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Wien, wo Ludwig an der Hochschule für Welthandel studierte und an der Wiener Universität in Staatswissenschaften promovierte. Nach einem Studienaufenthalt 1925 in Paris war er ab 1926 Dozent fiir Politékonomie und Geschichte der Arbeiterbewegung an den Wiener Volkshochschulen. Ludwig Birkenfeld arbeitete in der „Marxistischen Studiengemeinschaft“ von Max Adler und Leo Stern mit und war in linkssozialistischen Kreisen aktiv. 1933 gründete er mit anderen die „Linksradikale Arbeiteropposition“. Anfang Februar 1934 trat er der KPO bei. Am 12. Februar 1934 wurde er als Schutzbiindler mobilisiert und am nächsten Tag in Breitensee verhaftet. Drei Tage wurde er auf dem Polizeikommissariat Tannengasse festgehalten und misshandelt. Nach der Entlassung flüchtete er über die Tschechoslowakei nach Russland. In Moskau arbeitete Birkenfeld zuerst bei Gosplan, ab Sommer 1935 an der Akademie der Wissenschaften. Die Stelle verlor er im Herbst 1937, nachdem der Komintern-Funktionär Knorin, der ihn an die Akademie empfohlen hatte, verhaftet worden war. Vorgeworfen wurde ihm zudem „seine Neugierde in Bezug auf Staatsgeheimnisse“. Die MOPR verweigerte Birkenfeld jede Unterstützung, Eine Rückreise nach Österreich war unmöglich, weil er inzwischen ausgebürgert worden war. Friedl Fürnberg warf Birkenfeld in einer Stellungnahme der KPÖ vor, seine Rolle bei den Februarkämpfen 1934 übertrieben dargestellt zu haben, auch habe er ohne Bewilligung der Partei Österreich verlassen. Am 24. Februar 1938 verhaftet, weigerte sich Birkenfeld die Anklage „Spionage“ durch Unterschrift zu bestätigen. Am 23. Juli 1940 wurde er zu acht Jahren Lagerhaft verurteilt, die er nicht überlebte. Das Todesdatum im Gulag ist nicht bekannt. Rehabilitiert wurde er 1989 durch die Militärstaatsanwaltschaft des Moskauer Wehrkreises. Die Autoren führen souverän durch eine Welt von repressiven Institutionen, die schon vor dem Großen Terror mit bürokratischen Apparaten, Komitees, Überprüfungs- und Legitimationskommissionen den Atem der Angekommenen einschnürten. Die Biografien der ÖsterreicherInnen, die in der Sowjetunion Zuflucht suchten, werden in umfassende Kontexte eingebettet, die die komplexen außen- und innenpolitischen sowie die wirtschaftlichen Hintergründe der Entwicklungen erklären. Die größte Gruppe der österreichischen EmigrantInnen kam aus wirtschaftlichen Gründen. 1930 beschloss der 16. Parteitag die Anwerbung von 40.000 ausländischen Facharbeitern und Ingenieuren. Bei der Handelsvertretung der UdSSR in Österreich wurde eine Werbeagentur für Fachkräfte eingerichtet. Mitglieder des Zentralkomitees der KPÖ überprüften, ob die jeweilige Berufserfahrung dem Bedarf entsprach. Da der Andrang von kommunistischen Parteigängern so groß war, wies der Vorsitzenden Koplenig die Ortsgruppen an, nur Langzeitarbeitslose („Ausgesteuerte“) zu empfehlen. Das Wanderungsamt im Bundeskanzleramt übernahm die Beratungsfunktion für Ausreisewillige, das zuständige Arbeitsamt zahlte einen Fahrtkostenzuschuss bis zur sowjetischpolnischen Grenze. Österreich wahr offenbar froh waren, seine „überflüssigen“, zudem häufig linksgericheteten Arbeitskräfte los zu werden. Die Autoren lassen uns auch wissen, wie die Erwartungen der Wirtschaftsflüchtlinge in der Sowjetunion teilweise enttäuscht und Lohnvereinbarungen zum Nachteil der ArbeitnehmerInnen geändert wurden. Ressentiments zwischen Ausländern und Einheimischen, das starke Gerechtigkeits- und Gewerkschaftsbewusstsein der zugezogenen Facharbeiter führten zu Konflikten mit dem an Akkord- und Stücklohnsätzen orientierten sowjetischen Management. Der Arbeitseifer der Ausländer provozierte Abwehr Das Konzept ist einfach: Neben kurzen historischen Darstellungen stellt das Buch heute in Niederösterreich lebende Jüdinnen und Juden vor. Bei einigen Porträtierten fallen die Informationen sehr knapp aus. Bei Ruth Fuchs vermisst man die Geschichte des Überlebens ihrer Mutter dank der Zivilcourage des Schweizer Hauptmanns Paul Grüninger, bei Caroline Handler sind weder ihr Engagement bei Or Chadasch noch ihr Einsatz für ein Gedenken in Perchtoldsdorf erwähnt. Der Arzt Julius Neumark lebt wegen der Nähe zum SMZ-Ost in Groß-Enzersdorf; sein Vater Philipp Neumark leitete das Wiener Büro des Keren Kayemeth Israel und gab die Zeitschrift „Die neue Welt“ heraus. Theo Lieder, der ,, Wiener Bruce Springsteen des Ziehharmonikaspiels“, überlebte als Kind in Palästina und lebt seit 1971 in Korneuburg. Mit dem Ehepaar Luba und Jankel Tultschinsky in Gänserndorf werden in dem Buch auch zwei Zuwanderer aus Moldawien vorgestellt. Die Synagogen Niederösterreichs, auch jene, die relativ gut erhalten waren wie die in Krems oder Klosterneuburg, wurden nach 1945 abgerissen, nur in St.Pölten und Baden bei Wien konnten sie renoviert werden. In Baden bei bei den meist schlechter entlohnten russischen Arbeitskollegen. Umgekehrt wurde die Unzufriedenheit unter ausländischen Fachkräften von sowjetischen Stellen als feindselig ausgelegt und beschleunigte — bewußt oder unbewußt — die spätere Repression. Mehr als ein Drittel (237) der großteils 1937/39 verhafteten ÖsterreicherInnen wurde zum Tode verurteilt und erschossen, weitere 83 kamen im Lager oder in der Untersuchungshaft ums Leben. 92 Personen wurden nach dem Hitler-Stalin-Pakt an die Gestapo ausgeliefert, unter ihnen auch Juden und Kommunisten. In 135 Fällen konnte nur das Faktum der Verurteilung eruiert werden. Die von politischen Prämissen diktierten Urteile basierten bei deutlich mehr als der Hälfte der verhafteten ÖsterreicherInnen auf der Anklage der „Spionage“, am zweithäufigsten wurde „antisowjetische Agitation“ insinuiert -und von Mithäftlingen für ein erpresstes Geständnis empfohlen, „Mitgliedschaft in einer konterrevolutionären Organisation“, „Sabotage“, „trotzkistische Aktivitäten“ und „Landesverrat“ waren weitere beliebte Vorwürfe. Schon der 20. Parteitag der KpdSU im Jahre 1956 hatte eine Rehabilitierungswelle eingeleitet, den Opfern aber keinen oder nur minimalen Schadenersatz zugestanden. Mit dieser großen Zusammenfassung — nicht berücksichtigt wurden die jüdischen Flüchtlinge nach 1938, darunter die österreichischen Juden des so genannten „Nisko-Iransportes“ - füllen die Autoren wichtige der immer noch zahlreichen leeren Seiten der Geschichte des Exils. Helene Belndorfer Barry McLoughlin, Josef Vogl: „... ein Paragraf wird sich finden.“ Gedenkbuch der österreichischen Stalin-Opfer (bis 1945), Wien: DÖW 2013. 622 S. Euro 24,50 Wien befindet sich heute die einzige aktive jüdische Gemeinde Niederösterreichs. Ansonsten sind es nur die Friedhöfe, denen ein eigenes kurzes Kapitel gewidmet ist, die auf das einstige jüdische Leben dieses Bundeslands verweisen. Entdeckungsreisen ist der richtige Untertitel und die Literaturliste bietet eine sehr knappe Auswahl. E.A. Wolfgang Galler, Christof Habres: Jüdisches Niederösterreich. Entdeckungsreisen. Wien: Metro 2013. 1905. Eu 19,90 Dezember 2013 83