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meine Füße sind wie angewurzelt und tragen mich nicht in die Josefstadt zurück. Jetzt bin ich gezwungen zuzuschauen, wie der Spaziergänger mit einer Ausstrahlung manifestierter Beschlussfähigkeit sein rotes Taschentuch zu Boden fallen lässt, während er widerstandslos abgeführt wird. Er dreht sich zu mir um, als ich noch neben der Sitzbank stehe. Ich möchte mich wegdrehen, aber ich kann nicht. Mit bohrendem Blick sieht er mich fragend an, obwohl oder vielleicht weil ich weder ein Gewehr noch ein rotes Tuch habe. Ich bin das Grau Österreichs. Nein, schau weg, sage ich mir! Kopf nach unten! Ich muss wieder in Sicherheit in die Josefstadt zurück. Allein zu Hause versuche ich meinen unglücklichen dreiunddtreiBigsten Geburtstag zu verdrängen und sage mir: Ruhig bleiben. Du Florian Sochurek musst nicht aktiv entscheiden, in welche Richtung du wegschauen sollst. Schließ einfach die Augen! Das Schicksal Österreichs wird von allein verlaufen. Ich bin voller Zuversicht, dass in einem Jahr alles anders sein wird. Das Parlament wird Dollfuß aus seinem Amt jagen, der Kommunismus wird langsam in Vergessenheit geraten und die Josefstadt wird zu einem blühenden jüdischen Stadtviertel Wiens. Eines ist aber sicher: Wien bleibt Wien! Trotz Beschlussunfähigkeit. Mark Klenk, geboren in Minnesota/USA, lebt und arbeitet seit 1996 im Sozialbereich in Wien. Ich glaub es nicht... so viele! Die ganze Kreuzung zubetoniert mit Menschen... da kommt kein Wagen vorbei, ja ned einmal ein Motorradl; da wird man erdrückt, wenn man nicht Acht gibt, wohin man tritt! „Anna, komm ans Fenster! Schau dir das an! Halb Wien ist auf den Beinen.“ „Das muss ich nicht schen, um es zu glauben. Man hört's ja!“ Hatte der Maurer also recht... „Das wird was, Sedlacek, das wird was!“... und ich habs nicht geglaubt. „Schau, Maurer, selbst wenn die Nachtarbeiter doch kommen; von uns 200 Mann, von den Permolleuten auch ungefähr, mehr als fünfhundert sind trotzdem nicht. Ist ein Tropfen auf den heifsen Stein. Das tangiert die doch gar nicht, wenn da ein überschaubarer Haufen Männer die Arbeitslosen die Gassen entlang begleitet und ein paar Parolen brüllt, vielleicht ein Transparent -“ »Na, Herrschaftszeiten! Das ist vielleicht ein Getiimmel! Kein Meter Platz.“ „Jeder, der laufen kann, ist dort unten.“ „Und du hast kaputte Beine, wie? Was stehst du noch oben und gaffst hinunter, als wärst der Kaiser!“ „Die formieren sich erst, Anna. Mach mir die Suppe warm, ich ess ein paar Löffel und schon siehst mich unten bei den anderen.“ Genau... zuerst den Maurer und den Horvath finden... die wissen, wie man die Sache aufzieht. Hats nicht auch der Peter gesagt, den die Zweierabteilung entlassen hat? „Wennst dirs anders überlegst, Friedrich, wennst doch mit dabei sein willst, wennst einen wie mich unterstützen willst, der mit Frau und Kind aber ohne Arbeit dasteht, mich triffst ab 9 beim Strauß im Stadtpark. Ein Hut werd ich tragen, damit man mich erkennt... “ Wer trägt denn da keinen solchen bitte! Mein Bruder könnt ich nicht unterscheiden von mein Erzfeind, ein Chinesen ned von einem Wiener! „Also kommst halt. Salz is drinnen, ein paar Karottenstücke auch. Pfeffer bleibt halt a Sache der Träume.“ „Dank dir schön... sehr gut... das brauch ich jetzt... und, du, sei mir nicht bös‘, wenn ich gezögert hab... weißt, Anna, wenn wir nur fünf Männer gewesen wären, die an solchen Radau machen, ich müsste morgen ned einmal die Schuhe binden, um den J Wagen zu erwischen... da wär ich Geschichte bei der Firma. Die Gerngroß Manufaktur ohne den Sedlacek!“ „Sagst es ja selbst... wenn ihr nur fünf gewesen wärt... aber das sind mir bald 200 Mal so viele... schau, das gibt's doch nicht! Da Onkel Werner! Drüben bei die Sitzbänk! Werner! Werner!“ „Geh, Anna, sei still, bitte! Magst leicht, dass er rauf kommt und hier herumlungert bis zum Sonnenuntergang!? Was übrig bleibt von der Brühe, tät ich am Abend noch gern essen wollen!“ „Na, der hört mich eh ned. Ha! Da steht er stolz mit die Händ in den Taschen von sein Mantel und lässt sich von ein jungem Mädel fotografieren... ein Feschak ist das, unglaublich, ha!“ „Der soll nur nicht so tun, als wär er von Anfang an von den Aufmärschen überzeugt gewesen. Was macht der überhaupt da unten? Vor zwei Wochen treff ich ihn vorm Central und der sagt ganz von sich selbst überzeugt: „Du, Friedrich, mich wirst sobald nicht auf der Straße mit dem roten Fahnerl sehen! Da hab ich August 2014 29