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Gabriele Ecker Begrüßungsworte bei der Verleihung des Theodor Kramer Preises in Niederhollabunn, 4. Oktober 2013. Gabriele Ecker (Abteilung Kunst und Kultur des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung) sprach in Vertretung von Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll. Lassen Sie mich mit einem Gedicht Theodor Kramers beginnen: An einem schönen Herbsttag möchte ich sterben, der schon ein wenig rau und frostig ist, vor unserm alten Haus daheim im herben Geruch von Unkraut und von Rankenmist. Den Hauch der schwarzen Schalen möchte ich schlürfen, die von den Nüssen fallen, und den Pflug die morschen Stoppeln stürzen sehen dürfen ins fette Erdreich bis zum letzten Bug. Dann könnt ich leichter glauben, dass das gleiche Gesetz, nach dem der Fechsung morscher Rest den Boden wieder düngt, auch mir das Gleiche gewährt und mich nicht ganz vergehen lässt. Dieses Gedicht hat Theodor Kramer 1931 geschrieben, es entstammt dem von Erwin Chvojka aus dem Nachlass zusammengestellten Zyklus Niederhollabrunner Gedichte. Zu dieser Zeit werden die Gedichte Kramers in Zeitschriften und Anthologien gedruckt, er hat Einkünfte aus Rundfunksendungen, hat zwei Jahre zuvor einen Preis erhalten. Man könnte sagen: Er beginnt sich als Schriftsteller zu etablieren. Im Herbst 1931 wird er krank, die Zeilen lesen sich wie eine Vorahnung auf schlimme Tage, die leider viel zu häufig kommen werden. Im Jahr 2013 kehrt der seit 2001 verliehene Theodor Kramer Preis in den Heimatort des Lyrikers zurück. Hier hat er seine Kindheit verbracht, hier entstanden seine ersten kindlichen Prägungen, die Verbundenheit zur Landschaft. Von hier zog er nach Wien, dann in den Krieg und - als die politischen Umstände es nicht mehr anders erlaubten - ins Exil nach London. Und er kehrte spät zurück, eigentlich nur, um kurz darauf in Österreich zu sterben. Theodor Kramer gilt vielen als die Stimme Benachteiligter, derer, die am Rand der Gesellschaft leben; sein eigenes Schicksal, seine aufrechte Gesinnung und Unbestechlichkeit geben der Idee und Absicht der Theodor Kramer Gesellschaft, Schriftstellerinnen und Schriftsteller zu würdigen, die trotz widrigster Umstände niemals ihre Haltung verraten haben und dafür Bitteres erleiden mussten, die Basis. Verfolgung und Ausgrenzung haben nicht zuletzt die Künstlerinnen und Künstler, die unter der gnadenlosen Herrschaft des nationalsozialistischen Regimes zu leiden hatten, schwer getroffen. Und für einen Großteil der geistigen Elite des Landes bot die Flucht ins Exil, und damit in eine ungewisse Zukunft, die einzige Möglichkeit zu überleben. Theodor Kramer war einer von ihnen. Sein Name steht hier stellvertretend für viele, die auch aus dem Ausland ihre Stimme gegen Ausgrenzung und Vernichtung erhoben. Er hat posthum diesem Preis seinen Namen gegeben. Dezember 2013 5