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30. Jg. Nr. 2a Euro 2,- SFr 3,Preisbegriindungen Die fortdauernde Bedeutung von Margit Bartfeld-Fellers Schriften geht wohl auf zwei verschiedene Quellen zuriick: Erstens die Zeugenschaft der nunmehr neunzigjährigen Autorin für zwei untergegangene Welten: das jüdisch-bürgerliche Czernowitz der Zwischenkriegszeit, mit der österreichisch gefärbten deutschen Umgangssprache, und das sowjetisch beherrschte Sibirien, einschließlich der letzten zwölf Stalin-Jahre. Aus dem tiefen Schacht ihres Gedächtnisses gräbt sie immer neue Episoden überraschender Menschlichkeit und Splitter des Glücks hervor, ohne das Schlimme, das ihr widerfuhr, zu beschönigen. Zweitens verleiht die Abwesenheit von Bitterkeit und Hass ihrem Schreiben eine besondere Note. „Dennoch Mensch geblieben“ — der Titel ihres ersten Buches bezeugt ihre Persönlichkeit, begabt für Freundschaft und Hilfsbereitschaft. Manfred Wieningers Schreiben ist, ob nun in seinen Kriminalromanen, Aufsätzen zur Zeitgeschichte, seiner dokumentarischen Karl Ausch Als die Banken fielen Mit einem Vorwort von Ferdinand Lacina Herausgegeben von Alexander Emanuely und Brigitte Lehmann Verlag der Theodor Kramer Gesellschaft Prosa, dem Aufdecken des Verdrängten verpflichtet. Dieses Wiedergewinnen des Gedächtnisses führt er uns nicht als traurige Pflicht vor, sondern als dramatische Bereicherung des durch dumpfe Ahnungslosigkeit reduzierten Lebens. Wieninger stellt stets eine spannungsreiche Beziehung zwischen der unter der Oberfläche gärenden Vergangenheit und den heutigen Problemen her, auch dadurch, dass er sich einer präzisen und zugleich bilderreichen Sprache als Repräsentantin lebendiger Gegenwart bedient. Wieninger konzentriert sich auf ein umschriebenes geographisches Umfeld: das Bundesland Niederösterreich und seine Hauptstadt St. Pölten. Es geht ihm, und darin trifft er sich mit Margit Bartfeld-Feller, nicht um die umfassende Geste, sondern um das Exemplarische, das sich der genauen Nachforschung und der ehrlichen Arbeit des Erinnerns darbietet. (Fortsetzung und Programm auf Seite 3) Karl Ausch „Als die Banken fielen“ Buchprasentation in der Oesterreichischen Nationalbank — 23. Oktober 2013 Wie eine aktuelle Analyse der gegenwärtigen Banken- und Finanzkrise liest sich Karl Auschs 1968 erstmals erschienener, lange Zeit vergriffener Beitrag zur „Soziologie der politischen Korruption“. Die Neuausgabe mit einem Vorwort von Ferdinand Lacina und einem biographischen Nachwort der Herausgeber, Alexander Emanuely und Brigitte Lehmann, bietet einen profunden Einblick in Wirtschaftsgeschichte, Korruptionsskandale und Banken- und Wirtschaftskrise der 1920er und 1930er Jahre in Österreich und Europa. Der Bankfachmann, Journalist und Volkswirtschaftler Karl Ausch (1893 — 1976), führender Sozialist jüdischer Herkunft, musste 1937 nach England flüchten. 1946 nach Wien zurückgekehrt, wurde er Wirtschaftsredakteur der „Arbeiter-Zeitung“ und ab 1952, hoch geachtet wegen seines umfassenden Wissens, Mitglied des Generalrats der Oesterreichischen Nationalbibliothek. (Fortsetzung auf Seite 2)