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Sonja Frank Rede bei der Finissage der Young Austria-Ausstellung im „Offenen Atelier für Lebenskunst“ (Wien-Alsergrund) am 26. Juni 2014. Die Young Austria-Dokumentation war für mich zuerst vor allem eine Trauerarbeit über meine verstorbenen Großeltern Fanni und Ludwig Grossmann und ihre Freunde. Es war auch eine wichtige Generationenarbeit. Die Exiljugendorganisation Young Austria in Großbritannien existierte von März 1939 bis Jänner 1947 und hatte einst 1.300 Mitglieder. Sie kämpften für Österreichs Wiederentstehung kulturell, in der britischen Rüstungsindustrie oder mit der Waffe in der Hand. 2012 zeigten wir der Verein KunstPlatzl - die Young Austria Dokumentation erstmals in der Volkshochschule Hietzing vor ca. 200 Personen und würdigten frühere Young Austrians. Leider können heute weder Erich Herzl, der das Projekt initiiert hatte, noch Fritz Propst, der Mitbegründer von Young Austria anwesend sein. Erich Herz verstarb 2013 und Fritz Propst erst kürzlich. Beide wirkten innerhalb der britischen Streitkräfte gegen Hitler. Fritz Propst war mit dem Young Austria Chor-Dirigenten Erwin Weiss befreundet. Erwin Weiss (1912 — 2004) hatte sich schon 1933 an Jura Soyfer-Aufführungen der „Roten Spieler“ musikalisch beteiligt. Der Young Austria Chor war unter seiner Leitung beim britischen Publikum äußerst erfolgreich; die Konzerte wurden sogar in überregionalen englischen Zeitungen kommentiert. Nach Österreich zurückgekehrt, leitete er 1960-78 das Konservatorium der Stadt Wien. 1988 dirigierte er beim großen Young Austria-Wiederschenstreffen im Wiener Rathaus den ÖGB-Chor, welchen er 1956-96 geleitet hatte. Ich bemühte mich vor einigen Monaten darum, dass sein Grab nicht aufgelöst, sondern in ein Ehrengrab umgewidmet werde. Gestern erhieltich zu meiner großen Freude ein positives Antwortschreiben der Kulturabteilung der Stadt Wien. Bürgermeister Michael Häupl hat postiv entschieden und Erwin Weiss Grabstelle 3-3-3 Nr.29 bei der Feuerhalle Simmering ist nun ein Ehrengrab auf Friedhofsdauer. Wir vermitteln mit der Wanderausstellung und dem Young Austria-Buch die Geschichte von Österreichern, die für unsere Freiheit gekämpft haben. So ist es gelungen, die Ausstellung auch im Theater Orpheum in Graz und im Schloß Vösendorf zu zeigen. Das von mir initiierte Drei-GenerationenGespräch im Wiener Jüdischen Museum über das britische Exil ging leider in einen etwas zu politischen Streit zwischen früheren Kommunisten und Sozialisten über, ein alter Streit, der auch im Young Austria-Buch eine Rolle spielt, jedoch kein Hauptthema ist. Vielmehr zeigen wir mitüber 1.000 Abbildungen das Leben der 84 ZWISCHENWELT früheren Mitglieder von damals bis heute. Meine verstorbene Großmutter Fanni Grossmann war — wie noch vier weitere Familienmitglieder - im Free Austrian Movement engagiert. Sie stammte vom Alsergrund. Unsere Ausstellung hier unterstreicht, dass viele Young AustriaFunktionäre im Alsergrund aufgewachsen sind, wie z.B. der Schriftsteller Erich Fried und der Mitbegründer des Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Herbert Steiner. Das Young Austria-Buch macht fast den Eindruck eines Lexikons der österreichischen Jugend im britischen Exil. Vor allem aber bietet es berührende und spannende Lesegeschichten —zu Themen wie Jugendzeit in Österreich vor 1934 und im Austrofaschismus, Flucht, Kindertransporte, Internierungen, Arbeitswelt, Österreicher und Österreicherinnen in den britischen Streitkräften sowie das Wirken der nach dem Krieg Zurückgekehrten in der Freien Österreichischen Jugend. Interessant ist das Zusammenwirken der unterschiedlichen sozialen Schichten im Austrian Centre in Paddington, wo Young Austria seine erste große Heimstätte hatte. Es wirkten Jugendliche, Arbeiter, Akademiker, frühere Spanienkämpfer und Künstler in dieser großen Bewegung. In der erweiterten Geschichte von Eva Kolmer ist viel über die Gründunggzeit nachzulesen; da schildert der Free Austrian Movement-Mitbegründer und Schriftsteller Robert Neumann amüsant die Gründungszeit des Austrian Centre und berichtet u.a.: .. sie... waren ratlose Berater, gründeten GeldFonds ohne Geld, erbettelten sich das Porto für ihre Bettelbriefe, Zirkulare, Gesuche, Einladungen, Anträge, Manifeste und Proteste, machten sich lästig im großen Stil, richteten eine Bücherei ohne Bücher ein, ein Restaurant geschirrlos, ein Theater kulissenlos, vorhanglos, und— Herr Abgeordneter! Herr Parteichef! Herr Präsident! Man war nicht die Gespenster von gestern — man war die von morgen. Diese Organisation wirkte nicht nur politisch, sondern vielmehr wie eine große Familie, ansonsten gäbe es nicht bis heute Young AustriaWiedersehenstreffen mit mehreren Generationen — manchmal sogar in London. Arthur West (1922 — 2000) war Young Austrian, Schriftsteller und Journalist. Seine letzte Tätigkeit in der Freien Österreichischen Jugend hier in Wien-Alsergrund war die Regietätigkeit für den FÖJ-Chor in den frühen 1960er Jahren. 1994 erinnerte er sich in einem Interview: Entscheidend ist vor allem, dass es Österreich überhaupt gibt. Und man darum kämpfen muss, dass es so bleibt. Erforderlich dazu ist die Wahrung der Neutralität als Wesensbestandteil echter staatlicher Unabhängigkeit; des weiteren die Abwehr der Gefahr, dass negative gesellschaftliche Entwicklungen im Lande das Interesse der Bevölkerung an ihrem Staat schwächen oder gar lähmen. Dies reicht von sozialen bis in demokratiepolitische Bereiche, einschließlich der kulturellen. Nun zu Otto und Berta Brichacek. Sie waren Mitbegründer von Young Austria — beide tschechischer Herkunft — dem Krieg im 10. Bezirk und wurden wie viele andere Funktionäre vom Czech Refugee Trust Fund unterstützt. Die historische Aufarbeitung der von diesem Fonds Unterstützten ist bereits im Gange. So wurden von einem britischen Forscher über 13.000 Namen im Internet veröffentlicht. Auch unser neues Personenverzeichnis ist beachtlich, in welchem ich ca. 2.400 Kurzbiographien all derer zusammenstellte, die in lebten vor und nach den Lesegeschichten vorkommen oder in einem Dokument genannt wurden. Unsere 2. erweiterte Auflage mit über 1.000 Abbildungen bietet auch umfangreiche Literaturempfehlungen, 18 neue Geschichten wurden aufgenommen, vorhandene Beiträge häufigerweitert. Besonders empfehlen möchte ich die neuen Geschichten, wie die über die Bildhauerin Anna Mahler (Tochter von Gustav und Alma Mahler), den Dokumentarfilmer Wolf Suschitzky, der 102-jährig in London lebt, und die Künstlerin Helga Michie. Sie ist die Zwillingsschwester der Schriftstellerin Ilse Aichinger. Aufder Rückseite des Buches sind alle neuen Geschichten aufgelistet. Weiters enthält der Anhang ca. dreimal so viele Kurzbiographien wie zuvor, und die erstmals beigelegte DVD präsentiert ZeitzeugInnenInterviews, gefilmt von Heinz Granzer, und außerdem eine Rede des britischen Botschafters Simon Smith. Das Buch und die Ausstellung sollen zur Diskussion anregen, so bin ich der Meinung, dass es höchste Zeit wäre, dass sich das Heeresgeschichtliche Museum nächstes Jahr einem neuen Thema stellen sollte, nämlich Österreicher und Österreicherinnen zu präsentieren, die für Österreichs Freiheit innerhalb der Alliierten Steeitkräfte gekämpft haben. Es kann nicht sein, dass bis heute der Kameradschaftsbund mit seinem veralteten Denkmustern ein Erinnerungsmonopol behauptet.