OCR
Schweiz flüchtete er gemeinsam mit seiner Frau in sein zweites Exil nach London. Fritz Brügel erholte sich nicht mehr von seinem Zusammenbruch. Elend und verarmt starb er am 4. Juli 1955 im Alter von 58 Jahren in London. Seine Frau Vera, die in London Stoffe für eine Textilfirma entworfen hatte, beging ein Jahr später, 46jahrig, Selbstmord. Februarballade Der eine lag tot von Flammen umloht, sie bespien seine Leiche mit Hohn, der zweite hing und der dritte ging in die bittere Emigration. 1935. Strophe aus dem 6. Abschnitt der „Februarballade“. Gewidmet den standrechtlich hingerichteten Februarkämpfern Karl Münichreiter, Georg Weissel, Koloman Wallisch u.a. Flüsterlied Man sieht uns nicht, man kennt uns nicht, wir tragen keine Zeichen. Julius Stieber Die List des Feinds verbrennt uns nicht, er kann uns nicht erreichen. Man fängt uns nicht, man hört uns nicht, wir leben nicht im Hellen. Der Hass des Feinds zerstört uns nicht, das Netz der stummen Zellen. Wir spinnen unsre Fäden fort, das Netz wird immer dichter. Von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort, trotz Henker, Kerker, Richter. Wir sind wie Atem, Luft und Wind, der Feind kann uns nicht greifen. Er starrt sich seine Augen blind Und fühlt nur, daß wir reifen. Die heut im Grau des Dämmerlichts Die schmalen Wege graben: Sie haben nichts, sie haben nichts, sie werden alles haben. 1936 Militärmission in Berlin 1945-1949 Ein Renegatenschicksal? Am 7. Juni 1949 war unter der Schlagzeile „Chef der CSRMilitärmission in Berlin nach dem Westen geflohen“ in der österreichischen Tageszeitung „Kurier“ folgendes zu lesen: „Der geschäftsführende Leiter der tschechoslowakischen Militärmission in Berlin, Dr. Bedfich Bruegel, trat aus Protest gegen die von seiner Regierung verfolgte Politik von seinem Posten zurück und begab sich nach dem Westen. Bruegel ist bereits das siebente Mitglied der Mission, das seitdem kommunistischen Staatsstreich in der Tschechoslowakei nach dem Westen geflohen ist.“! Dieser aufschenerregenden Demission ging eine Karriere im diplomatischen Dienst der CSR voraus, die Fritz Brügel, ehemaliger sozialdemokratischer Wiener Arbeiterfunktionär und 1934 aus Österreich emigrierter Schriftsteller, vor allem den tschechoslowakischen Außenministern Jan Masaryk und Vlado Clementis zu verdanken hatte.’Laut Alfred Kantorowicz, einem Freund Brügels aus dem südfranzösischen Exil, wurde ihm bei seinem letzten Besuch in Prag, der für Brügels Entscheidung, nach dem Westen zu fliehen, ausschlaggebend war, sogar das Amt eines Staatssckretärs im Außenministerium angeboten.’ Im diplomatischen Dienst der CSR: 1945-1949 Im Sommer 1945 kehrte Fritz Brügel gemeinsam mit der tschechischen Exilregierung, die während des Krieges für die Wiedererrichtung der Tschechoslowakei in ihren alten Grenzen gekämpft hatte‘, nach Prag zurück, von wo aus er - auf Wunsch des parteilosen AufSenministers Jan Masaryk — mit 1. Jänner 1946 als Erster Legationsrat und stellvertretender Leiter der CSR-Militärmission nach Berlin entsandt wurde.’ In den folgenden Jahren mußte Brügel jedoch mitanschen, wie in seiner Wahlheimat die Weichen in Richtung Diktatur gestellt wurden, eine Entwicklung, die schließlich dazu führte, daß sich Brügel ein weiteres Mal zur Flucht entschloß. Zwar hatten die tschechischen Kommunisten unter der Führung ihres Parteivorsitzenden Klement Gottwald schon in der Zeit zwischen 1945 und 1948 die Schlüsselstellen der Macht (Armee, Presse, Gewerkschaft, Regierung) unter ihren Einfluß gebracht, die endgültige und offene Machtübernahme durch die KP’Isch wurde jedoch erst 1948 vollzogen, als im Zuge einer Regierungskrise, in deren Folge elf nichtkommunistische Regierungsmitglieder demissionierten, Staatsprasident Bene’ dem Druck der Kommunisten August 2014. 65