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Gerhard Dienes Über Richard Zach Rede bei der Enthüllung des Denkmals für Richard Zach vor dem Kinderlandheim in St. Radegund bei Graz am österreichischen Nationalfeiertag, 26.10.2013. Erich Hackls Rede bei diesem Anlaß, »Lichtpunkt im Dunkel. Richard Zach. Eine kommunistische Etüde zum Nationalfeiertag“ erschien in den Zeitungen „junge Welt“ (Berlin) und „Die Presse“ (Wien). Das Denkmal schuf der Bildhauer Rudi Hirt. Wir würdigen heute Richard Zach, einen herausragenden Vertreter des österreichischen Widerstandes gegen den nationalsozialistischen Terror. Richard Zach wird am 23. März 1919 in eine Grazer Fassbinderfamilie hineingeboren. Die proletarisch-industrielle Umgebung prägt ihn. Zur Literatur fühlt er sich hingezogen; mit dreizehn entstehen erste lyrische Aufzeichnungen. Nachtigallen? Ich habe sie nie gehört! Ich wurde geboren, wo der Fabriksqualm gärt, wo im Schlotewald die Dampfpfeife röhrt und die Not plärrt. Der Bürgerkrieg des Jahres 1934 wird das erste entscheidende gesellschaftspolitische Ereignis für den angehenden Lehrer. Elend und Arbeitslosigkeit beschäftigen ihn: Wir sitzen immer auf den gleichen Bänken, wir Ausgesteuerten und Arbeitslosen, und lassen uns die Sonne in die leeren Mägen scheinen. Der Fluss schiebt ruhig schmutzig seine Wellen vor. Man darf nicht lange in die braunen Blasen starren, sonst steigt der Fluss im Hirne dir empor. Zach kannte sie, die an den Rand der Gesellschaft gedrängten Menschen, Menschen, die keine Zukunftsperspektive hatten, und er prangerte die soziale Kluft zwischen Arm und Reich an. Die Menschen sind hungrig, die Menschen sind satt, in den Strafen der Stadt. Er kritisierte die Ignoranz seiner bürgerlichen Altersgenossen, die in Kaffeehäusern und bei Tanzveranstaltungen die draußen herrschenden Übelstände ignorierten. Sein Platz war nicht dort, seine Intention eine andere: „Die Straße ist das Leben.“ „Leben heißt für mich Arbeiten, Schaffen“. Nach dem „Anschluss“ setzt Zach seine Widerstandstätigkeit fort. Er arbeitet konspirativ in und mit kleinen antifaschistischen Zellen. Flugschriften werden herausgegeben, u.a. „Der rote Stoßtrupp“ in vier Folgen ab November 70 ZWISCHENWELT 1940. Zach ist der Verfasser der meisten Artikel. Die Gestapo wird auf ihn aufmerksam, die Situation spitzt sich zu. Am 31. Oktober 1941 wird Richard Zach festgenommen. Sie haben mich in Ketten geschlossen, mit Stricken gefesselt, die Seele geknebelt, den Geist, sie haben gemeinste Foltern ersonnen, die Tücke erdenken kann, durch Gitter, Schranken und Schergen von euch mich getrennt, geschieden von allen, verkündet den ewigen Bann! Aber mein Glaube brennt! Aber mein Wille bekennt! Und schon blind und zittrig und schwindelnd vom Darben und wirr vom Warten, zerschunden von Narben und ausgeliefert den endlosen, miirbenden Stunden, weiß ich: Sie können mein Streben nie töten, wieviel sie immer an Henkern aufböten! In den folgenden eindreiviertel Jahren Haft schreibt Zach ,,angesichts physischer und psychischer Drangsal wie in einem Schaffensfieber mehrere hundert Gedichte“. Viele von ihnen werden durch die Wand in die Nebenzelle gemorst oder verstohlen niedergeschrieben; kleine und kleinste Zettel werden in die Biinde von Kleidungsstücken eingenäht, Besuchern per Handschlag weitergegeben oder auf andere Art nach draußen in die Freiheit geschmuggelt. Es sind Gedichte von ungeheurer Reife und Stärke: Ich lege meine fahle Hand behutsam auf die kahle Wand, damit er nicht zerstiebe, der wunderhelle Sonnenstrahl, der sich in meine Zelle stahl. O Sonne, liebe, liebe. Du wandelst dieses enge Loch in eine Frühlingswiese noch! Es rieselt mir im Blute die Wärme, die da Leben weckt! Nie habe ich so froh, entdeckt Dich, Sonne, gute, gute. Ich lehne meinen Kopf zurück und lausche auf ein leises Glick... Wie ist mir nur zumute? Fast scheint es mir, ich ware frei... O Sonne, bringe bald den Mai! O Sonne, glute, glute! Und dann: Der auserwahlte Blutrat tagt: Gesichter, gelangweilt, Mäuler, die höhnen, von abgeklatschten Frasen tönen. Der auserwählte Blutrat fragt: Wer steht vor ihnen angeklagt? Solche, die Recht und Gebühr verlangten, nicht vor der drohenden Peitsche bangten... Wenn einer eine Spanne zagt — Genosse, erhoffe Dir kein Versöhnen! Genosse, knirsche nur mit den Zähnen! Der auserwählte Blutrat tagt. Und Zach wird ihm vorgeführt. „Sie sollen uns nicht zittern sehen“ ist nur einer seiner Gedanken gegenüber den Vertretern des Gewaltregimes, und: Bequemer wäre es gewesen, den Kopf zu senken, klug zu lächeln, die Knie verrenken, Demut fächeln und kein verbotenes Buch zu lesen. Am 17. August 1942 wird Zach wegen Wehrkraftzersetzung, Hochverrat und anderer Anklagepunkte zum Tode verurteilt. Dennoch will ich Lieder singen, immer wieder, immer wieder. Brecht ihr ihnen auch die Schwingen, immer wieder sollen klingen meine, meine Freiheitslieder. Von Graz wird er in das Gefängnis Berlin-Moabit verlegt. Zum entbehrungsreichen Zellenleben und zur brutalen körperlichen Behandlung kommt nun - „abgesehen von allem anderen — ein langsames Verhungern“. Im heimatlichen Kreis, so Zach, wäre das Sterben leichter, dort werden sie: „... im hellen Schein der Lampen näher rücken./ Ich aber warte, friere, träume Brücken ...“ Die letzten Zeilen gelten seiner Freundin Herma: „Grüße die Zukunft — Abend wird es bald. Der letzte Brief ist geschrieben. Es dammert — doch die Sonne geht wieder auf.“ Am 27. Janner 1943 wird Richard Zach in Berlin-Brandenburg hingerichtet. „Ich werde, wenn der Tod den Arm hebt, nicht feige zusammenzucken. Gelebt habe ich doch.“ Zach hat nicht um sein Leben gebangt, denn er wusste, Wozu . er es verwendet, bedachte, was sein Glaube wiegt. Er hat am Ende doch gesiegt, und wenn er auf der Richtstatt endet! Und, wie er richtig erkannte, er lebt weiter: Streut die Asche in den Wind. Das, was wir gewesen sind, zerrt durch eure Gossen. Aber wenn ihr meint, wir modern, werden wir noch immer lodern, lodern in Genossen.