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zwei Jahre lang gewartet, bis dass ich den Posten bei der Niemetz endlich kriegt hab. Und jetzt soll ich was riskieren!?“ Ein Hund, der Werner. Läuft mit, wenn alle laufen!“ „Geh, zieh dann Mantel über und beweg dich zu den anderen. Du bist ein Tachinierer, heast! Was tust du übrigens vorm Central? Wennst Geld fürs Kaffeehaus hast, dann kauf uns wieder mal ein Fleisch... glaubst fürn Theo ist das gesund, dass er immerzu nur Suppe und a Scheibe Brot bekommt!“ „Geh, Anna, sei doch keine Dumme! Vorbei gegangen simma am Cafe! Du glaubst ja ned wirklich, ich kann mich da neben ein Schreiberling setzen und a Sachertorte und a Melange ordern, während du mit dem Buam in der kalten Wohnung vorm leeren Obstkörberl sitzt!“ „Ist schon gut, ist schon gut. Neidig wär ich's da ch ned. Weiß ja, was du tust für uns...“ Eben! Bin’s ja ich, der jeden Tag am Bandl steht, bin’ ja ich, der sich mit dem Kerber und dem Achleiter abschleppt mit der Lieferung und deswegen mit 35 schon ein Buckel haben wird... aber wird schon werden, wird schon werden, darf mich nicht beklagen... dankbar muss man sein, hat man heut ne Arbeit... und wenn ma tatsächlich so viele sind, die aufbegehren... eine richtige Armee... als wär schon wieder ein Krieg, dens zu gewinnen gilt... oder als gings auf die Ivana Perica Das Damenabteil Bürokratie ist die Staatsform, in welcher es niemanden mehr gibt, der Macht ausübt; und wo alle gleichermaßen ohnmächtig sind, haben wir eine Tyrannis ohne Tyrannen. — H.A. Das Angebot gibt es. Eine im feinen OBB-Damenabteil, in dem ich ungeahnterweise saß, mir gegeniibersitzende Dame, hat auf dieses Angebot gepocht und einen neben mir ebenso im Damenabteil ungeahnterweise sitzenden Herrn durch den Schaffner entfernen lassen. Denn das Angebot gibt es, es ist unbezweifelbar und es lautet: Allein reisende Damen möchten bei Nachtreisen gerne ungestört bleiben. Für sie haben die ÖBB eigene Damenabteile mit sechs Sitzplätzen eingerichtet. Zusätzlich können bis zu drei Monate im Voraus auch Abteile in Liegewagen reserviert werden, die der besonderen Aufmerksamkeit des Zugpersonals anvertraut sind. Bei der Online-Fahrplanabfrage achten Sie bitte in der Detailansicht auf die Ausstattung. Dort erfahren Sie, welche Züge Damenabteile führen. Der faktische Dialog Entschuldigung, seit wann gibt es das Damenabteil? Seit fünf Jahren in jedem EuroCity und internationalen Zug gibt es ein Damenabteil gleich neben dem Schaffnerabteil. Weil sehr viele Damen darauf Wert legen, von den Männern nicht angequatscht zu werden oder eben in Damenbegleitung reisen. Und ein Männerabteil wird es bald auch geben? Ich glaub nicht, dass das bald kommen wird, denn ich habe noch nicht gehört, dass Männer von Frauen belästigt werden. Ich glaub, die wissen sich zu wehren. Und wissen Sie, wenn es das Angebot gibt, dann ist es legitimes Recht zu erwarten, dass das dann so gehandhabt wird. Es gibt da 30 ZWISCHENWELT Hohe Warte Fußball schauen... also, Friedrich, rein in Mantel, rein in a’ Schuh, Stufen runter und im Nu... „Dein Hut magst leicht ned aufsetzen! Wie sch ma denn sonst aus!“ Wie redet's denn mit mir? Ist ja auch ka Lisl Goldarbeiter! „Doch, doch. Freilich. Tät ja auffallen, wenn ich als einziger kein tragen tät!“ Mal schauen, wen man zuerst treffen... der Peter wird Augen machen, wenn er mich unter den seinen sieht... Gott, ich krieg die Tür kaum auf! Was für Gesichter, was für Leute! Wie soll ich da in Stadtpark kommen... oder den Horvath und den Maurer finden!?... Na, da ist er ja tatsächlich, der Onkel mit der jungen Fotografin... die werden ma schon sagen, wo ma hinziehen... „Werner! Werner!“ Florian Sochourek, geboren 1988 in Korneuburg, studiert Germanistik, Romanistik, kam beim Exil-Literaturwettbewerb in die engere Wahl. * 1929 zur Miss Universe gewählt andererseits viele Männer, die das überhaupt nicht einsehen und die man mit Gewalt hinauskomplimentieren muss. Und die dann eben mit dem Argument kommen, ich bestehe auf einem Männerabteil. Aber wenn die Männer glauben, dass auch das Männerabteil notwendig ist, dann kann es eigentlich auch das geben. Und wenn die Dame keine Dame ist, wenn sie homosexuell ist oder auf das Damenhafte einfach pfeift, kann es auch für solche weibliche Reisende ein Sonderabteil geben, wie weit wird das gehen? Dann wird sich diese Dame kaum dort setzen. Es gibt nämlich immer ein Damenabteil gleich neben dem Schaffner, und zwar in allen InterCity und internationalen Zügen. Und da darf ich die Männer nicht reinlassen, da hob i schon schlimme Erfahrungen. Es gibt dann sehr viele Damen, die nicht sagen oder nicht sagen wollen, oder die höflich sein wollen, aber dann im Nachhinein eine seitenlange Beschwerde schreiben, das sei eine Frechheit, dass ein Mann in einem Damenabteil sitzt und der Schaffner nichts dagegen unternimmt. Na ja, es ist wirklich so, es fühlen sich insbesondere in den Abendstunden sehr viele Damen, die alleine reisen, nicht wirklich wohl. Und ich sage dazu noch, es ist nicht unbedingt angenehm, wenn man als Dame alleine da sitzt und hat, sagen wir, drei, vier Männer um sich. Die fiktive Ausstellung Wer im Zugabteil bedroht wird, das ist immer die Frau. Die Frau, die angeblickt werden muss und die sich nicht wehren kann. Die Frau, von der kein Schaffner sagen wird, die weiß sich zu wehren. Die Frau, die auf Eigenständigkeit, auf verschränkte Arme, auf die die Emanzipation versinnbildlichende Zigarette verzichtet. Die Frau als Kundin, die nach ihrem Damenabteil verlangt.