in der Nähe des riesigen, einen ganzen Platz beherrschenden Triumphbogens eine kleine, unscheinbare Stele an die Menschen erinnert, die der Republik gegen den Aufstand der Generäle zu Hilfe eilten — keineswegs von Stalin entsandt, sondern zumeist freiwillig und im Glauben, hier dem Faschismus Einhalt gebieten zu können. Weitere Informationen auf der Homepage der Asociaciön de los Amigos de las Brigadas Internacionales: www. brigadasinternacionales.org Von Georg Pichler ist 2012 beim Rotpunktverlag in Zürich das Buch „Gegenwart der Vergangenheit. Die Kontroverse um Bürgerkrieg und Diktatur in Spanien“ erschienen. Theodor Fontane beschreibt in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ auch Oranienburg, das kleine Städtchen im Havelland. Die prächtige Havel, mit jener Fülle von Seen, die sie namentlich um Potsdam herum aufreiht, ist, auf weite Strecken hin, wie ein Spiegel unserer königlichen Schlösser, deren Schönheit sie verdoppelt. Mit dieser schönen Beschreibung beginnt das Kapitel. Kurfürstin Henriette, eine geborene Prinzessin von Oranien, gab diesem Städtchen einst den Namen. Vierzig Jahre nach Fontanes zauberhafter Beschreibung, im Jahr 1933, errichteten die Nationalsozialisten in diesem kleinen idyllischen Havelstädtchen das erste Konzentrationslager. Politische Häftlinge wurden in dieses Lager verschleppt, so Erich Kurt Mühsam aus Lübeck. In München war er ein Wortführer der Räterepublik und befreundet mit bekannten Schriftstellern. 1934 wurde er in „Schutzhaft“ genommen, nach Oranienburg gebracht und dort kurz darauf von der SS ermordet. Ein kurzer Vermerk in der Zeitung von damals: „Der Jude Erich Mühsam hat sich in der Schutzhaft erhängt“. Kurz nach Mühsams Ermordung wurde das KZ Oranienburg aufgelöst. Im Jahr 1936 errichteten die Nationalsozialisten am Rande des Ortes im Straßendorf Sachsenhausen ein neues, 36 ZWISCHENWELT größeres, funktionaleres Konzentrationslager, zur Ausbildung von KZ-Kommandanten. „Ein Musterlager“ sollte es werden, von Zwangsarbeitern und Häftlingen erbaut. 1941 erschoss die SS in diesem Lager an die 18.000 sowjetische Gefangene. In einer „Fälscherwerkstatt“ des KZs wurden Millionen englische Pfund gedruckt. Für viele der Inhaftierten war Sachsenhausen nur Übergang zur Deportation nach Auschwitz. Die Sowjetische Militärverwaltung benützte das KZ 1945-50 als „Speziallager“, wo erneut tausende Menschen ihr Leben ließen, auch der Schauspieler Heinrich George. Zuvor, am 21. April 1945, räumte die SS das KZ und der Todesmarsch von 33.000 entkräfteten Häftlingen Richtung Ostsee begann. Auf diesen Märschen starben wiederum Tausende. Die Überlebenden wurden in der Nähe von Schwerin befreit. Unter ihnen befand sich damals der 16-jährige Helmut Steinitz aus Posen. Mehrere Konzentrationslager hatte er überlebt, auch den Todesmarsch aufgrund seiner Jugend, seines Willens. Von den Amerikanern wurde er nach Schleswig-Holstein in ein Sammellager gebracht, und sein Wunsch, nach Palästina zu gehen, ging in Erfüllung. Bereits 1946 betrat er das „Gelobte Land“ im Hafen von Haifa.