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zur Kriegswaffe! Besonders gegen unschuldige russischsprachige Schüler... Ich selbst konnte zu Sowjetzeiten in estnischer Sprache lernen — in meiner Muttersprache. Russischsprachigen Kindern wird dies im heutigen Estland oftmals verweigert, obwohl die Estnische Republik jedem Kind per Gesetz das Recht einräumt, in seiner Muttersprache unterrichtet zu werden. Das ist dringend notwendig, da es in Estland Regionen gibt, in denen kaum Esten leben, sondern nur Russen. Dort mangelt es natürlich an estnischsprachigen Lehrern. Wenn wir den Unterricht in russischer Sprache verbieten, verweigern wir den Kindern eine gute Bildung. Das führt letzten Endes zu Armut, Kriminalität und Korruption. Die sogenannten Okkupanten waren lediglich russische Fremdarbeiter, die nicht einmal der kommunistischen Partei angehörten. Oder sie gehörten zur jüdisch-russischen Intelligenz. Etwa 50% der Einwohner Tallinns haben Estnisch nicht als Muttersprache. Und noch immer — 20 Jahre nach der Wende — leben in Estland 100.000 russischsprachige Menschen ohne Markus Vorzellner Staatsbürgerschaft (sie haben nur einen grauen Pass, der beweist, dass sie minderwertiger sind als „richtige“ Bürger und viel weniger Rechte haben). Ihnen wurde die Staatsbürgerschaft sowohl in Estland als auch in Lettland verweigert. Die gibt es nur nach einem Sprachexamen. Anders sieht es bei vielen russischen Neureichen aus. Sie sprechen zwar kein Estnisch, sind aber mit estnischen Politikern gut befreundet und konnten sich eine Staatsbürgerschaft kaufen. Dass estnische (und auch lettische) Sowjetkollaborateure ihre Zusammenarbeit mit Moskau nie bereut haben, ist unertraglich. Dass sie nach dem Umbruch von ihrer eigenen Schuld ablenkten und unschuldige, parteilose Russen als „Okkupanten“ brandmarkten, ist für mich ein Verbrechen: Sie selbst waren die Kollaborateure und gehörten der Okkupationsmacht in Sowjet-Estland und -Lettland an. Estland hatte Glück, dass der weltberühmte Semiotiker Juri Lotman während der Sowjetzeit in Tartu arbeitete. Warum war der russischsprachige Jude Lotman in Tartu, nicht aber in Moskau? Weil Sowjet-Estland damals jener Platz war, Die Trias scheint voll zu sein: Dem Titel von Hannah Arendts kontrovers diskutiertem Buch von 1963 steht seit 2011 Bettina Stangneths Studie Eichmann vor Jerusalem gegenüber. Das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien, der Verein Gedenkdienst sowie das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien wiederum gaben ihrem im März 2013 abgehaltenen Symposion den Titel Eichmann nach Jerusalem. Wenngleich dieser Titel ebenfalls von Bettina Stangneth bereits verwendet wurde (vgl.: www. filmweltverleih.de/downloads/HA_PH_04. pdf), so erschien seine Entlehnung bei diesem Kongref mehr als nur gerechtfertigt, konnten die Mehrzahl der Referate doch zeigen, wie mit der Thematik nach der Urteilsvollstreckung am 1. Juni 1962 umgegangen wurde, resp. wie der Prozeß und seine unmittelbare Rezeption auf das politische Geschehen der 60er und 70er Jahre Einfluß nehmen konnte. Einige Referate verdeutlichen die gezielte Instrumentalisierung der Prozeßberichterstattung im Zusammenhang mit dem Kalten Krieg. Regina Fritz beleuchtet dabei die Situation in Ungarn: Der kommunistischen Staatsführung war bewußt, daß sie aufden Eichmann-Prozeß reagieren mußte, da von den über 400.000 ungarischen Juden rund 320.000 ermordet worden waren. Am 24. Juni 1960 reichte das ungarische Außenministerium beim Politbüro ein Papier ein, wonach die Auslieferung Eichmanns nach Ungarn - nach seiner Aburteilung - gefordert werden sollte. Im Falle einer Ablehnung dieses Antrags durch Israel solle man die Forderung nach einem internationalen Gerichtshof 62 _ ZWISCHENWELT erheben. Weiters sollte auch Argentinien angehalten werden, weitere ungarische Kriegsverbrecher nach Ungarn auszuliefern, entsprechend den Regelungen der Moskauer Deklaration, in welcher die Auslieferung der NS-Verbrecher an jene Länder, in denen sie ihre Verbrechen begangen hatten, postuliert wurde. Am 28. Juni wurde das Papier diskutiert, wobei die offizielle Doktrin, den Zweiten Weltkrieg als kapitalistischen Krieg zu sehen, den Forderungen im Weg stand. So antwortete Janos Kadar in seiner Stellungnahme für das Politbüro, daß die Opfer nicht als Juden, sondern als Ungarn zu schen seien. Was die künftige Auslieferung von NS-Verbrechern beträfe, so wolle man das eben laufende Abkommen mit Argentinien nicht gefährden, nach welchem das Land Lokomotiven in Ungarn kaufe. Die Initiative des Außenministeriums wird abgeschmettert. Peter Krause wiederum weist auf die Zustände in der DDR hin, wo die vom Eichmann-Prozeß berichtenden Journalisten, insbesondere der Korrespondent Max Kahane, ebenfalls auf Linie gebracht werden sollten. Auch für die DDRPresseberichterstattung galten zwingend vorgegebene Lesearten, die sich im speziellen gegen den „anderen“ deutschen Staat richteten. Zum einen habe die DDR sich dem Sozialismus zugewandt, weswegen ihre Bewohner selbstredend die besseren Deutschen seien, zum anderen sei Eichmann Handlanger des Kapitals gewesen, dessen Auftraggeber noch immer in Bonn säßen. Den letzten Punkt betreffend, avanciert mancherorts Hans Globke zum eigentlichen wo sich viele russische Dissidenten aufhielten, besonders Juden — auch der Schriftsteller Sergei Dovlatov, der später in Amerika berühmt wurde. Sowjet-Estland war ein bisschen freier. Estnische Intellektuelle, die mit dem russischen Schriftsteller Alexander Solschenizyn im Arbeitslager waren, haben diesem geholfen, das Manuskript von „Archipel Gulag“ in Estland bei der Familie eines Lagerinsassen zu verstecken. Dank dieses estnischen Gefangenen ist „Archipel Gulag“ in dieser Form der Weltliteratur erhalten geblieben. In Sowjetzeiten galten fremdsprachige Kinder noch nicht als Fremde im eigenen Land, fremd waren die Sowjetfunktionäre. Meine Großmutter erzählte mir, dass in der Estnischen Republik nach dem Ersten Weltkrieg alle Angestellten in den Kaufhäusern, in der Post etc. drei Sprachen lernen mussten: Estnisch, Russisch und Deutsch. Und alle Bürger haben in Estland nach dem Ersten Weltkrieg die Staatsbürgerschaft erhalten. Reet Kudu, geb. 1949 ist eine estnische Schrifistellerin. Sie lebt in Tallinn. Drahtzieher des Holocaust und wird mit dem Epitheton „Eichmann von Bonn“ verschen. Demzufolge titelte die Berliner Zeitung vom 2. Juni 1962 „Der Strick ist noch warm“. Im Neuen Deutschland betitelt Herbert Annas einen Bericht am 26. Mai 1961 „Bonn will das Scheusal Eichmann für sich haben“. Sabine Loitfellner wiederum zeigt die Folgen des Eichmann-Prozesses für Österreich auf. So hebt der österreichische Nationalrat im Dezember 1955 die 1945 eingesetzten Volksgerichte und 1957 sämtliche 1945 erlassenen Sondergesetze - mit Ausnahme des NS-Verbotsgesetzes — auf. Die Verjährung der individuellen Taten wird durch die Rückdatierung der Verbrechen auf den Zeitpunkt der Tat vorangetrieben. Trotzdem wird etwa Egon Schönpflug, österreichischer SS-Offizier im Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B, in Österreich erst im Gefolge des Eichmann-Prozesses angeklagt. Sein Urteil wird 1961 von neun auf zwölf Jahre erhöht. Auch bei SS-Sturmbannführer Hermann Höfle, einen der Hauptverantwortlichen für die Aktion Reinhardt, veranlaßt Christian Broda erst am 31. Jänner 1961 die Verhaftung, obschon 1956 gegen ihn Ermittlungen wegen Auflösung des Warschauer Ghettos eingeleitet worden waren. Doch nicht nur die unmittelbare politische Handlungsebene tritt in eine Interaktion mit dem Prozeß gegen Adolf Eichmann. Auch die wissenschaftliche Methodik wird einer grundlegenden Modifikation unterzogen. So geht Frank Bajohr auf die Schwerpunktverschiebungen und die methodischen Überschneidungen bei den geschichtswissenschaftlichen Teilbereichen