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das Fotogeschäft. Ich war dann acht Jahre in England während des Krieges, und als ich dann heimkam, musste ich das Schreckliche von Antons Tod erfahren. Unterschrieben war der Brief von einem gewissen Gerhard Kanitzer. Am 12. Jänner 1926 löst Anton Schmid einen Gewerbeschein für den Handel mit technischen und elektrotechnischen Bedarfsgegenständen und eröffnet ein kleines Geschäft in der Spaungasse 17 im zwanzigsten Wiener Gemeindebezirk, in der Brigittenau. Seine Wohnung befindet sich nur unweit davon in der Spaungasse 18/4. Neben elektrischen Kleinteilen wie beispielsweise Glühbirnen und Sicherungen verkauft Schmid auch Beleuchtungskörper, Radios und Fotoapparate. In seinem Laden kann man Filme entwickeln und Radios, aber auch elektrische Anlagen in Häusern und Wohnungen reparieren lassen. Er arbeitet hart und nimmt nach und nach drei Angestellte auf. Zwei davon sind Juden — Eduard Kanitzeı, ein gelernter Fotograf, ist für die Fotoentwicklung zuständig und verkauft gelegentlich auch den einen oder anderen Fotoapparat und die dazugehörigen Filme sowie Zubehör, Bernhard Bernstein ist der Elektromonteur, der mit einer Werkzeugtasche und einer kleinen Leiter über der Schulter ausrückt und in den Wohnungen der Kunden Reparaturen beispielsweise an Sicherungen und so weiter durchführt. Der dritte Mitarbeiter Hans ‚Hansl‘ Spatzek repariert vor allem Radios. Auch Schmids Gattin Stefanie, eine gelernte Schneiderin, arbeitet fleißig mit, vor allem im Verkauf, aber auch bei der Geschäftskorrespondenz. Der Betriebsstandort bleibt zumindest bis 26. Februar 1935 bestehen. Mit einem relativ gut gehenden Geschäft im Rücken stellt sich bei Familie Schmid wohl so etwas wie ein stilles, kleinbürgerliches Glück ein. Also die Frau Schmid, die habe ich auch gekannt, da war ich noch ein kleiner Bub. Die haben nämlich eine Wohnung gehabt um die Ecke in der Spaungasse. Dort haben sie gewohnt, ja; und einen kleinen Hund haben sie gehabt, und sie hat mich immer zum Rossfleischhacker geschickt um eine Dürre für den Hund, ein kleiner Pinschpudel, und ich habe so ein Stück Dürre gekauft, erinnerte sich der 1925 geborene Gerhard Kanitzer Jahrzehnte später in der Klosterneuburger Straße und deutete mit den Händen eine Wurstlänge von etwa einem halben Meter an. Und 12 Z2WISCHENWELT Zentimetern: Das andere hat mir gut geschmeckt. Die nordwestlich an die anschließende Leopoldstadt auf einer langgestreckten Insel zwischen Donaukanal und Donau liegende Brigittenau ist um 1900 ein stark industrialisierter Arbeiterbezirk, eine klassische Wiener Proletariervorstadt, die vor allem von tschechischen, slowakischen, ungarischen, polnischen, italienischen und kroatischen Fabrikarbeitern und deren Familien geprägt wird. Kleinstwohnungen, die in der Regel auch noch mit sogenannten Bettgehern geteilt werden müssen, sind bis in die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Das Bürgertum ist im Bezirk nur spärlich vertreten, seine Wohnquartiere konzentrieren sich westlich des Nordwestbahnhofes in der sogenannten Alt-Brigittenau, zu der auch das Grätzel mit der Spaungasse und der Klosterneuburger Straße gehört. 1905 wird in der Brigittenauer Meldemannstraße ein großes Männerheim sprich Obdachlosenasyl errichtet, in dem von 1910 bis 1913 auch Adolf Hider logiert. Erst die in der Zwischenkriegszeit nach und nach errichteten Gemeindebauten bessern die Wohnverhältnisse. Für die zahlreichen (ost-)jiidischen Flüchtlinge, die nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges in der Brigittenau, dem nördlichen Teil der sogenannten Wiener Mazzesinsel, Zuflucht finden, bleiben Gemeindewohnungen aber weitgehend unzugänglich. Von rund 200.000 in Wien lebenden Juden waren 1923 etwa 17.500 in der Brigittenau ansässig (= 18% der Bezirksbevölkerung), die damit nach der Leopoldstadt, dem Alsergrund und der Inneren Stadt der Bezirk mit dem vierthöchsten Anteil an jüdischer Bevölkerung in Wien war, ist bei Peter Payer in der Bezirksgeschichte „Brigittenau gestern heute morgen“ nachzulesen. In seiner Geschäftsgebarung richtet sich Anton Schmid durchaus nach den finanziellen Möglichkeiten seiner Kundschaft. Er war sehr beliebt. Wirklich, er hat einem jeden Menschen geholfen. Bei ihm hat das keine Rolle gespielt, ob das ein Armer war oder ein Reicher, er hat auch vielen geholfen und hat nichts verlangt dafür, wenn er gesehen hat, dass er ein armer Teufel war. Er war ein einmaliger Mensch, erinnerte sich Gerhard Kanitzer Jahrzehnte später im Gespräch mit mir. Vermutlich 1936/1937 erwirbt Anton Schmid ein Grundstück in der Klosterneuburger Straße 78 und errichtet dort ein größeres, ebenerdiges Geschäftslokal, hinter dem sich ein kleiner Innenhof, eine Garage und die Wohnung der Familie Schmid befinden. Die Klosterneuburger Straße ist eine relativ belebte Geschäftsstraße und eine Querstraße der Spaungasse, Schmids neues und sein früheres Geschäft sind nur ein paar Steinwürfe voneinander entfernt. Die Bahn seines Lebensweges ist an einem Höhepunkt angelangt und er weiß das wohl auch, weiß dieses Leben durchaus zu genießen. Gemeinsam mit der Familie, mit seiner Frau und seiner Tochter, aber auch mit seinen